LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12389 29.06.2016 Datum des Originals: 24.06.2016/Ausgegeben: 04.07.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4803 vom 25. Mai 2016 des Abgeordneten Torsten Sommer PIRATEN Drucksache 16/12071 Landesmittel an die Krebsgesellschaft NRW für psychosoziale Krebsberatung? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Land NRW weist als bevölkerungsreichstes Bundesland im Bundesvergleich die höchste absolute Anzahl an Krebsneuerkrankungen (rund 100.000 Menschen in NRW pro Jahr) auf. Als einziges Bundesland verfügt NRW über eine mehr als 20 Jahre gewachsene und erprobte Struktur der Landesarbeitsgemeinschaft unabhängiger psychosozialer Krebsberatungsstellen (LAG KBS NRW). Diese sind vor Ort für Ratsuchende niederschwellige Beratungseinrichtungen außerhalb des medizinischen Versorgungssystems - wie auch AIDSund Suchtberatungsstellen – in der Mitte der Gesellschaft. Die Finanzierung der KBS basiert auf einem Mischfinanzierungskonzept aus kommunalen Zuwendungen, Eigenmitteln der Träger, Spenden, Honoraren von Krankenhäusern, Projektmitteln (z.B. Deutsche Krebshilfe). Von 2001 bis 2005 wurde die Landesarbeitsgemeinschaft der Krebsberatungsstellen durch das MAGS NRW (heute MGEPA) für den Aufbau von landesweit einheitlicher Qualitätssicherung (Dokumentation) und Vernetzung der KBS finanziell gefördert. 2011 waren Krebsberatungsstellen in NRW Tagesordnungspunkt einer Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit, Soziales und Integration des Landtages. Auf Antrag der Fraktion PIRATEN hat die LAG KBS im Jahr 2013 ein Konzept für ein Stufenmodell für den flächendeckenden Ausbau der KBS in NRW im Haushalts- und Finanzausschuss das Landtages vorgetragen. Vom zuständigen Ministerium GEPA war mitgeteilt worden: „Die ausgesprochen schwierige Haushaltslage erlaubt es nicht, das langjährig bestehende, fachlich anerkannte und geschätzte Engagement der Krebsberatungsstellen mit Landesmitteln zu fördern […]“ und weiter „[…] Auch für die kommenden Jahre ist keine Verbesserung zu erwarten.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12389 2 Alle weiteren Anträge der LAG KBS NRW auf Förderung durch Landesmittel an die Landesregierung wurden unseres Wissens in der Folge abgelehnt. Am 4. Mai 2016 berichten die Westfälischen Nachrichten unter der Überschrift: „Krebsberatungsstelle Münster gerät unter Druck“ von dem befürchteten Ende ambulanter Krebsberatung in der Fläche. Die Krebsberatungsstelle Münster ist eine von sieben am Projekt „Qualitätsverbund Krebsberatung Nordrhein-Westfalen“ der Krebsgesellschaft NRW e.V. beteiligten KBS. Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 4803 mit Schreiben vom 24. Juni 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung sieht das niederschwellige Angebot der Krebsberatungsstellen als wichtigen Bestandteil u.a. der psychoonkologischen Versorgung und hat sich seit 2012 intensiv dafür eingesetzt, gesicherte und dauerhafte Finanzierungsmöglichkeiten für Krebsberatungsstellen zu eröffnen, da die ambulante psychoonkologische Beratung derzeit keine sozialrechtlich geregelte Leistung ist. Die Landesarbeitsgemeinschaft der Krebsberatungsstellen (LAG KBS NRW) wurde insoweit bei mehreren Gesprächen mit Sozialleistungsträgern unterstützt. Zudem erhielt die LAG KBS NRW von April 2014 bis März 2016 Zuwendungen aus Haushaltsmitteln des MGEPA in Höhe von insgesamt 75.000 €, um im Rahmen einzelner Projekte qualitative und strukturelle Rahmenbedingungen, wie z.B. die sogenannte „Muster-KBS“, partizipativ zu erarbeiten. Diese Projektergebnisse dienten als Grundlage für fortlaufende Beratungen mit den Sozialleistungsträgern. 1. Wurde das Projekt „Qualitätsverbund Krebsberatung Nordrhein-Westfalen“ der Krebsgesellschaft NRW e.V. (KG NRW) aus Landesmitteln finanziert? Falls zutreffend bitten wir um Auflistung der Laufzeit, des Förderbetrages pro Jahr und der genauen Zweckbestimmung der Fördermittel für die Haushaltsjahre 2011, 2012, 2013, 2014, 2015 und 2016. Nach Antragstellung durch die Krebsgesellschaft NRW e.V. (KG NRW) wurden folgende Fördersummen aus Landesmitteln für Projekte gemäß der satzungsgemäßen Aufgaben der KG NRW gewährt: 2011 400.000 € 2012 400.000 € 2013 350.000 € 2014 350.000 € 2015 275.000 € 2016 200.000 €. Die Mittel wurden bis 2013 im Rahmen der Projektförderung zur Wahrnehmung der satzungsgemäßen Zwecke zur Krebsaufklärung und -bekämpfung gewährt. Ab 2014 wurden die Projekte unter der Bezeichnung „Diskussions- und Informationsplattform Krebsversorgung LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12389 3 NRW“ zusammengefasst. Der überwiegende Teil der Landesmittel fließt in Personalkosten der KG NRW. Im Jahr 2013 gründete sich die „Fachgruppe Krebsberatung“ unter Leitung der KG NRW, um erste Schritte zur Entwicklung eines Entwurfs „Qualitätskonzept Krebsberatung NRW“ zu erarbeiten. Dieses Projekt wurde im Jahr 2014 abgeschlossen. Als Fortführung hat die KG NRW im Jahr 2015 den „Qualitätsverbund Krebsberatung NRW“ initiiert. Zur Teilnahme wurden alle Krebsberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen (derzeit 23) sowie die Landesarbeitsgemeinschaft Krebsberatungsstelle NRW (LAG KBS NRW) eingeladen. Bis heute beteiligen sich sieben Beratungsstellen an dem Verbund. Wie hoch die Kosten an diesem Einzelprojekt in den jeweiligen Jahren waren bzw. welchen Anteil das Projekt an der Gesamtförderung der KG NRW hatte, kann nicht ermittelt werden. Die finanzielle Unterstützung einzelner Krebsberatungsstellen durch die KG NRW aus Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen wurde ausdrücklich ausgeschlossen, um hier keinen Präzedenzfall zu schaffen. 2. Wurden seitens der KG NRW im Projekt „Qualitätsverbund Krebsberatung NRW“ für Softwareentwicklung des „KBS.pat.dok-Dokumentationssystems“ Landesmittel beantragt? Falls zutreffend: wie hoch waren die beantragten Fördermittel für das Dokumentationssystem? Für die Softwareentwicklung des Dokumentationssystems „KBS_Pat.doc“ wurden von der KG NRW explizit keine Landesmittel beantragt. 3. Ist der Landesregierung bekannt, dass das Konzept „Qualitätsverbund Krebsberatung NRW“ eine Übernahme der Struktur der unabhängigen psychosozialen Krebsberatungsstellen in NRW (LAG KBS NRW) durch die KG NRW vorsah und dass dies von den unabhängigen KBS in NRW abgelehnt wurde? Die Ergebnisse der jeweiligen Projekte der KG NRW und der LAG KBS NRW wurden in entsprechenden Berichten dem MGEPA vorgelegt. Seit 2012 stand das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter in einem fachlichen Austausch mit den drei Sprecherinnen der LAG KBS NRW im Bezug auf die Projektarbeit als Ansprechpartnerinnen für alle Krebsberatungsstellen des Landes. Die Träger der Einrichtungen haben im März 2016 ohne nähere Angaben von Gründen mitgeteilt, dass sich die benannten Sprecherinnen zum Ende des ersten Quartals 2016 aus dieser Funktion zurückgezogen haben. Näheres ist der Landesregierung nicht bekannt. 4. Liegt das Ergebnis der aktuellen Prüfung durch das Landesamt für Datenschutz (LDI) über mögliche Verletzungen des Datenschutzes von Ratsuchenden, deren Daten ohne schriftliche Einwilligungserklärung im Projekt „Qualitätsverbund Krebsberatung NRW“ erhoben, gespeichert und weitergeleitet wurden, der Landesregierung vor? An das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter gerichtete Fragen der Krebsberatungsstellen zur Ausgestaltung des gesetzlichen Datenschutzes nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) wurden durch die Fachabteilung mit der Fachebene der LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12389 4 Landesbeauftragten für Datenschutz und Information (LDI) beraten. Die Krebsberatungsstellen wurden im Bezug auf die Anforderungen des Datenschutzes informiert. Der Landesregierung ist nicht bekannt, dass eine Prüfung der LDI bzgl. möglicher Verletzungen des Datenschutzes erfolgt ist. 5. Beabsichtigt die Landesregierung, die flächendeckende Ausweitung unabhängiger psychosozialer Krebsberatungsstellen in NRW nach dem Stufenmodell der LAG KBS NRW mit Landesmitteln künftig zu unterstützen? Das Stufenmodell war Inhalt eines Antrages auf Förderung von zwei Trägern der Krebsberatungsstellen in Aachen und Leverkusen für insgesamt vier Krebsberatungsstellen (Aachen, Leverkusen, Krefeld, Erft-stadt) aus dem Jahr 2015. Der Antrag war ausgerichtet auf eine institutionelle Förderung und wurde abgelehnt. Grundsätzlich begrüßt die Landesregierung eine Ausdehnung des Angebots der unabhängigen Krebsberatung auf bisher nicht versorgte Regionen, sieht aber in der aktuellen finanziellen Situation der unabhängigen Krebsberatung eine Sicherung bestehender Strukturen als Grundlage für eine zukünftige Ausweitung des Angebots in die Fläche als vorrangig. Das Bundesgesundheitsministerium hat eine Versorgungsstudie zur Situation der ambulanten und stationären psychoonkologischen Versorgung als Entscheidungsgrundlage zur Frage einer Aufnahme als sozialgesetzliche Leistung in Auftrag gegeben. Ergebnisse der Studie werden in 2018 erwartet. Daher setzt sich die Landesregierung zum aktuellen Zeitpunkt dafür ein, auf Bundesebene eine Überbrückungsfinanzierung für die aufgrund ihrer finanziellen Situation von Schließung bedrohten Krebsberatungsstellen zu erreichen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12389