LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12448 07.07.2016 Datum des Originals: 07.07.2016/Ausgegeben: 12.07.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4844 vom 9. Juni 2016 der Abgeordneten Karlheinz Busen, Henning Höne und Christof Rasche FDP Drucksache 16/12224 Strafverfolgung in NRW unmöglich, wenn mutmaßliche Täter der Polizei nicht freiwillig ihren Namen und ihre Anschrift nennen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Polizei Münster fahndet mit einer Fotoserie und einer Pressemitteilung vom 8. Juni 2016 nach einer Frau, die laut einer Pressemitteilung der Polizei Münster vom 10. April 2016 im Zusammenhang mit der sogenannten „Nachttanzdemo“ am Abend des 9. Aprils 2016 in Münster festgenommen wurde. Im Verlauf der Demonstration zündeten die Straftäter laut dem Pressebericht der Polizei Münster Autos an und schlugen Scheiben an Fahrzeugen und Haustüren ein. Die Polizei nahm noch am Abend unmittelbar nach der Tat vier Personen, davon drei Frauen, vorläufig fest. Es handelt sich hierbei um zwei 19- und 31-jährige Täterinnen aus Münster sowie einen 20- jährigen Täter aus Wasserburg am Inn. Die Identität der dritten weiblichen Beschuldigten konnte bis heute nicht ermittelt werden. Laut einem weiterführenden Bericht der Westfälischen Nachrichten vom 8. Juni 2016 konnte die Identität der dritten beschuldigten Frau bis heute nicht ermittelt werden. Demnach sei diese nach der Festnahme zwar „erkennungsdienstlich“ behandelt worden, was jedoch nicht zur Klärung der Identität führte. Da die mutmaßlich Tatverdächtige ihren Namen der Polizei nicht freiwillig verraten wollte, musste die Polizei die Frau nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft wieder auf freien Fuß setzen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12448 2 Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4844 mit Schreiben vom 7. Juli 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Justizminister beantwortet. 1. Mit welchen erkennungsdienstlichen Maßnahmen wurde versucht, die Identität der mutmaßlich Tatverdächtigen zu ermitteln? Die tatverdächtige weibliche Person wurde gemäß § 81b 1. Alternative der Strafprozessordnung zum Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens erkennungsdienstlich behandelt. Dazu gehörten eine Anfertigung von Lichtbildern, daktyloskopische Maßnahmen sowie eine Personenbeschreibung (Körpergröße, Haarfarbe, Narben, Tätowierungen etc.). Die Tatverdächtige verhielt sich dabei nicht kooperativ und sperrte sich gegen polizeiliche Maßnahmen. 2. Aus welchen Gründen wurde in diesem Zusammenhang die 12-Stunden-Frist des § 38 Abs. 2 Polizeigesetz ausgeschöpft bzw. nicht ausgeschöpft? Die tatverdächtige weibliche Person wurde am 09.04.2016, um 23:45 Uhr, festgenommen und nach Entscheidung des Bereitschaftsdienstes der Staatsanwaltschaft Münster am 10.04.2016, gegen 10:20 Uhr, entlassen. Zu diesem Zeitpunkt waren alle Maßnahmen zur Identifizierung und Klärung einer möglichen Tatbeteiligung - soweit rechtlich und tatsächlich möglich - getroffen. Ein darüber hinausgehendes Festhalten zur Identitätsfeststellung war daher weder nach § 163b Absatz 1 Strafprozessordnung noch nach § 38 Absatz 2 Polizeigesetz NRW verhältnismäßig. 3. Gab es keine Möglichkeiten, gegen die mutmaßlich Tatverdächtige über die zuständige Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl wegen Fluchtgefahr zu erwirken? Ein Haftbefehl setzt nach § 112 Absatz 1 Satz 1 Strafprozessordnung neben einem Haftgrund stets auch einen dringenden Tatverdacht voraus. Da Tatzeugen nicht vorhanden und die von der Polizei ermittelten Indiztatsachen nach Einschätzung des Bereitschaftsdienstes der Staatsanwaltschaft Münster mehrdeutig waren, wurde von diesem ein dringender Tatverdacht verneint. 4. Wie viele festgenommene Personen haben sich in NRW seit Januar 2012 durch die einfache Weigerung, ihren Namen zu nennen, einer Identifizierung durch die Polizei entzogen (bitte aufschlüsseln nach Dienststellen und Jahren)? Die nachgefragten Daten werden im polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystem IGVP nicht explizit erfasst und liegen insoweit nicht vor. 5. Sieht der Innenminister eine Gefahr für das Rechtsbewusstsein der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen, wenn sich mutmaßliche Täter mit dem einfachen Trick ihren Namen nicht zu nennen möglicherweise einer Strafverfolgung entziehen können? Nein. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12448