LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12494 13.07.2016 Datum des Originals: 13.07.2016/Ausgegeben: 18.07.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4839 vom 7. Juni 2016 des Abgeordneten Jens Kamieth CDU Drucksache 16/12216 Strafgefangene aus den Maghreb-Staaten im nordrhein-westfälischen Strafvollzug Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit den massenhaften sexuellen Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht in Köln und anderen Großstädten ist die Begehung von Straftaten durch junge Männer aus Nordafrika verstärkt in den Blickpunkt geraten. Wie das Ministerium für Inneres und Kommunales in der Vorlage 16/3668 mitteilte, hat die Polizei im Jahr 2015 allein in Köln insgesamt 3.403 Vorgänge mit nordafrikanischen Tatverdächtigen erfasst – also fast zehn pro Tag. Bei den Tatverdächtigen handelt es sich zu 92,5 % um Heranwachsende und junge Männer aus den Maghreb-Staaten Marokko, Algerien und Tunesien. Wie der Kölner Stadt-Anzeiger am 20.02.2016 berichtete, sollen in der JVA Köln inzwischen 100 Gefangene aus den Maghreb-Staaten einsitzen. Nach Angaben der stellvertretenden Anstaltsleiterin mache die Sprachbarriere Probleme, weshalb die JVA künftig arabischsprachige Mitarbeiter einstellen wolle. Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 4839 mit Schreiben vom 13. Juli 2016 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie hat sich die Anzahl der Strafgefangenen aus den Maghreb-Staaten im nordrhein-westfälischen Strafvollzug seit dem Jahr 2010 entwickelt? (Bitte jeweils nach Jahren und Staatsangehörigkeit der Gefangenen getrennt auflisten.) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12494 2 Land Jahr 12/2010 12/2011 12/2012 12/2013 12/2014 12/2015 05/2016 Algerien 40 34 36 37 43 72 91 E J E J E J E J E J E J E J 34 6 30 4 28 8 28 9 29 14 61 11 68 23 Libyen 6 7 9 4 5 5 9 E J E J E J E J E J E J E J 6 0 7 0 8 1 3 1 3 2 3 2 7 2 Marokko 157 168 150 138 158 184 213 E J E J E J E J E J E J E J 128 29 146 22 124 26 108 30 124 34 143 41 171 42 Mauretanien 0 0 0 0 0 0 0 E J E J E J E J E J E J E J 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Tunesien 30 33 33 37 42 30 42 E J E J E J E J E J E J E J 25 5 25 8 29 4 29 8 36 6 29 1 41 1 (E= erwachsene Strafgefangene; J= Jugendstrafgefangene) 2. Wie hat sich die Anzahl der arabischsprachigen Strafvollzugsbediensteten in Nordrhein-Westfalen seit dem Jahr 2010 entwickelt? Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Anzahl 2 4 5 7 9 13 14 3. Inwieweit trifft es zu, dass vollzugsintern (z.B. in JVA-Beiräten, Anstaltsleiterdienstbesprechungen o.ä.) Probleme / Auffälligkeiten im Umgang mit Gefangenen aus den Maghreb-Staaten diskutiert worden sind? Es trifft zu, dass Auffälligkeiten bzw. Probleme im Umgang mit Inhaftierten, die aus den sogenannten Maghreb-Staaten stammen, mit Anstaltsbeiräten, in Vollzugskonferenzen oder sonstigen anstaltsinternen Besprechungen (anstaltsinterne Dienstbesprechungen, Frühbesprechungen etc.), aber auch im Rahmen der Besprechung mit den Leiterinnen und Leitern der Justizvollzugsanstalten des Landes NRW vom 14. - 15.April 2016 erörtert worden sind. Darüber hinaus ist das Thema "Umgang mit muslimischen / arabischstämmigen Inhaftierten" Gegenstand eines Vortrags und einer Diskussionsrunde der Dienstbesprechung der Inspektorinnen und Inspektoren für Sicherheit und Ordnung in den Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen vom 07. bis 09. Dezember 2015 in der Justizakademie in Recklinghausen gewesen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12494 3 4. Um welche Probleme/Auffälligkeiten handelt es sich dabei genau? 5. In welchen Justizvollzugsanstalten sind entsprechende Probleme / Auffälligkeiten registriert worden? (Bitte jeweils einzeln auflisten.) Aus Gründen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 4 und 5 gemeinsam beantwortet: Aus den Justizvollzuganstalten Attendorn, Bielefeld-Brackwede, Bochum, Castrop-Rauxel, Detmold, Dortmund, Duisburg-Hamborn, Düsseldorf, Essen, Fröndenberg (JVK), Hagen, Hamm, Heinsberg, Herford, Iserlohn, Kleve, Köln, Moers-Kapellen, Münster, Remscheid, Willich I, Wuppertal-Ronsdorf und Wuppertal-Vohwinkel wurden im Wesentlichen folgende Auffälligkeiten / Probleme berichtet: Verständigungsschwierigkeiten Forderndes Auftreten verbunden mit dem Androhen einer Selbstverletzung / eines Suizids Überproportional häufige Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum Respektlosigkeit, vor allem gegenüber weiblichen Bediensteten Nichtbefolgen von Anweisungen. Darüber hinaus wurden aus den nachfolgend aufgeführten Justizvollzugsanstalten folgende besondere Probleme / Auffälligkeiten berichtet: Frage 5. Justizvollzugsanstalt Frage 4. Um welche Probleme/Auffälligkeiten handelt es sich dabei genau? Attendorn - Temperamentsausbrüche - Unvorhersehbares, sehr spontanes Verhalten - „wildes“ Gestikulieren Castrop-Rauxel - Hohe Anzahl an Drogenkonsumenten - Wegen häufig unklarer Identitäten und der Nutzung diverser Aliasse sind sowohl Vorleben als auch Anschluss-Strafen, offene Verfahren oder ein ausländerrechtlicher Status kaum in Erfahrung zu bringen. Detmold - Häufig Benzodiazepin-Abhängigkeit, Cannabinoidkonsum - Sehr häufig Impulskontrollstörungen Essen - Übergriffe auf Bedienstete - Fehlende Akzeptanz gegenüber gesetzlichen Vorgaben oder Normen und Regeln Fröndenberg (JVK) - Gewalt gegen Personen u. Sachen, Bedrohung, Beleidigung (insbes. weiblicher Bediensteter) - Randalieren - Generell dissoziale Verhaltensweisen Herford - Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung nach der Haft, da teilweise der soziale Empfangsraum fehlt (Familie noch im Herkunftsland) Münster - Heftige verbale oder tatsächliche handgreifliche Aggression - Völlige Uneinsichtigkeit bei eigenem Fehlverhalten (Von den übrigen Anstalten wurden keine Auffälligkeiten berichtet.) Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12494