LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12506 14.07.2016 Datum des Originals: 13.07.2016/Ausgegeben: 19.07.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4888 vom 16. Juni 2016 des Abgeordneten Bernhard Tenhumberg CDU Drucksache 16/12302 Wie positioniert sich die Landesregierung zum Einsatz von Babyhochstühlen für Kinder mit und ohne Behinderung in Kindertageseinrichtungen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der Broschüre „Die sichere Kindertageseinrichtung. Eine Arbeitshilfe zur Planung und Gestaltung“, die in Zusammenarbeit der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen mit den beiden Landesjugendämtern Rheinland (LVR) und Westfalen-Lippe (LWL) in Nordrhein-Westfalen entstanden ist, wird für Kinderstühle im U3-Bereich ein Anhaltswert zwischen 180 und 220 mm angegeben. Ferner heißt es dort auf Seite 41: „Es empfiehlt sich, die Bewegungsfreiheit der Kinder durch Ausstattung und Möblierung nicht unnötig einzuschränken, also nur so viele Tische und Stühle, Hocker oder sonstige Sitzgelegenheiten einzustellen, wie wirklich nötig sind.“ Vor dem Hintergrund dieser Empfehlungen sind Berichte über den Einsatz von Babyhochstühlen in Kindertageseinrichtungen nur schwer nachvollziehbar. Uns liegt die Beschwerde einer Großmutter vor, deren von Behinderung betroffene Enkeltochter in der von ihr besuchten Kindertageseinrichtung offenbar regelmäßig in einem Babyhochstuhl platziert wurde und ihr Unbehagen darüber auch mit Schreien und Strampeln äußerte. Für die Großmutter entstand der Eindruck, ihre Enkelin würde in der Einrichtung fixiert. Eine Untersuchung des zuständigen Landesjugendamtes konnte diesen Verdacht zwar nicht erhärten, es wurde aber von Seiten des Landesjugendamtes eingeräumt, dass in Frage gestellt werden kann, ob der Einsatz des Stuhles tatsächlich notwendig war, oder ob es nicht doch Alternativen dazu gegeben hätte. Die Neue Westfälische Zeitung berichtete im Jahr 2014 von einem ähnlichen Fall aus einer Kita in Bielefeld: Insgesamt vier Kinder wurden in Babyhochstühlen fixiert und darin mit dem Rücken zur Gruppe gestellt. Auf Nachfrage der Eltern räumten die Erziehrinnen ein, mit der LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12506 2 Situation überfordert gewesen zu sein und daher diese sogenannte „Pause auf dem Stuhl“ angewendet zu haben. Gegen die Erzieherinnen wurde von Seiten der Eltern Strafanzeige gestellt. Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 4888 mit Schreiben vom 13. Juli 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung In über 9.600 nordrhein-westfälischen Kindertageseinrichtungen stehen im kommenden Kindergartenjahr insgesamt nahezu 590.000 Betreuungsplätze zur Verfügung und ihre Zahl wächst mit jedem Kindergartenjahr weiter an. Die in den Einrichtungen beschäftigten pädagogischen Kräfte leisten wertvolle pädagogische Arbeit für die Bildung, Betreuung und Erziehung der Kinder und sie tun dies in aller Regel in einer vertrauensvollen Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern. Gleichwohl kann es – wie auch bei anderen Gelegenheiten menschlichen Miteinanders – in Einzelfällen zu Unstimmigkeiten und Konflikten z.B. über die pädagogische Arbeit in den Kindertageseinrichtungen kommen. In solchen Situationen sollten die Verantwortlichen, insbesondere der Träger und die Leitung der Einrichtung und ggf. das Jugendamt sowie das für die Erteilung der Betriebserlaubnis zuständige Landesjugendamt gemeinsam mit den Eltern an einer für alle Beteiligten tragfähigen Lösung arbeiten. 1. Wie beurteilt die Landesregierung den Einsatz von Babyhochstühlen in Kindertageseinrichtungen? 3. Wie positioniert sich die Landesregierung gegenüber der Fixierung von Kindern mit Behinderung und Kindern ohne Behinderung in Kindertageseinrichtungen? 4. Welche Position nimmt die Landesregierung in der Frage ein, ob Eltern von Kindern mit Behinderung und Eltern von Kindern ohne Behinderung über den Einsatz von Babyhochstühlen und Laufställen in Kindertageseinrichtungen bereits bei der Anmeldung durch die Einrichtungsleitung informiert werden müssen? 5. Sieht die Landesregierung Handlungsbedarf in Bezug darauf, dass bei der Verwendung von Babyhochstühlen und Laufställen in Kindertageseinrichtungen grundsätzlich die Einverständnis-erklärung der Eltern vorab einzuholen ist? Die Fragen 1,3,4 und 5 werden gemeinsam beantwortet. Grundsätzlich sollte durch den Einsatz kindgerechten Mobiliars, geeignete Raumgestaltung und ein auf die Altersgruppe der betreuten Kinder speziell abgestimmtes pädagogisches Konzept der Einsatz von Baby-Hochstühlen und Laufställen in Kindertageseinrichtungen vermieden werden. Soweit sich gleichwohl im Einzelfall und zum Schutz eines Kindes eine pädagogische Notwendigkeit für den Einsatz von Möbeln mit Sicherungssystemen ergibt, sollte dies mit den Eltern im Rahmen der vertrauensvollen Erziehungs- und Bildungspartnerschaft im Vorfeld offen und transparent erörtert werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12506 3 2. Sind der Landesregierung Beschwerden von Eltern, Großeltern oder anderen Betreuungspersonen über Fixierungen von Kindern mit und ohne Behinderung in Kindertageseinrichtungen bekannt? In einem Fall hat sich eine Großmutter per Eingabe an das Ministerium gewandt. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12506