LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12515 14.07.2016 Datum des Originals: 13.07.2016/Ausgegeben: 19.07.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4871 vom 15. Juni 2016 des Abgeordneten Marc Lürbke FDP Drucksache 16/12270 Mehr Tote auf den Autobahnen in Nordrhein-Westfalen – Welche Gegenmaßnahmen werden im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Köln konkret unternommen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Auf Nordrhein-Westfalens Autobahnen sind laut Medienberichten in den ersten fünf Monaten 2016 doppelt so viele Menschen ums Leben gekommen wie im entsprechenden Vorjahreszeitraum . Wurden zwischen Januar und Mai 2015 insgesamt 19 Menschen bei Unfällen getötet , so starben demnach in diesem Jahr bis Ende Mai bereits 38. Allein auf den Autobahnen rund um Köln kamen laut dem Kölner Polizeipräsidenten 18 Menschen ums Leben, 12 mehr als im Vorjahreszeitraum. Das sei eine Steigerung gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 200 Prozent und mehr Verkehrstote als im gesamten Jahr 2015, als 17 Menschen ums Leben kamen. Hinzu kämen 152 Schwerverletzte. Das Polizeipräsidium Köln ist nach § 12 Absatz 1 Nr. 5 POG NRW weitgehend für alle im Regierungsbezirk Köln gelegenen Bundesautobahnen zuständig. In Presseberichten etwa unter der Überschrift „Tod mit Hochgeschwindigkeit“ wird „Raserei“ auf Autobahnen als wesentliche Ursache für die Zahl von Toten und Schwerverletzten benannt neben zu wenig Abstand und Ablenkung. Der Kölner Polizeipräsident, der sich am Montag wegen dieser „gravierenden Entwicklung“ zu einer außerordentlichen Pressekonferenz veranlasst sah, soll von einem „Riesenskandal“ gesprochen haben und ankündigt haben, „massiv“ gegen Geschwindigkeitsverstöße, Abstandsunterschreitungen und Handynutzung am Steuer vorzugehen. Man werde die Kontrollen auch an Stellen im Autobahnnetz durchführen, an denen Fahrzeugführer bisher nicht damit gerechnet hätten. Der Kölner Polizeipräsident habe das NRW-Innenministerium um mehr Kontrollgeräte gebeten . Er soll demnach alle verfügbaren Blitzgeräte aus NRW angefordert haben. Es gebe keinen räumlichen Brennpunkt, sondern einen thematischen Brennpunkt. Das Problem seien vor allem die Temposünder – und Strecken ohne Tempo-Limit. So wolle man mehr Verkehrssünder LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12515 2 – hauptsächlich Raser und Handygucker – erwischen und bestrafen. Jeder Autofahrer müsse künftig an jeder Stelle mit Überwachung rechnen. In den vergangenen drei Wochen habe die Polizei Köln ihre Kontrollen bereits ausgeweitet. Es sei immer wieder zu gravierenden Verstößen gekommen. Schaut man sich die im Internet angekündigten Radarkontrollen für den Zeitraum 3. bis 11 Juni auf Autobahnen rund um Köln an, so erscheint die Zahl der Kontrollen überschaubar und die Orte wiederkehrend (https://www.polizei.nrw.de/koeln/artikel__2434.html). Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4871 mit Schreiben vom 13. Juli 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die in der Beantwortung nachfolgend aufgeführten Zahlen zur Verkehrsunfallentwicklung basieren zum einen auf den Jahreszahlen 2014 und 2015 sowie auf den vorläufigen Zahlen der Monate Januar bis Mai (kumulierte Entwicklung) des Jahres 2016. Daten für den Monat Juni 2016 liegen erst ab dem 08. des Folgemonates vor. Die Daten über die Art und die Anzahl konkret durchgeführter Kontrollmaßnahmen zur Reduzierung von Verkehrsunfällen mit Personenschäden im Autobahnnetz der Kreispolizeibehörde Köln sowie zum konkreten Personaleinsatz für Verkehrsüberwachungsmaßnahmen der Kreispolizeibehörde Köln stehen automatisiert auswertbar zentral und dezentral nicht zur Verfügung . Eine entsprechende Erhebung in der Polizeibehörde ist mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Eine Darstellung innerhalb der Beantwortungsfrist der Kleinen Anfrage ist daher nicht möglich. 1. Was sind die Hauptunfallursachen der sich im Jahre 2016 bisher ereigneten Unfälle mit Getöteten, Schwerverletzten und Leichtverletzten auf Bundesautobahnen im Zuständigkeitsbereich des PP Köln im Vergleich zum Vorjahr 2015? Die Hauptunfallursachen Geschwindigkeit und Abstand stellen sowohl für das Jahr 2015 als auch für das laufende Jahr 2016 (Januar - Mai) den Hauptanteil der Ursachen bei Verkehrsunfällen mit Personenschaden auf Bundesautobahnen im Zuständigkeitsbereich der Kreispolizeibehörde Köln. 2. Wie hat sich die Anzahl der Verunglückten bei Verkehrsunfällen mit der Ursache Geschwindigkeitsverstöße/erhebliche Geschwindigkeitsverstöße, Nichteinhalten des Sicherheitsabstandes, Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes, Übersehen Stauende , verkehrswidrige Fahrweise, Alkohol/Drogen, Benutzung Mobiltelefon, illegales Autorennen/ Aggressionsdelikte seit 2014 bis Juni 2016 entwickelt (bitte jeweils für gesamten Bereich der Autobahnpolizei Köln und gesondert für die einzelnen örtlichen Zuständigkeitsbereiche der Wachen angeben)? Die Auswertung der Unfallursachen orientiert sich am Unfallursachenkatalog (Anlage 8 zum RdErl. MIK NRW - 61.05.01 vom 11.08.2011 „Aufgaben der Polizei bei Straßenverkehrsunfällen “). Das Ursachverzeichnis entspricht einer bundeseinheitlichen Vorgabe. Eine Darstellung der Verunglücktenzahlen erfolgt daher für die Unfallursachen Geschwindigkeit, Abstand, Alkohol und andere berauschende Mittel. Das Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes, das Übersehen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12515 3 des Stauendes, die verkehrswidrige Fahrweise, die Teilnahme an illegalen Kraftfahrzeugrennen und Aggressionsdelikte stellen unfallbegünstigende Verhaltensmuster dar. Diese gehen einher mit Regelverstößen, welche nach den bundeseinheitlichen Vorgaben mit unter die allgemeinen Unfallursachen fallen, bzw. die Folgen verschärfen und nicht gesondert erfasst werden . Die verbotswidrige Benutzung von Mobiltelefonen wird entsprechend der bundeseinheitlichen Regelung unter der Ursache „sonstige Fehler des Fahrzeugführers“ erfasst, worunter bspw. auch die Unaufmerksamkeit fällt. Eine differenzierte Darstellung der Ursache „sonstige Fehler des Fahrzeugführers“ ist nicht ohne Weiteres möglich. Die Zahl wird in Nordrhein-Westfalen durch eine Sonderauswertung „Telefonieren am Steuer“ erhoben und kann für den gesamten Zuständigkeitsbereich der Kreispolizeibehörde Köln dargestellt werden. Die Verunglücktenzahlen der Kreispolizeibehörde Köln sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Sondererhebung Telefonieren am Steuer KPB Köln Verunglückte Jahr 2014 Verunglückte Jahr 2015 Verunglückte Jan. bis Mai 2016 8 9 8 Autobahnpolizei Köln gesamt Unfallursache Verunglückte Jahr 2014 Verunglückte Jahr 2015 Verunglückte Jan. bis Mai 2016 Geschwindigkeit 566 569 246 Abstand 865 1.006 392 Alkohol 56 63 29 Andere berauschende Mittel 16 4 12 Autobahnpolizei Köln (APW Broichweiden) Unfallursache Verunglückte Jahr 2014 Verunglückte Jahr 2015 Verunglückte Jan. bis Mai 2016 Geschwindigkeit 78 103 54 Abstand 103 144 54 Alkohol 12 11 7 Andere berauschende Mittel 5 1 1 Autobahnpolizei Köln (APW Frechen) Unfallursache Verunglückte Jahr 2014 Verunglückte Jahr 2015 Verunglückte Jan. bis Mai 2016 Geschwindigkeit 141 136 65 Abstand 204 233 141 Alkohol 21 27 9 Andere berauschende Mittel 2 0 4 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12515 4 Autobahnpolizei Köln (APW Bensberg) Unfallursache Verunglückte Jahr 2014 Verunglückte Jahr 2015 Verunglückte Jan. bis Mai 2016 Geschwindigkeit 217 219 66 Abstand 391 442 116 Alkohol 7 8 7 Andere berauschende Mittel 6 2 7 Autobahnpolizei Köln (APW St. Augustin) Unfallursache Verunglückte Jahr 2014 Verunglückte Jahr 2015 Verunglückte Jan. bis Mai 2016 Geschwindigkeit 130 111 61 Abstand 167 187 81 Alkohol 16 17 6 Andere berauschende Mittel 3 1 0 3. Wie stellt sich die Bekämpfungsstrategie (laut Regionaler Unfallkonferenzen; Fachstrategie Verkehrsunfallbekämpfung; Konzepte etc.) des PP Köln für den Bereich Bundesautobahnen seit 2014 bis Juni 2016 mit welcher Art und Anzahl konkret durchgeführter Kontrollmaßnahmen zur Reduzierung von Verkehrsunfällen mit Personenschäden im Autobahnnetz dar? Die Kreispolizeibehörden handeln lageangepasst und setzen die Aktionsschwerpunkte grundsätzlich selbst. Sie analysieren hierzu unter Berücksichtigung landesbedeutsamer Entwicklungen die Sicherheitslage ihres Bezirks, erarbeiten örtliche Konzepte und setzen diese eigenverantwortlich um. Um hier nachhaltige Verbesserungen zu erreichen, arbeitet die Polizei in Nordrhein-Westfalen im Rahmen eines Gesamtkonzeptes in den Bereichen Prävention, Repression sowie Opferschutz , wirkt bei der sicheren Gestaltung des Verkehrsraumes mit und nutzt offensiv die Möglichkeiten der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Ausgehend von der Verkehrsunfallentwicklung wurde in Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit den Polizeibehörden die Fachstrategie Verkehrsunfallbekämpfung entwickelt und zuletzt 2015 fortgeschrieben. Sie basiert im Wesentlichen auf Erfahrungen der Experten aus den Polizeibehörden , Erkenntnissen der Wissenschaft und den Grundsätzen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit . Neben der Konzentration auf die Hauptunfallursachen Geschwindigkeit und Fahren unter Einfluss von Alkohol oder Drogen erfolgen insbesondere auf den Bundesautobahnen spezialisierte Kontrollen des Schwerlastverkehrs durch die Polizei, unter anderem zur Überwachung von Lenk- und Ruhezeiten. Dies dient vorrangig der Vermeidung sogenannter Stauendunfälle mit zum Teil gravierenden Folgen wie Toten und Schwerverletzten. Dazu werden unter anderem auch Maßnahmen der Gewinnabschöpfung in Zusammenarbeit mit den zuständigen Bußgeldstellen durchgeführt. Der „24-Stunden-Blitz-Marathon" ist ein wesentlicher Baustein der Gesamtstrategie zur Verbesserung der Verkehrssicherheit. Das Einsatzkonzept stellt einen übergeordneten landesweiten Rahmen zur Verfügung und weckt in der Öffentlichkeit ein breites Bewusstsein für die Gefahren zu schnellen Fahrens auch auf der Autobahn. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12515 5 Der gestiegene Anteil an Smartphones und deren immer vielfältiger werdenden Nutzungsmöglichkeiten spiegeln sich zunehmend im Unfallgeschehen wider. Vor diesem Hintergrund bekam die verbotswidrige Nutzung von Mobiltelefonen durch Fahrzeugführer eine höhere Bedeutung in der Fachstrategie und wurde ausdrücklich in die landesweite Ausrichtung aufgenommen. Die Fachstrategie Verkehrsunfallbekämpfung wird auch durch die Kreispolizeibehörde Köln weiterhin konsequent verfolgt und umgesetzt. Im Übrigen verweise ich auf meine Vorbemerkung. 4. Wie stellen sich die Personalausstattung (Stellen und tatsächliche Besetzung aktuell bzw. zum Stichtag 01.04.2016 sowie Entwicklung seit 2014) einschließlich der technischen Ausstattung (bitte Angaben jeweils Zahl Radarmessgeräte, Zahl Fahrzeuge zu Messungen, ProViDa-Fahrzeuge, die zu Messungen auf BAB verwandt wird, sowie Angabe der Eignung für Kontrollen auch an Stellen im Autobahnnetz, an denen Fahrzeugführer bisher nicht damit gerechnet haben) in der Verkehrsinspektion 3 des PP Köln und den einzelnen Bereichen (APW Bensberg, Sankt Augustin , Broichweiden, Frechen, VD-AP und ET-AP) für entsprechende Maßnahmen dar? Die Personalausstattung zu den angefragten Stichtagen kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Dargestellt werden die zum Stichtag erfassten Planstellenanteile. Ist-Besetzung in Planstellenanteilen der Autobahnpolizei der KPB Köln Auswertung/Jahr 01.10.2014 01.10.2015 01.04.2016 Planstellenanteile 315,15 327,87 313,08 Die technische Ausstattung der Kreispolizeibehörde Köln für die Jahre 2014 - 2016 wird anhand der nachfolgenden Tabelle dargestellt. Technische Ausstattung der KPB Köln Technisches Gerät 2014 2015 2016 Radarmessgerät 4 4 4 Laserscanngerät 1 1 1 Einseitensensor 1 1 1 Laser-Geschwindigkeitsmessgeräte 40 40 39 ProVida-Pkw 7 9 6 Abstandsmessgeräte 2 2 2 Über den Einsatzort (Bundesautobahn oder städtischer Bereich) entscheidet die Kreispolizeibehörde Köln jeweils nach eigener Lagebeurteilung unter Berücksichtigung der Vorgaben des Herstellers. Im Übrigen verweise ich auf meine Vorbemerkung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12515 6 5. Wie stellt sich der konkrete Personaleinsatz für Verkehrsüberwachungsmaßnahmen (Geschwindigkeitskontrollen/ Radarmessungen, Schwerpunktkontrollen/Aktionswochen ) mit eigenen und fremden Kräften der Polizei (Anforderung über LZPD) oder Mitwirkung externer Partner (kommunale Verkehrsüberwachung/ Ordnungspartnerschaft Verkehrsüberwachung) im Vergleich zu welchen Soll-Vorgaben der Behörde dar in den Jahren 2014 bis Juni 2016? Hierzu verweise ich auf meine Vorbemerkung. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12515