LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12534 15.07.2016 Datum des Originals: 15.07.2016/Ausgegeben: 20.07.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4870 vom 15. Juni 2016 des Abgeordneten Henning Höne FDP Drucksache 16/12269 Was unternimmt die Landesregierung, um Bürger und Kommunen vor der „Altkleider- Mafia“ zu schützen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Altkleidercontainer stehen in zahlreichen nordrhein-westfälischen Kommunen. Viele Bürgerinnen und Bürger geben ihre nicht mehr zum Eigenbedarf benötigte Kleidung in so genannte Altkleidercontainer. Viele machen dies im Glauben, ihre Kleidung würde bedürftigen Menschen zu Gute kommen. Tatsächlich übersteigen die Kleiderspenden den Bedarf an solchen um ein Vielfaches. Gemeinnützige und gewerbliche Sammler veräußern den Inhalt der Kleidercontainer daher oftmals unmittelbar und ohne Durchsicht auf Erhaltungszustand etc. an Textilsortierbetriebe. Insgesamt werden nach Expertenangaben jährlich rund 100 Millionen Tonnen Textilien über die Altkleider-Container dem Markt zur Verfügung gestellt. Für eine Tonne Textilien werden auf dem Weltmarkt aktuell 350 Euro gezahlt. Gemeinnützige Vereine und gewerbliche Sammler generieren auf diesem Wege enorme Einnahmen. Dies lockt folglich auch Kriminelle an. Es handelt sich dabei „nicht selten um osteuropäische Tätergruppen aus Rumänien und Serbien, die für diese und andere Taten eigens nach Deutschland einreisen“ (Rheinische Post, 11. Mai 2016). Daneben seien immer wieder aber auch „Familienclans“ (Rheinische Post, 11. Mai 2016) am Diebstahl beteiligt. Kürzlich wurden alleine in der Stadt Moers 42 Container leer geräumt. Die Stadt spricht von einem Schaden von mindestens 10.000 Euro (vgl. Rheinische Post, 11. Mai 2016). Dabei werden jedoch zunehmend nicht nur die Inhalte aus den Altkleider-Containern geklaut, sondern ganze Altkleider-Container werden abtransportiert und an anderer Stelle rechtswidrig wieder aufgestellt, um so neue Kleidung auf illegalem Wege zu generieren. Für die Bürgerinnen und Bürger ist es schwierig zu erkennen, in welche Container sie vertrauensvoll nicht mehr benötigte Kleidung abgeben können. Auch die Kommunen sollen seit einiger Zeit die gebrauchten Textilien als zusätzliche Einnahmequelle nutzen und bieten eigene Sammelsysteme an. „Die Erlöse aus der LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12534 2 Vermarktung der Altkleider kommen den Bürgern zu Gute. Sie werden genutzt, um die Gebühren zu stabilisieren“ (Rheinische Post, 11. Mai 2016), erklärte der Vizepräsident des Verbands kommunaler Unternehmen unlängst. Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 4870 mit Schreiben vom 15. Juni 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Mit Bericht vom 02.05.2015 an den Vorsitzenden des Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hatte das MKULNV zum Status Quo der gewerblichen Sammlungen in NRW berichtet, aufgegliedert nach Bestandssammlungen aus der Zeit vor Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes am 01.06.2012 und der bis zum 28.02.2015 neu angezeigten gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen. Allein im Bereich der Altkleidersammlungen waren danach zum damaligen Zeitpunkt mehr als 2700 Sammlungen in NRW angezeigt. Hieraus wird deutlich, dass es sich bei der Sammlung von Alttextilien in der Tat um ein außerordentlich lukratives Geschäftsfeld für private und gemeinnützige Unternehmen handelt. Probleme in Form von Rechtsverstößen bis hin zu kriminellen Handlungen gerade im Bereich der gewerblichen Altkleidersammlung sind deutschlandweit seit vielen Jahren bekannt und auch Gegenstand zahlreicher gerichtlicher Verfahren. Exemplarisch sei an dieser Stelle nur auf zwei kürzlich ergangene Urteile des Verwaltungsgerichts Düsseldorf hingewiesen. In dem der Entscheidung des Gerichts vom 13.05.2016 (Az. 17 L 1492/16 - veröffentlicht unter www.justiz.nrw.de) zugrunde liegenden Fall war eine Untersagungsverfügung der Behörde unter anderem auf 16 Fälle gestützt, in denen einem Alttextiliensammler vorgeworfen worden war, in einem Zeitraum von vier Jahren gegen privatrechtliche Besitz- und Eigentumsrechte an Grundstücken bzw. gegen öffentliches Straßenrecht verstoßen zu haben. In seiner Entscheidung kommt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Anzahl der dokumentierten Verstöße weder bei isolierter Betrachtung der einzelnen Jahre, noch bei einer Gesamtbetrachtung des nahezu vierjährigen Zeitraumes die Annahme eines massiven und systematischen Fehlverhaltens rechtfertige und damit eine Untersagungsverfügung nicht trage. In einem Urteil vom 29.01.2016 kommt das Verwaltungsgericht Düsseldorf (Az.: 17 K 3062/15) hingegen zu dem Ergebnis, dass mit Blick auf über einen Zeitraum von 21 Monaten dokumentierten insgesamt 23 Verstößen gegen öffentliches Straßenrecht bzw. privatrechtliche Erlaubnispflichten bereits für sich genommen das Erreichen der Schwelle eines massiven und systematischen Fehlverhaltens erreicht und die Sammlung daher zu Recht untersagt worden sei. Allein diese beiden Beispiele machen deutlich, dass die bundesgesetzlichen Regelungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes in der Praxis zu erheblichen Vollzugsproblemen führen. Das MKULNV führt deshalb seit einigen Jahren im landeseigenen „Bildungszentrum für die Verund Entsorgungswirtschaft (BEW)“ in Kooperation mit den kommunalen Spitzenverbänden spezielle Fachtagungen mit Vorträgen und Diskussionen zur „Umsetzung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) von der Praxis für die Praxis“ durch. Themenschwerpunkte hierbei sind u.a. abfallrechtliche und straßenrechtliche Anforderungen an gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen, ein Überblick über die bisherige Rechtsprechung zu gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen, praktische Fragen im Umgang mit gemeinnützigen und gewerblichen Sammlungen aus der Sicht der öffentlich- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12534 3 rechtlichen Entsorgungsträger, Erfahrungen mit der Anzeigepflicht aus der Sicht einer unteren Abfallwirtschaftsbehörde, Praxiserfahrungen eines gewerblichen Textilsammelunternehmens und ein ausführlicher Erfahrungsaustausch. Während der ordnungsbehördliche Vollzug der verwaltungsrechtlichen Bestimmungen zu gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen in NRW den unteren Umweltbehörden obliegt, ist die Ahndung krimineller Handlungen Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden bzw. der Strafgerichte. Diebstähle von Altkleidercontainern bzw. Kleidung aus Altkleidercontainern und damit einhergehende Schäden werden in der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht explizit erfasst. Zur Sicherung gegen Diebstahl bieten die Kriminalkommissariate Kriminalprävention/Opferschutz aller Kreispolizeibehörden spezifische Beratung an. 1. In welchen nordrhein-westfälischen Kommunen sind Altkleider-Container in den letzten fünf Jahren von Dieben ausgeräumt worden bzw. die Containerbehälter sogar gänzlich abtransportiert worden? (Bitte differenziert nach jeweiligen Städten und Gemeinden angeben.) 2. Von welchem Schaden geht die Landesregierung im Zusammenhang mit der sog. „Altkleider-Mafia“ aus? (Bitte differenziert nach jeweiligen Städten und Gemeinden angeben.) 3. Was unternimmt die Landesregierung konkret, um der zunehmend kriminalisierten Situation in den nordrhein-westfälischen Kommunen in Zusammenhang mit der „Altkleider-Mafia“ Einhalt zu gebieten? 4. Welche nordrhein-westfälischen Kommunen betreiben eigene Sammelsysteme für Alt-kleider? (Bitte differenziert nach einzelnen Städten und Gemeinden angeben.) 5. Welche Einnahmen haben nordrhein-westfälische Kommunen mit gebrauchten Textilien in den letzten fünf Jahren erzielen können? (Bitte differenziert nach Jahren und einzelnen Städten und Gemeinden angeben.) Die Fragen 1 bis 5 werden zusammen beantwortet: Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor. Auch der Städte und Gemeindebund NRW hat auf Nachfrage mitgeteilt, dass dort ebenfalls keine näheren Erkenntnisse zu den gestellten Fragen vorliegen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12534