LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12566 25.07.2016 Datum des Originals: 22.07.2016/Ausgegeben: 28.07.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4896 vom 21. Juni 2016 des Abgeordneten Dirk Wedel FDP Drucksache 16/12310 Personalbedarf und Belastung der Gerichtsvollzieher in NRW Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die landesweite, durchschnittliche Belastung der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher wurde in der Vergangenheit nach dem so genannten Bad-Nauheimer-Pensenschlüssel errechnet, der die auf das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung zurückzuführenden erheblichen Veränderungen der Arbeit der Gerichtsvollzieher nicht abbildet . Die Landesregierung berichtete 2014, der Bad-Nauheimer-Schlüssel sei überholt und könne für eine valide Aussage zur Belastung nicht mehr herangezogen werden (Vorlage 16/1928, Seite 5). Die Kommission der Landesjustizverwaltungen für Fragen der Personalbedarfsberechnung habe im November 2012 eine Arbeitsgruppe zur Prüfung einer neuen Bewertung eingesetzt. Die Arbeitsgruppe solle die durch die Reform der Zwangsvollstreckung entstandenen Mehr- und Minderaufwände analysieren und gegebenenfalls Vorüberlegungen zur Durchführung einer empirischen Erhebung anstellen. Für die Jahre 2013 und 2014 wurde für die vorläufige Pensenberechnung ein Zuschlag von 10% auf den Bedarf des Jahres 2012 in Aussicht gestellt (Vorlage 16/1928 a.a.O.). Der Deutsche Gerichtsvollzieher Bund e.V. teilte am 10.12.2015 mit, die Arbeitsgruppe zur Fortentwicklung des Bad-Nauheimer-Schlüssels habe sich nicht auf eine bundesweite Bewertung der Gerichtsvollziehertätigkeit einigen können. Neben Bayern führe lediglich Berlin zum 01.01.2016 sowie Sachsen voraussichtlich im Laufe des Jahres 2016 ein Bewertungssystem zur Personalbedarfsbemessung ein (http://www.dgvb.de/29.6.20151210Infoblatt12015.pdf, Seite 4). Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 4896 mit Schreiben vom 25. Juli 2016 namens der Landesregierung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12566 2 1. Welche Ergebnisse hat die von der Kommission der Landesjustizverwaltungen für Fragen der Personalbedarfsberechnung eingesetzte Arbeitsgruppe zur Fortentwicklung des Bad-Nauheimer-Pensenschlüssels erzielt? Die von der Kommission der Landesjustizverwaltungen für Fragen der Personalbedarfsberechnung (Kommission) eingesetzte Arbeitsgruppe „Prüfung und Fortschreibung des Bad- Nauheimer-Schlüssels“ (Arbeitsgruppe) hat sich zunächst mit der in Bayern durchgeführten Erhebung zur Belastung der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher befasst und festgestellt , dass die bayerische Erhebungsmethodik grundsätzlich zur Personalbedarfsberechnung im Gerichtsvollzieherdienst geeignet ist. Es wurde festgestellt, dass zur Prüfung der bundesweiten Übertragbarkeit der Ergebnisse der bayerischen Erhebung zunächst eine einheitliche Zählweise in allen Ländern sicherzustellen ist. Die erforderlichen Änderungen zur Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher (GVGA) bzw. Gerichtsvollzieherordnung (GVO) wurden inzwischen unter den Landesjustizverwaltungen abgestimmt und stehen kurz vor der Umsetzung . In Nordrhein-Westfalen sind die erforderlichen Änderungen zur Zählweise durch Erlass vom 11. Juni 2015 (2344 Z. 227) zum 1. Juli 2015 weitgehend umgesetzt worden. Die Kommission hat in ihrer Sitzung vom 29. September bis 1. Oktober 2015 beschlossen, dass es den Ländern bis auf Weiteres freigestellt ist, die Berechnung des Personalbedarfs im Gerichtsvollzieherdienst unter Berücksichtigung der bayerischen Erhebungsmethodik oder landesspezifisch durchzuführen. In der letzten Sitzung der Arbeitsgruppe am 13./14. Juni 2016 in Osnabrück wurde zudem eine in Baden-Württemberg durchgeführte Erhebung nebst der dieser zugrunden liegende Methodik vorgestellt und erörtert. Nach dem Ergebnis der letzten Sitzung wird die Arbeitsgruppe der Kommission folgenden Beschlussvorschlag unterbreiten: Die Kommission stellt fest, dass derzeit Erhebungsergebnisse nur aus zwei Bundesländern vorliegen. Auf dieser Basis ist eine bundesweite Festlegung derzeit nicht möglich. Von einer bundesweiten Erhebung soll aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit derzeit abgesehen werden. Die Untersuchungsergebnisse sind zur Übernahme in andere Bundesländer grundsätzlich geeignet. Im Fall der Übernahme bleibt es den übernehmenden Ländern offen, aufgrund länderspezifischer Besonderheiten Zu- oder Abschläge zu gewähren oder Veränderungen vorzunehmen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12566 3 2. Wonach errechnen sich in den Jahren seit 2012 jeweils der Personalbedarf sowie die Belastung der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher in Nordrhein- Westfalen? 2012 Grundlage der Personalbedarfs- und Belastungsberechnung war der so genannte Bad- Nauheimer-Schlüssel, der folgende Messzahlen für ein GV-Pensum festlegt: Persönliche Zustellungen 9.600 Zustellungen durch die Post 12.000 Protestaufträge 4.800 Vollstreckungsaufträge 2.000 amtliche Aufträge 3.600 EV - Verfahren 2.500 2013 und 2014 Die Kommission hat durch Beschluss vom 9. Juli 2014 festgestellt, dass der bisher angewandte Bad Nauheimer Schlüssel den tatsächlichen Arbeitsaufwand im Gerichtsvollzieherdienst nicht mehr realistisch abbildet und beschlossen, dass der landesweite Personalbedarf im Gerichtsvollzieherwesen für die Jahre 2013 und 2014 aufgrund des nach dem Bad Nauheimer Schlüssel errechneten Personalbedarfs 2012 (beruhend auf dem Geschäftsanfall im Jahr 2012) zuzüglich eines Aufschlags von 10% festgesetzt wird. 2015 Zur Planung des Personaleinsatzes wurde eine Übergangslösung verwandt, die sich an einer Zählung der Aufträge im Dienstregister orientiert: Basierend auf den sich aus dem Bad Nauheimer Schlüssel ergebenden Verhältnissen der Geschäfte untereinander und einen im Zuge des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung entstandenen Mehraufwand von pauschal 1/3 berücksichtigend, wurde zur Gewichtung der verschiedenen im Dienstregister zu erfassenden Verfahren Bewertungszahlen festlegt. Diese Bewertungszahlen konnten allerdings keinen Aufschluss über die tatsächliche Belastung im Gerichtsvollzieherdienst geben, sondern dienten ausschließlich der Vergleichbarkeit der Pensen der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher untereinander. 2016 Um die vorbezeichnete Regelungslücke auszufüllen, wird zurzeit für Nordrhein-Westfalen ein Konzept für die vorläufige Personalbedarfsberechnung im Gerichtsvollzieherdienst erarbeitet und abgestimmt, das methodisch der bayerischen Erhebung folgt. Die nähere Abstimmung mit dem Geschäftsbereich sowie den Personalverbänden steht derzeit noch aus. 3. Wie hoch war in den Jahren seit 2010 in Nordrhein-Westfalen jeweils der Personalbedarf an Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern in Stellen? Der Personalbedarf für die Jahre 2010 bis 2012 wurde in Gesamtpensen nach dem Bad Nauheimer Schlüssel ermittelt. Er betrug im Jahr 2010 insgesamt 1.154,82 Gesamtpensen, im Jahr 2011 insgesamt 1.124,79 Gesamtpensen und im Jahr 2012 insgesamt 1.105,17 Gesamtpensen . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12566 4 Nachdem die Kommission mit Beschluss vom 9. Juli 2014 festgestellt hatte, dass der Arbeitsaufwand im Gerichtsvollzieherdienst für die Jahre 2013 und 2014 anhand des Bad Nauheimer Schlüssels nicht mehr realistisch abgebildet werden kann, war für diese Jahre eine rechnerische Ermittlung des Personalbedarfs nicht möglich. Stattdessen ist – mit Rücksicht auf die von der Kommission vorgesehene Zuschlagslösung – ein Aufschlag von 10 Prozentpunkten auf die Belastung des Jahres 2012 erfolgt. Da die Kommission – entgegen den Erwartungen – keine Empfehlung zur Berechnung des Personalbedarfs im Gerichtsvollzieherdienst ab dem Jahr 2015 ausgesprochen hat, war eine rechnerische Ermittlung des Personalbedarfs für das Jahr 2015 nicht möglich. 4. Wie hoch war in den Jahren seit 2013 jeweils die Zahl der in Nordrhein-Westfalen ein gesetzten Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher (bitte in Vollzeitäquivalenten )? In Nordrhein-Westfalen waren im Jahr 2013 insgesamt 939,89, im Jahr 2014 insgesamt 902,98 und im Jahr 2015 insgesamt 881,19 Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher (in Vollzeitäquivalenten ) eingesetzt. 5. Wie hoch war in den Jahren seit 2013 jeweils die durchschnittliche Belastung der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher in Nordrhein-Westfalen? In den Jahren 2013 und 2014 wurde die durchschnittliche Belastung je Gerichtsvollzieher mit Rücksicht auf die von der Kommission vorgesehene Zuschlagslösung mittels eines Aufschlags von 10 Prozentpunkten auf die Belastung des Jahres 2012 auf jeweils 119 % festgesetzt. Für das Jahr 2015 lässt sich eine rechnerische Belastung aus den zu Frage 3 dargestellten Gründen nicht ermitteln. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12566