LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12611 02.08.2016 Datum des Originals: 02.08.2016/Ausgegeben: 05.08.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4920 vom 5. Juli 2016 des Abgeordneten Henning Höne FDP Drucksache 16/12432 Widerspruchsverfahren für die Bereiche der Lebensmittelüberwachung, des Verbraucherschutzes , des Veterinärwesens und des Tierschutzes – Nachfrage zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4703 Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Landesregierung hat auf die Frage „Wie lang sind die durchschnittlichen Verfahrenslaufzeiten in den jeweiligen Bereichen der Lebensmittelüberwachung, des Verbraucherschutzes, des Veterinärwesens und des Tierschutzes?“ wie folgt geantwortet: „Die durchschnittlichen Verfahrenslaufzeiten geben keinen Hinweis auf den jeweils verwendeten Zeitaufwand. Für eine Bewertung des Verhältnisses von Personalbedarf und Verfahrenslaufzeit ist dieser Maßstab ungeeignet. Hier dienen die Erfahrungswerte aus 2015/2016 als erste Anhaltspunkte für mögliche Konsequenzen.“ Mit der unzulänglichen Beantwortung der Frage 4 der Kleinen Anfrage 4703 (Drs 16/12222) durch die Landesregierung wurde der im Abgeordnetenstatus des Fragestellers begründete verfassungsrechtliche Informationsanspruch unzulässig verkürzt. Das Informationsrecht dient dem Zweck, die Arbeit des Abgeordneten zu erleichtern. Der in Art. 30 Abs. 2 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen gewährleistete Status des Abgeordneten schließt daher einen grundsätzlichen Anspruch auf vollständige und zutreffende Beantwortung seiner an die Landesregierung gerichteten parlamentarischen Anfragen ein. Für gleichwohl bestehende Grenzen des Informationsanspruches, etwa im Hinblick auf die Art und Weise der Antwort, zieht das Verfassungsrecht enge Grenzen. So gebieten es das Gebot zur gegenseitigen Rücksichtnahme sowie der Respekt vor Beeinträchtigungen der Funktionsund Arbeitsfähigkeit der Landesregierung, dass die Landesregierung zwar eine eng umgrenzte Einschätzungsprärogative über Art und Weise der Antwort hat, sie unterliegt dabei aber der Pflicht, zu vollständiger und zutreffender Antwort soweit ihr die begehrten Informationen vorliegen oder von ihr mit zumutbarem Aufwand beschafft werden können. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12611 2 Diese Grundsätze entsprechen der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen. So auch bestätigt mit Urteil vom 19.08.2008 im Verfahren VerfGH 7/07 des damaligen wirtschaftspolitischen Sprechers der Grünen, Reiner Priggen. Umso mehr überrascht es daher, dass diese Verfassungsprinzipien unter dem bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage federführenden grünen Minister – jedenfalls in Bezug auf die Opposition – offenbar nicht ernst genommen und beachtet werden. Denn die Beantwortung der Kleinen Anfrage wird den oben genannten Vorgaben nicht gerecht: Inwiefern für eine Bewertung des Verhältnisses von Personalbedarf und Verfahrenslaufzeit der abgefragte Maßstab der durchschnittlichen Verfahrenslaufzeiten tatsächlich ungeeignet ist oder nicht, wie von der Landesregierung vorgetragen, ist indes unerheblich für die Beantwortung der Frage. Wie abgefragte statistische Daten zu bewerten sind, ist Gegenstand der öffentlichen Debatte. Eine politische Deutungshoheit der Landesregierung und damit korrespondierend ein Einschätzungsspielraum wird der Landesregierung hierbei nicht eingeräumt, so dass die Antwort unter Berufung hierauf nicht verweigert werden darf. (Zumal die angeforderten Informationen auch in anderen Zusammenhängen von Bedeutung sein können.) Auch die Verweigerung einer Antwort unter Verweis auf eine mangelnde Aussagekraft, infolge einer von der Landesregierung unterstellten und unzulässig verengten Intention des mit der Frage verfolgten Zwecks missachtet das Informationsrecht des Abgeordneten. Ferner sei darauf verwiesen , dass es der Landesregierung unbenommen bleibt, den ihr zustehenden Antwortspielraum in der Weise auszufüllen, dass die Antwort vollständig und inhaltlich zutreffend und zugleich auch nach Auffassung der Landesregierung aussagekräftig ist. Noch in der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4439 (Drs 16/11258) auf eine gleichlautende wie die hier in Rede stehende Frage – den Kontext der LANUV-Jahresbilanz 2015 betreffend – wurde mitgeteilt: „Nach Auskunft des LANUV betrug die durchschnittliche Verfahrenslaufzeit der bislang erledigten Verfahren im Bereich der Lebensmittelüberwachung 121 Tage und im Bereich des Tierschutzes 135,75 Tage. In den Bereichen des Verbraucherschutzes und des Veterinärwesens hat es bislang keine Erledigungen gegeben, da die Widersprüche im letzten Quartal 2015 eingingen.“ Diese Antwort in der Sache zeigt, dass die abgefragten Informationen grundsätzlich vorliegen bzw. ohne größeren Aufwand ermittelt werden können. Im Übrigen ergibt sich aus den Vorbemerkungen der Antwort auf die Kleine Anfrage 4703 weiterer Rückfragebedarf. Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 4920 mit Schreiben vom 2. August 2016 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie lang sind die durchschnittlichen Verfahrenslaufzeiten in den jeweiligen Bereichen der Lebensmittelüberwachung, des Verbraucherschutzes, des Veterinärwesens und des Tierschutzes? Nach aktueller Auskunft des Landesamtes (Stichtag 11.07.2016) betrug die durchschnittliche Verfahrenslaufzeit aller seit der Wiedereinführung des Widerspruchsverfahrens erledigten Verfahren im Bereich der Lebensmittelüberwachung 187,2 Tage, im Bereich des Veterinärwesens 92,4 Tage, im Bereich des Tierschutzes 159,4 Tage und im Bereich des Verbraucherschutzes 108 Tage. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12611 3 Die durchschnittliche Verfahrenslaufzeit, bezogen auf alle Bereiche, beträgt rund 157 Tage. Als durchschnittliche Verfahrenslaufzeit wurde der Zeitraum zwischen Eingang und Abschluss eines Verfahrens errechnet; sie bezieht sich auf Kalendertage. In die Berechnung des Durchschnittswertes können nur abgeschlossene Verfahren einbezogen werden. Der errechnete Durchschnittswert hängt ganz entscheidend davon ab, inwiefern ältere oder neue Verfahren abgeschlossen werden. Somit ist eine Stichtagsbetrachtung wenig aussagekräftig . 2. Für welche weiteren Bereiche – neben dem Abbau von Bearbeitungsrückstau beim Widerspruchsverfahren – wurden mit dem LANUV, Abteilung 8, seit dem Jahr 2011 Zielvereinbarungen abgeschlossen? Das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz schließt jährlich – bedarfsorientiert – Zielvereinbarungen mit dem Landesamt, bezogen auf die relevanten Aufgabenfelder der jeweiligen Abteilungen. In Bezug auf die Abteilung 8 des Landesamtes wurden seit dem Jahr 2011 Zielvereinbarungen in den Bereichen Verbraucherschutz , Tiergesundheit und Agrarmarkt geschlossen. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Widerspruchsverfahren im Landesamt federführend von der Abteilung 1, Fachbereich 15, bearbeitet werden. Mit der Abteilung 1 hat das Ministerium keine spezielle Zielvereinbarung zu diesem Bereich geschlossen. Es ist grundsätzlich Sache des Landesamtes, die ihm übertragenen Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen. 3. Welche innerorganisatorischen Maßnahmen zur Verbesserung des Bearbeitungsstandes bei den Widerspruchsverfahren wurden ergriffen? Seit Mitte Februar 2016 wird zusätzlich die Kapazität von einer Stelle im höheren Dienst im Fachbereich 15 für die Widerspruchssachbearbeitung eingesetzt. Darüber hinaus unterstützen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter aus anderen Arbeitsbereichen des Landesamtes den Bereich der Widersprüche. 4. Inwiefern hat bzw. plant die Landesregierung, zur Verbesserung der innerbetrieblichen Organisation der Abteilung 8 des LANUV, externe Beratungshilfe in Anspruch zu nehmen? Derzeit wird eine externe Organisationsuntersuchung der Abteilung 8 durchgeführt. 5. Inwiefern leistete bzw. leistet die Landesregierung dem LANUV zur Bearbeitung der Widerspruchsverfahren ergänzende Hilfe in jedweder Form? Zu Ausbildungszwecken für Rechtsreferendarinnen und -referendare unterzieht das Ministerium regelmäßig einzelne, vom Landesamt zur Verfügung gestellte Widerspruchsvorgänge einer Vorprüfung und übersendet die Bearbeitungsergebnisse dem Landesamt zur abschließenden Bewertung und Bearbeitung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12611 4 Parallel dazu läuft beim Landesamt ein Vergabeverfahren für eine Unterstützung der Widerspruchssachbearbeitung für Vor- und Zusatzarbeiten durch eine Anwaltskanzlei. Die maßgeblichen Vorbereitungen für das Vergabeverfahren sind bereits abgeschlossen, die Finanzierung ist sichergestellt und eine umfassende Leistungsbeschreibung erstellt. Mit der Vergabe ist bis zur 32. Kalenderwoche zu rechnen. Mit dem Haushalt 2016 ist dem Landesamt eine weitere Stelle im höheren Dienst (Volljurist/in) zugewiesen worden. Dieses Ausschreibungsverfahren läuft; ein Auswahltermin wird Ende August 2016 stattfinden. In den Haushaltsentwurf der Landesregierung 2017 sind darüber hinaus drei weitere Stellen, eine Stelle im höheren Dienst (Volljurist/in) und zwei Stellen im gehobenen Dienst (Sachbearbeiter/innen) vorgesehen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12611