LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12642 08.08.2016 Datum des Originals: 05.08.2016/Ausgegeben: 11.08.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4924 vom 5. Juli 2016 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/12442 Steigende Anzahl tschetschenischer Asylsuchender in Nordrhein-Westfalen Wortlaut der Kleinen Anfrage Die Zahl der Asylbewerber aus Tschetschenien hat sich bundesweit stark erhöht. Das erklärte das Bundesinnenministerium Anfang Juni. Demnach stieg die Anzahl der Eingereisten aus der Russischen Föderation in den vergangenen Monaten deutlich an. Im April landete Russland bei den Hauptherkunftsländern von Asylbewerbern bereits auf dem fünften Platz. Nach Zahlen des Bundesinnenministeriums gaben zwischen Januar und 23. Mai 82,3 Prozent der russischen Erstantragssteller unter ethnischer Zugehörigkeit "tschetschenisch" an. Insgesamt waren das 2.244 von 2.728 Asylbewerbern. Von den 335 Russen, die einen Folgeantrag in diesem Zeitraum stellten, lag der Anteil der Tschetschenen sogar bei 87,2 Prozent. Bereits seit der zweiten Jahreshälfte 2015 ist laut einem Sprecher des Innenministeriums ein erhöhter Zugang von Flüchtlingen aus Russland zu verzeichnen. Monatlich wurden demnach etwa 800 bis 1200 Asylsuchende im sogenannten Easy-System gezählt. Nach einem deutlichen Rückgang im Januar auf unter 600 ist die Zahl wieder auf das Vorjahresniveau gestiegen und lag im April bei 915. Die Anerkennungsquote für Asylbewerber aus der Russischen Föderation ist jedoch gering. Wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erklärt, lag die Gesamtschutzquote in den ersten vier Monaten des Jahres lediglich bei 5,8 Prozent. Ursachen für die erhöhte Zuwanderung sind der Bundesregierung derzeit nicht bekannt. "Konkrete Erkenntnisse zu den Gründen liegen nicht vor", erklärte das Innenministerium. Auch aus der Bundespolizei hieß es, Ursachen seien nicht bekannt. Nach hiesiger Erkenntnislage habe sich die Situation in der Russischen Föderation "nicht gravierend verschlechtert". Die Zahl der Asylanträge aus der Russischen Föderation war bereits vor ein paar Jahren bundesweit sprunghaft gestiegen. Kamen 2011 nur 1689 Antragssteller aus der Region, waren es LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12642 2 im folgenden Jahr bereits 3202. Im Jahr 2013 war Russland nach Serbien schließlich das Land mit den meisten Asylbewerbern: Insgesamt kamen 15.473 Schutzsuchende. Auch damals hatten sich vor allem Tschetschenen auf den Weg gemacht. Schlepper hatten das Gerücht gestreut, dass sie in Deutschland eine hohe Summe Bargeld sowie ein Stück Land erhalten würden. Tausende machten sich infolge der Falschmeldung auf den Weg. Sie reisten mehrheitlich über die Ukraine, Weißrussland und Polen bis in die Bundesrepublik. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4924 mit Schreiben vom 5. August 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung In den der Landesregierung vorliegenden bzw. zugänglichen Statistiken werden jeweils die Staatsangehörigkeiten von Personen erfasst, nicht jedoch die ethnischen Zugehörigkeiten. Die nachstehenden Angaben beziehen sich daher jeweils auf Staatsangehörige der Russischen Föderation. 1. Wie entwickelte sich die monatlich Anzahl der Asylsuchenden aus Tschetschenien seit dem Januar 2015 in Nordrhein-Westfalen? 2. Wie entwickelt sich die monatliche Anzahl der sog. EASY-Zuweisungen nach NRW aus Tschetschenien seit dem Januar 2015? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Bezogen auf Staatsangehörige der Russischen Föderation können die Angaben für Nordrhein-Westfalen den nachstehenden Tabellen entnommen werden: 2015 Asylanträge EASY-Zuweisungen Januar 43 86 Februar 42 54 März 35 42 April 49 80 Mai 54 79 Juni 54 145 Juli 44 136 August 45 122 September 43 173 Oktober 28 198 November 36 126 Dezember 6 137 Gesamt 2015 479 1.378 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12642 3 2016 Asylanträge EASY-Zuweisungen Januar 26 114 Februar 40 74 März 39 104 April 83 96 Mai 75 196 Juni 208 144 Gesamt 471 728 3. Wie viele Ausreisepflichtige aus Tschetschenien leben derzeit in Nordrhein-Westfalen mit und ohne Duldung? Im Ausländerzentralregister sind für Nordrhein-Westfalen 1.458 ausreisepflichtige Staatsangehörige der Russischen Föderation erfasst (Stand: 31.05.2016). Davon sind 1.252 Personen im Besitz einer Duldung. 4. In wie vielen Fällen fand jeweils eine Dublin-Überstellung in das Land statt, in dem der Asylantrag zuerst gestellt wurde? Eine Aufschlüsselung der Abschiebungsstatistik nach Dublin-Fällen liegt der Landesregierung nicht vor (vgl. auch Antwort der Landesregierung vom 27.06.2016 auf die Kleine Anfrage 4808 - LT-Drs. 16/12324 -). Bundesweit wurden im vierten Quartal 2015 bei insgesamt 128 Staatsangehörigen der Russischen Föderation Überstellungen nach der Dublin-Verordnung vollzogen, im ersten Quartal 2016 waren es 160 (vgl. Antwort der Bundesregierung vom 12.05.2016 auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE (BT-Drs. 18/8450, Seite 38f). 5. Deutsche Sicherheitsbehörden beobachten den erneuten Anstieg der Asylbewerberzahlen aus Tschetschenien mit Sorge. Wie bewertet die Landesregierung den Anstieg der der Zahl der Asylsuchenden aus Tschetschenien vor dem Hintergrund , dass Asylsuchende aus Tschetschenien zum Teil als „Problemgruppe“ wahrgenommen werden? Auch in der polizeilichen Kriminalstatistik werden keine Ethnien, sondern Staatsangehörigkeiten von Tatverdächtigen erfasst. Dem Verfassungsschutz NRW ist bekannt, dass insbesondere unter den jüngeren hier lebenden Tschetschenen eine Radikalisierung im Sinne einer salafistischen und jihadistischen Ideologie stattgefunden hat. Zurzeit liegen der Landesregierung jedoch keine Erkenntnisse dazu vor, dass sich Asylsuchende aus Tschetschenien dieser Szene zuwenden. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12642