LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12668 08.09.2016 Datum des Originals: 08.08.2016/Ausgegeben: 15.08.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4899 vom 22. Juni 2016 des Abgeordneten Ralf Witzel FDP Drucksache 16/12316 Aufgabe der Flüchtlingsunterkunft im Essener Opti-Park seitens des Landes – Wie rechtfertigt die Landesregierung die kurzfristig getroffene Entscheidung vor dem Hintergrund zu erwartender enormer Kosten für den Steuerzahler zwecks Erfüllung des noch bis 2024 bestehenden Mietvertrages? Wortlaut der Kleinen Anfrage Nachdem bereits Ende Mai 2016 die Landeseinrichtung für Flüchtlinge im Essener Opti-Park komplett geräumt und die 414 dort lebenden Asylbewerber in andere Einrichtungen nach Duisburg und Niederkrüchten gebracht worden sind, ist am 7. Juni 2016 bekannt geworden, dass das Land die Asylunterkunft im Opti-Park nun mit sofortiger Wirkung aufgeben will. Die für das Heim zuständige Bezirksregierung Arnsberg hat Ende Mai als vermeintlichen Grund für die plötzliche Räumung Mängel an der Brandschutzanlage angegeben: Die Brandmelder funktionieren zwar generell, seien aber wohl nicht im gesamten Heim laut genug zu hören. Die Essener WAZ beschreibt den Sachverhalt am 25. Mai 2016 so: „Denn bei Kontrollen der Feuerwehr stellte sich heraus, dass die vor gar noch nicht so langer Zeit behördlich geprüfte und abgenommene Alarmierungsakustik der Brandmeldeanlage zwar korrekt auslöst, in einigen Gebäudeteilen aber nicht oder nicht richtig funktioniert. Im Klartext: Es bimmelt wohl, aber nicht laut genug, wie die Bezirksregierung Düsseldorf am Dienstag einräumte . Zwei Mal hatte die örtliche Behörde die für den Betrieb zuständige Bezirksregierung in der Landeshauptstadt auf diesen im Ernstfall folgenschweren Mangel aufmerksam gemacht. Und weil dies ohne Folgen blieb, legte die Stadt in der vergangenen Woche dem Vernehmen nach mit einem Brandbrief nach. Tenor: Eure Verantwortung, wenn hier Leib und Leben riskiert werden.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12668 2 Es folgte dann eine überraschende Räumung, und im Zuge dessen waren erstmals auch entsprechende Gerüchte einer vollständigen Aufgabe bekannt geworden. Dennoch hatte die Bezirksregierung zu diesem Zeitpunkt noch angekündigt, die Brandmeldeanlage reparieren zu wollen. Ohnehin sind Brandschutzexperten nach einem Medienbericht in der WAZ vom 25. Mai 2016 über das Vorgehen verwundert: „Doch eine solche Dramatik kann man in Kreisen der Feuerwehr nicht unbedingt erkennen. Der Anlagenfehler? ‚Kein Beinbruch.‘ Und nichts jedenfalls, was eine Evakuierung Hals über Kopf rechtfertige.“ Die WAZ berichtet dann nur wenige Tage später am 7. Juni 2016 weiter: „An diesem Dienstag kam die offizielle Wende: ‚Mit Blick auf die momentan in ausreichender Zahl zur Verfügung stehenden Landesplätze besteht seitens des Landes kein Bedarf mehr, die Unterkunft im Essener Opti-Park als Landeseinrichtung fortzuführen‘, erklärte [Name], Sprecherin der Bezirksregierung Düsseldorf. Nachdem sich der Zustrom der Flüchtlinge zuletzt deutlich verringert hat, gibt es in vielen Landeseinrichtungen freie Kapazitäten; so auch in der neuen Erstaufnahmeeinrichtung auf dem früheren Kutel-Gelände in Fischlaken. In dieser Situation stellt das Land nun alle vorhandenen Einrichtungen auf den Prüfstand, insbesondere solche, die in akuten Notlagen eilig angemietet wurden, aber grundsätzlich als ungeeignet bis problematisch gelten. ‚Es geht darum, landesweit die Kapazitäten dem Bedarf anzupassen, dabei aber auch künftige Prognosen über zu erwartende Flüchtlingszahlen mit zu berücksichtigen. In verschiedenen Gesprächen mit dem Innenministerium und den Bezirksregierungen wurde eine Bestandsaufnahme gemacht, welche Unterkünfte in welcher Form bestehen bleiben und weiterentwickelt werden, oder welche auslaufen und nicht weiter betrieben werden‘, betont [Name]. Für den seit 2014 genutzten Opti-Park sah man offenbar keine Zukunft, immer wieder war er von Flüchtlingen wie vom Personal als unwirtlich und marode kritisiert worden.“ Es ist vor dem Hintergrund der zuvor beschriebenen Entwicklung zumindest naheliegend, zu vermuten, dass der Bezirksregierung als Betreiber der Flüchtlingseinrichtung die Brandschutzmängel gelegen kamen, um eine ungeliebte und nicht mehr ausgelastete Einrichtung abzustoßen – dies trotz einer zentralen innenstadtnahen Lage abseits aller Wohngebiete. Es bleiben jedoch zahlreiche offene Fragen mit Blick beispielsweise auf die noch zu erfüllenden Mietverträge , die einer dringenden Klärung und transparenten Information des Landtages bedürfen. Die Landesregierung wird daher um einen umfassenden Sachstandsbericht zu den bisherigen Ereignissen sowie um Darlegung ihrer zukünftigen Planungen in Essen gebeten. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4899 mit Schreiben vom 8. August 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet . Vorbemerkungen der Landesregierung Aufgrund veränderter politischer Rahmenbedingungen, die zu deutlich niedrigeren Zugangszahlen geführt haben, sowie systemischer Veränderungen in den Prozessabläufen beim Bun- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12668 3 desamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), durch die schnellere Entscheidungen über Asylanträge erreicht werden sollen, befindet sich das Aufnahmesystem in einer Phase der Überplanung . Ziel der Landesregierung ist es, ein regional ausgewogenes und wirtschaftliches System, das sich flexibel auf Veränderungen einstellen kann, in Nordrhein-Westfalen zu etablieren. Die erforderlichen Unterbringungsplätze sollen zukünftig überwiegend in Regeleinrichtungen bereitgestellt werden. Plätze in Notunterkünften werden, soweit erforderlich, Zug um Zug ersetzt. Zudem werden auch bestehende Einrichtungen u.a. auf ihre Wirtschaftlichkeit überprüft. Zurzeit werden die Einrichtungsplanungen durch die Bezirksregierungen überarbeitet. Grundlage ist der aktuelle Planungserlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 17. Juni 2016. Danach sollen die aktuell landesweit rund 60.000 Plätze (Stand: 4. Juli 2016) in den zurzeit betriebenen 143 Landesunterbringungseinrichtungen auf insgesamt 50.000 Plätze reduziert werden. Davon sollen rund 35.000 Plätze aktiv betrieben und rund 10.000 weitere Plätze lediglich Stand-By vorgehalten werden. Für die übrigen 5.000 Plätze sollen Reserveflächen vorbereitet werden, um auf Veränderungen bei den Flüchtlingszahlen schnell und flexibel reagieren zu können. Die Festlegung der weiteren Planungen für die Einrichtungen erfolgt auf der Grundlage der Vorschläge der Bezirksregierungen, die derzeit ausgewertet werden. 1. Welche genauen vertraglichen Regelungen bezüglich des laufenden Mietverhältnisses bestehen zwischen dem Land und dem Eigentümer der Immobilie bis zum Jahr 2024 und ggf. darüber hinaus? (bitte Vertragsstatus zu Beginn des Mietverhältnisses ergänzt um jede einzelne nachträgliche Änderung darlegen). Mit Vertrag vom 20.10.2015 wurde durch das Land, vertreten durch die Bezirksregierung Arnsberg, ein Vertragsverhältnis über die Bauteile 4 bis 7 des sog. „Opti-Parks“ in Essen, mit einer Festlaufzeit bis 31.12.2026, geschlossen. Aufgrund der Festlaufzeit sieht der Vertrag keine vorzeitige Kündigung vor. Es ist lediglich eine Kündigungsfrist vor Ende der Festlaufzeit vereinbart. Wird die Frist versäumt, gilt das Vertragsverhältnis als auf unbestimmte Zeit geschlossen, mit einer Kündigungsfrist von 12 Monaten zum Ende eines Kalenderjahres. Etwaige Nachträge wurden nicht geschlossen. Der Mietvertrag vom 20.10.2015 besteht unverändert fort. 2. (Miet-)Zahlungen in welcher exakten Höhe wird das Land an den Eigentümer dieser Immobilie noch entrichten müssen, um die vereinbarten Verträge oder nachträglich einvernehmlich getroffene Änderungen des ursprünglichen Vertrages ordnungsgemäß zu er-füllen? 3. Welche konkreten Überlegungen gibt es bereits seitens des Landes für eine alternative Nutzung des Gebäudes im Opti-Park, um nicht in beträchtlichem Umfang Steuergelder für ein leerstehendes und nicht genutztes Gebäude verausgaben zu müssen? Vor dem Hintergrund einer veränderten Lage in der Landesunterbringung müssen auch Kapazitäten in der Planung der Bezirksregierung Düsseldorf reduziert werden. Daher bestehen konkrete Überlegungen, die Einrichtung im Opti-Park zu schließen. Die Schließung der Einrich- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12668 4 tung kann daher auch nicht isoliert betrachtet werden. Bei der Entscheidung werden der bauliche Zustand und die von der Gebäudestruktur bedingten Auswirkungen auf den Betrieb einer Landesunterkunft mit ihren speziellen Anforderungen im Vergleich zu anderen Einrichtungen berücksichtigt, die hohe Aufwendungen im Betrieb verursachen. Hierzu wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. Zurzeit prüft die Bezirksregierung Düsseldorf, unter welchen Rahmenbedingungen eine Aufgabe der zentralen Unterbringungseinrichtung im Opti-Park möglich ist. Hierzu werden derzeit die wirtschaftlichen und juristischen Möglichkeiten einer Vertragsbeendigung ermittelt. Nach Abschluss dieser Prüfungen wird die wirtschaftlichste und angemessenste Lösung gewählt werden. 4. Mit welchen jeweiligen Ergebnissen ist die Brandschutzanlage im Essener Opti- Park, bitte unter Angabe der einzelnen Überprüfungszeitpunkte, seit Bezug der Flüchtlingseinrichtung 2014 gewartet und kontrolliert worden? (bitte detaillierte Darstellung der Prüfungs- und Wartungstermine, Prüfergebnisse und infolge der Befunde ergriffenen Maßnahmen) Der Bezirksregierung Düsseldorf liegt ein Prüfbericht vom 04.12.2015 vor. Vor dem Hintergrund einer geplanten dauerhaften Nutzung der Einrichtungen wurde in Folge des Prüfberichtes am 13.01.2016 eine Baubesprechung durchgeführt. Dort wurde festgelegt, dass ein Teil der Mängel bereits im Rahmen des Umbaus der Bauteile 5 und 7 behoben werden sollte. Die Behebung der übrigen Mängel sollte durch einen externen Dienstleister erfolgen. Mängel, die im Bereich des betrieblichen Brandschutzes lagen, wurden an den Betreuungsverband zur Erledigung weitergegeben. Bis zur endgültigen Umsetzung der Planungen wurde zur Sicherstellung des Brandschutzes der Sicherheitsdienst beauftragt, fünf Brandwachen zu stellen. 5. Welche konkreten abweichenden eigenen Erkenntnisse hat die Landesregierung zu der fachlichen Einschätzung der örtlichen Feuerwehr, dass der Fehler an der Brandmeldeanlage in der Flüchtlingsunterkunft im Opti-Park wohl problemlos behebbar sei? Die Einschätzung der Feuerwehr der Stadt Essen kann weder bestätigt noch dementiert werden . Es liegt derzeit kein aktueller Prüfbericht über die Brandmeldeanlage vor. Eine fachliche Einschätzung in Bezug auf die Brandmeldeanlage nach DIN 14675 kann ausschließlich durch einen entsprechenden Sachverständigen erfolgen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12668