LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12704 17.08.2016 Datum des Originals: 16.08.2016/Ausgegeben: 22.08.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4963 vom 14. Juli 2016 des Abgeordneten Christian Möbius CDU Drucksache 16/12536 Junger Flüchtling lebt monatelang trotz festgestellter offener Tuberkulose in Flüchtlingseinrichtung Wortlaut der Kleinen Anfrage Ein jugendlicher Flüchtling aus Afghanistan kam im November 2015 mit seiner Familie in einer Landeseinrichtung für Flüchtlinge in Düsseldorf an. Im Rahmen der Erstuntersuchung wurde er positiv auf Tuberkulose getestet. Trotz dieses Befundes wurde der Jugendliche mit seiner Familie in eine kommunale Einrichtung der Stadt Köln überwiesen. Eine Behandlung der hoch ansteckenden Krankheit oder eine Warnung vor der offenen Tuberkulose erfolgte durch die Landeseinrichtung nicht. Der Jugendliche wurde mit seiner Familie in einer Gemeinschaftsunterkunft, einer Turnhalle im Kölner Stadtteil Widdersdorf, untergebracht. Es verging ein halbes Jahr, ehe ehrenamtlich tätige Flüchtlingshelfer den stark hustenden Jugendlichen einem Facharzt zuführten, der ihn schließlich ins Krankenhaus überwies. Nach Feststellungen der Stadt Köln wurde der Begleitzettel zur Erstuntersuchung in der Landeseinrichtung falsch ausgefüllt. Dieser hat keinen Hinweis auf die schwerwiegende Erkrankung enthalten. Zugleich teilte die Leiterin des Gesundheitsamtes der Stadt Köln mit, dass man es immer wieder mit „Mängeln bei der Kommunikation zwischen Land und Stadt“ zu tun habe. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4963 mit Schreiben vom 16. August 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Gesundheit , Emanzipation, Pflege und Alter beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12704 2 1. Welche Erklärung hat die Landesregierung dafür, dass die hoch ansteckende offene Tuberkulose des Jugendlichen zwar festgestellt, aber keine umgehenden gesundheitlichen Maßnahmen in der Landeseinrichtung in die Wege geleitet wurden ? 2. Wie kann es sein, dass der Begleitzettel zur Erstuntersuchung keinerlei Hinweis auf die hoch ansteckende Krankheit enthalten hat? 3. Warum wurde der Jugendliche mit seiner Familie trotz der hohen Ansteckungsgefahr einer Tuberkulose von der Landeseinrichtung in die kommunale Einrichtung der Stadt Köln überwiesen? Die Fragen 1 - 3 werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Nach den vorliegenden Erkenntnissen wurde in diesem Einzelfall das Untersuchungsergebnis entgegen des tatsächlichen, positiven Befundes mit "Befund o. B." (d.h. ohne Befund) vermerkt . Dies stellt einen bedauerlichen Fehler im Einzelfall dar, der im Lichte der Gesamtumstände der Belastungssituation der extrem hohen Zugänge des zweiten Halbjahres 2015 zu sehen ist, als sich der in Rede stehende Sachverhalt ereignete. Bevor die Zuweisung einer Person in eine Kommune erfolgt, wird durch die Bezirksregierung Arnsberg deren Zuweisungsfähigkeit überprüft. Diese ist gegeben, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen, wie z.B. die erfolgte Registrierung und die Röntgenuntersuchung zwecks TBC-Ausschluss. Dies geschieht auf Grundlage des Programms AVU Asyl. Dabei ist der jeweilige Bearbeiter auf die Erkenntnisse, welche durch die Einrichtungen in das Programm AVU Asyl eingetragen werden, angewiesen. Sind dort fehlerhafte Informationen vermerkt, ist dies durch den jeweiligen Bearbeiter nicht feststellbar. Die Zuweisung in eine Kommune war somit die Konsequenz der zuvor unterlaufenen fehlerhaften Eintragung. Zur Verdeutlichung der Zugangssituation innerhalb des genannten Zeitraumes: Die Zugänge alleine im November 2015 lagen bei 43.548 Personen und damit um 644 Prozent über denen des November 2014 mit 5.849 Personen (EASY-Zuweisungen für NRW). Die Wochenzugänge lagen in der 46. und 47. KW 2015 bei 12.840 und 12.601 Zugängen (zum Vergleich: der gesamte Jahreszugang 2011 lag bei 10.587 Erstantragstellern in NRW). Diese hohen Zugangszahlen haben alle Beteiligte vor hohe Anforderungen gestellt. 4. Kann die Landesregierung ausschließen, dass es weitere Fälle gibt, in denen schwerwiegende Erkrankungen von Flüchtlingen festgestellt, aber keinerlei Behandlungen in Landeseinrichtungen erfolgten und die Betroffenen trotzdem an Kommunen weitergeleitet wurden? Wie oben dargestellt, handelt es sich bei dem vorliegenden Dokumentationsfehler um einen bedauerlichen Einzelfall, der in der Belastungssituation der extrem hohen Zugänge des zweiten Halbjahres 2015 vorgefallen ist. Die Landesregierung arbeitet weiter kontinuierlich an dem Ausbau und der Verbesserung der Dokumentation und Weitergabe von Gesundheitsdaten der Flüchtlinge, auch und insbesondere im Zuge der Umsetzung des Datenaustauschverbesserungsgesetzes und der damit einhergehenden Digitalisierung des Asylverfahrens. 5. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus diesem Vorfall? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12704