LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12708 17.08.2016 Datum des Originals: 17.08.2016/Ausgegeben: 22.08.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4965 vom 18. Juli 2016 des Abgeordneten Dr. Marcus Optendrenk CDU Drucksache 16/12546 Nur die Spitze des Eisberges? Welche Kosten entstehen dem Land durch die sofortige Räumung der JVA Münster? Wortlaut der Kleinen Anfrage Am 6. Juli 2016 hat der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) des Landes dem Justizministerium den Mietvertrag für die Justizvollzugsanstalt Münster fristlos gekündigt. Die Landesregierung musste die 515 Gefängnisinsassen nach eigenen Angaben innerhalb von 48 Stunden in anderen Justizvollzugsanstalten, u.a. Krefeld und Coesfeld, unterbringen. Einige erst 2015 geschlossene Justizvollzugsanstalten wurden spontan reaktiviert. Die baulichen Mängel und damit die Gefahr einer möglichen Schließung der aus wilhelminischer Zeit stammenden JVA Münster waren der Öffentlichkeit grundsätzlich bereits seit langem bekannt. Die akute Einsturzgefahr war es dagegen nicht. BLB und Justizministerium haben öffentlich erklärt, auch ihnen sei diese akute Lage vor dem 6. Juli 2016 nicht bekannt gewesen. Daher musste eine umfassende Evakuierungsmaßnahme durchgeführt werden. Die Kosten aller inzwischen getroffenen Maßnahmen und die Mehrkosten der provisorischen weiteren Unterbringung der Gefängnisinsassen sind bisher nicht öffentlich gemacht worden. Mit Blick auf die noch laufenden Beratungen des Landtages zum 2. Nachtragshaushalt 2016 ist allerdings eine zeitnahe Klärung des Mittelbedarfes wie der Ursachen und Verantwortlichkeiten innerhalb der Landesregierung erforderlich. Klärungsbedürftig ist zudem, ob es weitere Justizvollzugsanstalten aus der gleichen Bauepoche gibt, bei denen es zu ähnlichen akuten Schwierigkeiten des Betriebes und einer möglicherweise beschleunigten Schließung wegen statischer oder baulicher Mängel kommen könnte. Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 4965 mit Schreiben vom 17. August 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12708 2 1. Welche Kosten sind dem Landeshaushalt durch die sofortige Räumung der JVA Münster bisher (u.a. durch Umzugskosten, Wiedereröffnung und Neueinrichtung bereits geschlossener Einrichtungen etc.) entstanden (bitte nach einzelnen Bereichen und Standorten auflisten)? Vorab ist darauf hinzuweisen, dass eine vollständige Ermittlung der Kosten aufgrund der Kürze der Zeit seit der Räumung der Justizvollzugsanstalt Münster nicht möglich war. Für die Verlegung der Gefangenen aus der Justizvollzugsanstalt Münster in andere Justizvollzugsanstalten sowie für den Transport der Ausstattungsgegenstände aus der Justizvollzugsanstalt Münster in die wiedereröffneten Zweiganstalten sind Fahrtkosten entstanden, die derzeit noch zusammengestellt werden. Weiterhin sind für die Beschaffung von Umzugskartons, Müllcontainermiete, Sperrgutentsorgung und Fremdverpflegung Kosten in Höhe von rund 14.000 € entstanden. Daneben sind ggf. Mehrarbeitsstunden bei dem Personal der Justizvollzugsanstalt Münster im Zusammenhang mit der Begleitung der Gefangenen in andere Justizvollzugsanstalten entstanden . Diese können aber durch die Gewährung von Freizeitausgleich ausgeglichen werden . Anzumerken ist, dass die Zweiganstalten Coesfeld, Krefeld und Mönchengladbach bereits vor der Räumung der Justizvollzugsanstalt Münster in einem betriebsbereiten Zustand erhalten waren. Wegen der hierdurch dem Landeshaushalt entstandenen und entstehenden Kosten wird auf die Beantwortung der Fragen 4 und 5 der Kleinen Anfrage 4827 des Abgeordneten Jens Kamieth (CDU), „Justizvollzugsanstalten im Standby-Modus“ vom 20.07.2015, LT-Drucksache 16/12555, Bezug genommen. 2. Welche über die normalen Kosten für den Regelbetrieb der JVA Münster hinausgehenden Aufwendungen erwartet die Landesregierung für das Jahr 2016 infolge der Räumung der Anstalt und der Verlagerung der 515 Gefängnisinsassen in anderen JVAen? Die Beauftragung eines Umzugsunternehmens, die Beschaffung weiterer Umzugskartons, Müllcontainermiete und Fremdverpflegung werden voraussichtlich noch Kosten in Höhe von rd. 79.000 € verursachen. Daneben wird die Verlegung der Gefangenen insbesondere bei den Häftlingen in der Untersuchungshaft , z. T. aber auch in der Strafhaft aufgrund der größeren Fahrtstrecken zu höheren Transportkosten führen. Weiterhin werden aufgrund der Abordnung einer erheblichen Anzahl an Bediensteten der Justizvollzugsanstalt Münster an andere Justizvollzugsanstalten Kosten aufgrund der Gewährung von Trennungsentschädigung entstehen. In dem nicht von der Räumung betroffenen bisherigen Lazarettgebäude der Justizvollzugsanstalt Münster werden Umbauarbeiten durchgeführt, um weitere Haftplätze am Standort Münster zu erhalten. Die Höhe der Kosten ist noch nicht absehbar. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12708 3 3. Welche Ausstattungen für welche reaktivierten Justizvollzugseinrichtungen mussten bzw. müssen für die Verlagerung der Münsteraner Gefängnisinsassen an die reaktivierten Standorte neu erworben werden? Die Ausstattung der wieder in Betrieb genommenen Zweiganstalten erfolgt weitestgehend mit den Ausstattungsgegenständen der Justizvollzugsanstalt Münster, z. T. werden Ausstattungsgegenstände aus dem Reservebestand genutzt. Es wird derzeit noch geprüft, ob und wenn ja, welche Ausstattungsgegenstände neu erworben werden müssen. 4. Welche konkreten Evakuierungsplanungen gab es für eine Räumung der JVA Münster? Der Notfallplan sah sowohl eine vollständige als auch eine teilweise Räumung der JVA Münster vor. In Abhängigkeit hiervon sollten die entsprechenden Transportkapazitäten bereitgestellt werden. Die Gefangenen sollten aus Zeitgründen lediglich „Handgepäck“ mitnehmen. Der Notfallplan sah nur abstrakte Maßnahmen vor, da die Verlegung der Gefangenen in andere Anstalten allein unter Berücksichtigung der tagesaktuellen Gefangenenbelegung vorgenommen werden konnte. 5. Welche weiteren alten JVAen in Nordrhein-Westfalen gibt es, bei denen die gleichen oder vergleichbare bauliche Gegebenheiten vorliegen wie bei der jetzt geschlossenen und aufgelösten JVA Münster? Die Justizvollzugsanstalt Münster ist mit Abstand die älteste Justizvollzugsanstalt in Nordrhein- Westfalen. Es gibt keine weiteren Justizvollzugsanstalten, bei denen gleiche oder vergleichbare bauliche Gegebenheiten vorliegen wie bei der jetzt geräumten Justizvollzugsanstalt Münster. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12708