LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12775 30.08.2016 Datum des Originals: 30.08.2016/Ausgegeben: 02.09.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4997 vom 29. Juli 2016 des Abgeordneten Marcel Hafke FDP Drucksache 16/12598 Gewalt gegen Beschäftigte in Jugendämtern in NRW Ein Anstieg von verbalen und tätlichen Übergriffen gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst sowie der Behinderung von Amtsträgern ist zu verzeichnen. Ein aktuelles Beispiel spielte sich am 9. Juni 2016 im Amtsgericht Arnsberg ab, wo ein „plötzlich tobender Angeklagter“ auf die Richterin eingeprügelt und die Frau erheblich verletzt hat (vgl. Presseberichterstattung u. a. WAZ). Neben der Justiz sind vor allem Beschäftigte von Polizei, Feuerwehren, Rettungsdiensten, Ordnungsämtern, Jobcentern und Arbeitsagenturen, Sozialämtern, Jugendämtern sowie weitere Bereiche kommunaler Verwaltungen betroffen. Mitarbeiter der genannten öffentlichen Einrichtungen werden Opfer eines breiten Spektrums gewalttätiger Übergriffe, welches z.B. Beleidigungen , Anspucken, Werfen von Gegenständen, die Abwehr von Zwangsmaßnahmen durch Attacken wie Schlagen oder Treten, Bedrohungen durch diverse Waffen sowie körperliche Gewaltausübung umfasst. In der Praxis fehlen häufig Notfallsysteme oder sie funktionieren nicht in gewünschter Weise bzw. ihre Anwendung ist den Mitarbeitern nicht ausreichend bekannt. Dies gilt auch für andere Möglichkeiten des Selbstschutzes. Hingegen sieht das so genannte „Aachener Modell zur Reduzierung von Bedrohungen und Übergriffen am Arbeitsplatz“ eine strukturierte Bewertung von kritischen Arbeitsplätzen, Gefährdungslagen und technischen bzw. organisatorischen Gegenmaßnahmen vor. Ein Angriff auf Amtsträger und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes ist ein Angriff auf die Gesellschaft und nicht hinnehmbar. Personen, die sich in ihrem Berufsleben dem Dienst für unsere Gesellschaft verschrieben haben, sollen und müssen Wertschätzung und Schutz aus allen Schichten der Gesellschaft erfahren und sich diesem sicher sein können. Gespräche mit Gewerkschaften und auch Presseberichte zeigen jedoch, dass den Beschäftigten im öffentlichen Dienst diese Unterstützung häufig fehlt. Die Problematik gewalttätiger Übergriffe bedarf insofern höherer Aufmerksamkeit der Landesregierung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12775 2 Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 4997 mit Schreiben vom 30. August 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. 1. Welche Übergriffe auf Beschäftigte in Jugendämtern in Nordrhein-Westfalen sind der Landesregierung seit 2013 bekannt geworden (bitte detaillierte Angabe von Ort, Datum und Art des jeweiligen Übergriffes)? Die Jugendhilfe ist eines der Kernfelder der verfassungsrechtlich garantierten kommunalen Selbstverwaltung. Die Jugendämter unterstehen insofern unmittelbar der Aufsicht der jeweiligen Bürgermeisterin/ des jeweiligen Bürgermeisters bzw. der Oberbürgermeisterin/ des Oberbürgermeisters oder der Landrätin/ des Landrates. Darüber hinaus unterstehen sie lediglich der allgemeinen Kommunalaufsicht . Im Rahmen dieser allgemeinen Aufsicht sind der Landesregierung bislang keine Übergriffe auf Beschäftigte in Jugendämtern bekannt geworden. Es besteht auch keine entsprechende Mitteilungspflicht der Jugendämter in Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus haben auch die beiden Landesjugendämter bei den Landschaftsverbänden Rheinland und Westfalen-Lippe keinerlei Erkenntnisse über derartige Übergriffe Auf Grundlage der Polizeilichen Kriminalstatistik NRW (PKS) können Straftaten zum Nachteil von Beschäftigten in Jugendämtern ebenfalls nicht explizit ausgewiesen werden. In der PKS werden nach bundesweit abgestimmten Richtlinien für die Führung der Polizeilichen Kriminalstatistik Opferdaten beim überwiegenden Teil der Straftaten gegen das Leben, die sexuelle Selbstbestimmung, die persönliche Freiheit sowie bei Rohheitsdelikten erfasst. Hinzu kommt die Erfassung von Opferdaten bei den Delikten Widerstand gegen Polizeivollzugsbeamte , Vollstreckungsbeamte und Vollstreckungsbeamten gleichstehende Personen. Datenfelder für „Beschäftigte in Jugendämtern“ existieren in der PKS nicht. 2. Wie werden Beschäftigte in Jugendämtern auf solche Situationen vorbereitet? Die Unfallkasse NRW und das Polizeipräsidium Aachen haben 2009 das Konzept „Gewaltprävention - ein Thema für öffentliche Verwaltungen?! das Aachener Modell“ entwickelt, welches die unterschiedlichen Facetten von Gewalt aufgreift und eine Einteilung in Gefährdungsstufen vornimmt. Zu den jeweiligen Gefährdungsstufen wird dargestellt, wie bei einem unvorhergesehenen Ereignis reagiert werden sollte und welche technischen und organisatorischen Voraussetzungen ein Betrieb bzw. eine Verwaltung im Vorfeld schaffen sollte, um gewalttätige Ereignisse wirkungsvoll zu verhindern. Die örtlichen Polizeibehörden unterstützen die Behörden bei der Umsetzung des Modells durch Beratung. Die Kommunen entscheiden im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung über Maßnahmen der Prävention und Nachsorge zum Schutz der Beschäftigten. 3. Mit welchen Maßnahmen beabsichtigt die Landesregierung die notwendige Akzeptanz der Arbeit der Jugendämter in der Bevölkerung zu verbessern? Für Kommunalverwaltungen liegen keine Daten zu Übergriffen auf Beschäftigte in Jugendämtern in Nordrhein-Westfalen vor (siehe Frage 1). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12775 3 Die Kommunen entscheiden im Rahmen Ihrer kommunalen Selbstverwaltung selbst über Maßnahmen zur Verbesserung der notwendigen Akzeptanz der Arbeit der Jugendämter Unbeschadet dessen besteht nach Auffassung der Landesregierung innerhalb der Bevölkerung grundsätzlich die erforderliche Akzeptanz in die Arbeit der Jugendämter. Gleichwohl gehen in Anbetracht der Vielzahl der täglichen Entscheidungen von Jugendämtern in Nordrhein-Westfalen auch Eingaben und Petitionen von Bürgerinnen und Bürgern ein, die mit der Tätigkeit der Jugendämter subjektiv nicht zufrieden sind. Im Rahmen der Beantwortung der Eingaben sowie der Berichte des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport an den Petitionsausschuss des Landtags wird regelmäßig auf den rechtlichen Rahmen sowie die bedeutsame Arbeit der Jugendämter hingewiesen und für Verständnis für die nicht immer leichten Einzelfallentscheidungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jugendämtern geworben. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12775