LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12797 31.08.2016 Datum des Originals: 31.08.2016/Ausgegeben: 05.09.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5011 vom 2. August 2016 des Abgeordneten Henning Höne FDP Drucksache 16/12618 Förderung für Weidemilch – Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die Situation der Milchbauern kurzfristig zu verbessern? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die aktuelle Milchkrise hat in den vergangenen Monaten zu einem dramatischen Preis-verfall beim Lebensmittel Milch geführt. Landwirte stehen deshalb derzeit verstärkt vor der Herausforderung , die Qualität ihrer Produkte zu steigern, um mit ihnen höhere Erlöse erzielen zu können. Aus der Biomilchproduktion ist bekannt, dass die Verbraucher bereit sind, für die Einhaltung bestimmter Kriterien höhere Preise zu zahlen. Dies gilt auch für Milch von Kühen, die besonders tierwohlgerecht gehalten werden. Insbesondere für die sogenannte Weidemilch von Kühen, die auf ausreichend großen hofnahen Weiden gehalten werden. Neben anderen Ländern fördert auch das Land Nordrhein-Westfalen die Weidehaltung auf der Grundlage des europäischen Förderprogramms für den ländlichen Raum. In NRW wird die Sommerweidehaltung grundsätzlich unter der Voraussetzung gefördert, dass den Tieren (Kühe und Rinder von mehr als zwei Jahren) jeweils mindestens 0,2 ha Beweidungsfläche zur Verfügung stehen. Angesichts der dramatischen Entwicklungen der letzten Monate stellt sich jedoch die Frage, ob diese Förderbedingungen noch zeitgemäß sind und inwiefern das Land dazu beitragen kann, die Situation für die Milchbauern kurzfristig zu verbessern. Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 5011 mit Schreiben vom 31. August 2016 namens der Landesregierung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12797 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die angesprochene Förderung ist Teil einer Reihe von Maßnahmen und Initiativen, mit denen die Landesregierung eine besonders tier- und umweltgerechte Landwirtschaft unterstützt, für deren Produkte viele Verbraucherinnen und Verbraucher bereit sind, einen Mehrpreis zu zahlen . Sie ist daher geeignet, langfristig und nachhaltig zu einem angemessenen Einkommen unserer Bäuerinnen und Bauern beizutragen, als kurzfristig wirkende Krisenmaßnahme ist sie jedoch nicht vorgesehen und auch nicht geeignet. 1. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die Fördervoraussetzung für das Weidemilchprogramm von 0,2 ha Beweidungsfläche je GVE abzusenken, um damit mehr Anreize für die Produktion von Weidemilch zu setzen? Die Bedingungen für die Förderung der Sommerweidehaltung im Rahmen der jetzt laufenden EU-Förderperiode 2014 – 2020 wurden vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus der vorangegangenen Förderperiode sowie den fachlichen und förderrechtlichen Anforderungen festgelegt . Hierzu gehört u.a. die Festlegung, dass eine Weidefläche von mindestens 0,2 Hektar Dauergrünland je beantragter Großvieheinheit nachgewiesen werden muss. Diese Größenordnung der Weidefläche entspricht dem System einer Halbtagsweide. Die Tiere haben damit ausreichend Weidefläche, so dass sie nicht nur Auslauf haben (wie z.B. bei der sogenannten „Siesta-Weide“), sondern substantiell auch Futter bzw. Gras aufnehmen können. Die Förderung der Sommerweidehaltung ist EU-rechtlich nur möglich, weil sie nicht mehr zum selbstverständlichen Bestandteil der Milchvieh- und Rinderhaltung gehört und vor allem, weil mit der Weidehaltung konkrete, zusätzliche Kosten verbunden sind (z.B. durch das zeitaufwändige Treiben der Kühe, die notwendige Weidepflege oder den Zaunbau, geringere Graserträge ), die durch die Förderprämien ausgeglichen werden. Eine Absenkung der Förderbedingungen im Sinne der Fragestellung bedeutet damit grundsätzlich auch eine Absenkung der Förderprämien. Die Beantwortung der Frage, ob eine höhere Anreizwirkung für die Produktion von Weidemilch besser über eine Absenkung der Anforderungen oder über höhere Prämien zu erzielen ist, ist nur spekulativ möglich. Die Auswertung zum abgelaufenen Förderprogramm „Weidehaltung von Milchvieh“ zeigt allerdings, dass im Durchschnitt der Jahre 2011 bis 2015 immerhin 2043 Milchviehbetriebe in Nordrhein-Westfalen für die Weidehaltung von ca. 114.000 Großvieheinheiten eine Förderung erhalten haben. Dies entsprach beispielsweise im Jahr 2013 einem Anteil von ca. 30% der Milchviehbetriebe. Vor diesem Hintergrund sieht die Landesregierung keine Notwendigkeit einer Programmänderung. 2. Welche Mindestvorgaben für Beweidungsflächen existieren in den Förderprogrammen der übrigen Bundesländer? Eine Förderung der Weidehaltung bzw. der Sommerweidehaltung bieten außer Nordrhein- Westfalen aktuell die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg an. In Bayern müssen 0,07 Hektar, in Baden-Württemberg 0,15 Hektar und in Mecklenburg- Vorpommern 0,3 Hektar Weidefläche nachgewiesen werden, während Hamburg anstatt einer Weidefläche eine Weidezeit als Verpflichtung festgelegt hat („mindestens 6 stündiger Weidegang“). Ein alleiniger Vergleich der Regelung zu den Weideflächen ohne gleichzeitig die weiteren Förderkonditionen (z.B. weitere Verpflichtungen, wie das Führen eines Weidetagebuches, Festlegungen im Detail zu den anerkennungsfähigen Weideflächen, Prämien) und Bedingungen zu berücksichtigen, führt außerdem zu einem falschen Bild. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12797 3 3. Inwiefern unterstützt die Landesregierung Maßnahmen wie z.B. Marketingkampagnen , die die Verbraucher für qualitativ hochwertige und tierwohlgerechte Milchprodukte sensibilisieren? Zur Unterstützung solcher Maßnahmen steht das aus Landesmitteln finanzierte Angebot der Absatzförderung zur Verfügung. Über Marketingkampagnen hinaus können z.B. die Beratung bei der Vermarktung, die Begleitung bei der Entwicklung und Erstellung von Vermarktungskonzepten , die Aus- und Weiterbildung oder Gemeinschaftswerbung und Öffentlichkeitsarbeit für verschiedene Produktgruppen einschließlich der Milch gefördert werden. Darüber hinaus ist die Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW e.V. von der Landesregierung mit der Öffentlichkeitsarbeit zu Milch und Milchprodukten beauftragt. Im Rahmen der förder - und beihilferechtlichen Möglichkeiten füllt die Landesvereinigung diesen Auftrag vielseitig aus. Die Palette reicht von Informationsarbeit zur Qualität und zum besonderen Wert von Milchprodukten für eine gesunde Ernährung über allgemeine Werbekampagnen bis zur Erstellung und kostenfreien Abgabe von Informationsmaterial oder auch Rezeptsammlungen. Dabei werden verschiedene Zielgruppen wie z.B. Senioren, Kinder, Lehrer, Eltern, Ärzte oder Hebammen berücksichtigt und entsprechend angesprochen. 4. Inwiefern setzt sich die Landesregierung für die Schaffung einheitlicher Standards bzw. Gütesiegel für Weidemilch ein, um Verbrauchern Orientierungshilfe zu geben ? Für die Landesregierung ist es ein besonderes Anliegen, dass es den Verbraucherinnen und Verbrauchern ermöglicht wird, zu erkennen, wie die Tiere gehalten wurden. Hierfür gibt es jedoch bislang keine rechtlichen Vorgaben zur Kennzeichnung der Tierhaltungsform bei Fleisch und Milch. Die Landesregierung drängt hier auf Verbesserungen und hat den Beschluss der letzten Verbraucherschutzministerkonferenz zur Kennzeichnung der Haltungsform unterstützt. Dieser bezieht sich zunächst nur auf Frischfleisch, es ist aber beabsichtigt, künftig auch Milch einzubeziehen. Leider ist die Bundesregierung nicht bereit, diesem Anliegen und dem Beschluss der Verbraucherschutzkonferenz zu folgen und entsprechende Rechtsgrundlagen zu schaffen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12797