LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12873 07.09.2016 Datum des Originals: 07.09.2016/Ausgegeben: 12.09.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5004 vom 1. August 2016 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/12605 Werden in Nordrhein-Westfalen wirklich alle Möglichkeiten genutzt, Ausreisepflichtige aus dem Maghreb zurückzuführen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Als Reaktion auf die jüngsten Anschläge in Deutschland skizzierte die Bundeskanzlerin einen Neun-Punkte-Plan für mehr Sicherheit. Dazu zählen unter anderem ein "Frühwarnsystem" für Radikalisierungen bei Flüchtlingen. Immer dort, wo es Lücken gebe, müsse gehandelt werden, so die Kanzlerin. Zu den angekündigten Maßnahmen der Bundeskanzlerin gehörte auch eine Senkung der Hürden für die Abschiebung von Asylbewerbern, deren Antrag abgelehnt worden ist. Man werde dafür „zum Beispiel auch weiter mit Afghanistan zusammenarbeiten, um innerstaatliche Fluchtalternativen zu finden und um auch Rückführungen möglich zu machen“, so die Bundeskanzlerin weiter. Auch die Zusammenarbeit mit den nordafrikanischen Ländern müsse verbessert werden. Derweil kritisierte die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen im „Spiegel“ vom 30.07.2016, dass das Rückführungsabkommen mit Marokko und Algerien in der Praxis untauglich wären. Im ersten Halbjahr habe Nordrhein-Westfalen lediglich 22 Marokkaner und 21 Algerier direkt in die Herkunftsländer abgeschoben. Beide Länder würden Abschiebungen per Linienflug zulassen, die Airlines akzeptierten jedoch lediglich ein bis zwei Abzuschiebende pro Flug. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5004 mit Schreiben vom 7. September 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12873 2 1. Wie bewertet die Landesregierung den Vorwurf der marokkanischen Regierung, dass die neuen Möglichkeiten der Identifizierung und der Nutzung aller Linienverbindungen nicht ausreichend genutzt würden? Nordrhein-Westfalen nutzt die weiterhin eingeschränkten Möglichkeiten der Rückführung nach Marokko möglichst effektiv: In diesem Jahr wurden zum Stichtag 30. Juni 2016 insgesamt 55 Abschiebungen von marokkanischen Staatsangehörigen vorgenommen, davon 22 nach Marokko (Quelle: Statistik der Bundespolizei). Dabei werden auch die neuen Möglichkeiten der Identifizierung von Nordrhein-Westfalen intensiv in Anspruch genommen. Allerdings hängt die Anzahl resultierender möglicher Rückführungen notwendig von der Dauer und Frequenz erfolgreicher Identitätsprüfungen sowie von der anschließenden Ausstellung von Reisedokumenten durch die marokkanischen Stellen ab. Derzeit beläuft sich die Zahl der bei marokkanischen Behörden aus Nordrhein-Westfalen insgesamt anhängigen Passersatzpapierverfahren auf mehr als 400. 2. Wie viele Linienflüge sind im ersten halben Jahr des Jahres 2016 von Nordrhein- Westfalen nach Marokko und Algerien gestartet? Die Gesamtzahl der Linienflugbewegungen aus Nordrhein-Westfalen nach Marokko und Algerien wird von der Landesregierung statistisch nicht erfasst. Eine überschlägige Auswertung der Flugpläne der Flughäfen Köln, Düsseldorf und Niederrhein-Weeze hat für die 34. Kalenderwoche insgesamt 17 Flugverbindungen nach Marokko ergeben. Von diesen Flügen starten sieben erst nach 22.00 Uhr, was eine Landung am Zielort in den späten Nachtstunden zur Folge hätte und sich daher aus organisatorischen Gründen für die Rückführung und die Übergabe der rückgeführten Personen an die marokkanischen Behörden allein aus diesem Grund als ungeeignet darstellt. Daneben entspricht die verbleibende Anzahl der vorhandenen Flugverbindungen von NRW nach Marokko nicht zwingend der Anzahl potenzieller Rückführungsmöglichkeiten: Wie in der Antwort zu Frage 1 bereits dargestellt, hängt die Anzahl möglicher Rückführungen zunächst von der Dauer und Frequenz erfolgreicher Identitätsprüfungen sowie von der anschließenden Ausstellung von Reisedokumenten durch die marokkanischen Stellen im Vorfeld ab. Zudem ist in der Praxis nicht jede Fluglinie bereit, die Beförderung abzuschiebender Personen zu übernehmen. Sofern eine Bereitschaft hierzu besteht, werden lediglich 1 bis 2 Rückzuführende pro Flug plus ggf. Sicherheitsbegleitung von den Fluglinien akzeptiert. Auch müssen Flugzeit und Zielflughafen der konkreten Abschiebungsmaßnahme entsprechen. Insbesondere wenn eine Sicherheitsbegleitung bei der Rückführung, z.B. bei Straftätern und gewaltbereiten Personen, sichergestellt werden muss, erfolgt die Auswahl des Fluges und des Abflughafens in Absprache mit der Bundespolizei, deren Kräfte begleitend eingesetzt werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12873 3 3. In wie vielen Fällen fanden bereits terminierte Abschiebungen von Asylsuchenden aus dem Maghreb nicht statt? (Bitte Angabe der Fälle unter Nennung der Gründe) Eine einheitliche Gesamtstatistik, die zusammenhängend alle Gründe für das Scheitern bereits terminierter Abschiebungen auf dem Land- und Luftweg erfasst, liegt der Landesregierung nicht vor. Lediglich Teilaspekte werden durch die Statistik der Bundespolizei und Erkenntnisse des Landes, die auf Rückmeldungen der Ausländerbehörden basieren, abgedeckt. 4. Wie viele ausreisepflichtige Personen aus den Maghreb-Staaten sind aktuell (30.06.2016) nicht in Nordrhein-Westfalen geduldet? Ausreisepflichtige und geduldete Personen aus den Maghreb-Staaten zum Stichtag 30. Juni 2016 in Nordrhein-Westfalen (Quelle: Ausländerzentralregister): Herkunftsland Ausreisepflichtige davon Geduldete Marokko 1.613 985 Algerien 938 584 Tunesien 178 120 Hinsichtlich Ausreisepflichtiger ohne Duldung verweise ich im Übrigen auf die Antwort zur Kleinen Anfrage 4763, LT-Drs. 16/11991. 5. Aus welchen Herkunftsstaaten kommen die ausreisepflichtigen Personen, die zum 30.06.2016 nicht geduldet waren? (Bitte unter Angabe des Herkunftslandes und der Anzahl der Personen) Zum Stichtag 30. Juni 2016 waren laut Ausländerzentralregister in Nordrhein-Westfalen 59.712 Personen ausreisepflichtig, davon wurden 46.080 Personen geduldet. Die Differenz zwischen Ausreisepflichtigen und Geduldeten kommt bei fast allen im Ausländerzentralregister gelisteten 214 Herkunftsstaaten sowie bei ungeklärten Staatsangehörigkeiten vor. Im Übrigen verweise ich auf die Antwort zur Kleinen Anfrage 4763, LT-Drs. 16/11991. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12873