LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12890 09.09.2016 Datum des Originals: 08.09.2016/Ausgegeben: 09.09.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5055 vom 19.August 2016 der Abgeordneten Henning Höne, Ralf Witzel, Susanne Schneider und Marc Lürbke FDP Drucksache 16/12721 Was unternimmt die Landesregierung konkret, um die Kosten ihres Alleingangs bei der Jod-Tabletten Bestellung vom Bund erstattet zu bekommen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit der Kleinen Anfrage 4802 vom 24. Mai 2016 wurde die Landesregierung von Abgeordneten der FDP-Landtagsfraktion umfänglich zu der von ihr veranlassten Bestellung von Jod-Tabletten befragt. In ihrer Antwort darauf erklärt die Landesregierung zu der Begründung des Bestellvorgangs im Alleingang, obwohl die originäre Zuständigkeit im Bereich des Bundes liegt: „Da der Bund aber noch keinen konkreten Zeitpunkt für eine Beschaffung des Fehlbedarfs in Aussicht stellen kann, haben wir uns in Nordrhein-Westfalen entschieden, die fehlenden Tabletten zum Schutz der Bevölkerung zunächst selber zu kaufen. Das entsprechende europaweite Vergabeverfahren läuft bereits“ (Drs. 16/12251). Auch wurde die Landesregierung bereits in der Kleinen Anfrage 4802 gefragt, inwiefern sie auf eine Kostenrückerstattung für die Jod-Tabletten durch den Bund hinwirke. In ihrer Antwort verwies die Landesregierung darauf, dass es sich um Einmalkosten handele, die jedoch wegen des laufenden Vergabeverfahrens noch nicht quantifiziert werden konnten. Weiter heißt es, dass die Landesregierung „nicht ausschließt“ (Drs. 16/12251), dass sie nach Abschluss des Beschaffungsvorgangs auf eine Erstattung durch den Bund hinwirken werde. Nach jüngsten Presseberichterstattungen zum Bestellvorgang der Jod-Tabletten ist das Vergabeverfahren zwischenzeitlich abgeschlossen und dem Land Nordrhein-Westfalen sind dafür Kosten in Höhe von „rund 800.000 Euro“ (Rheinische Post, 6. August 2016) entstanden. Auch in den aktuellen Presseberichterstattungen wird vage formuliert: „NRW behält sich vor, eine Kostenerstattung einzufordern“ (Rheinische Post, 6. August 2016). Vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage muss die Landesregierung aktiv darauf hinwirken, dass die Kosten für den Bestellvorgang der Jod-Tabletten vom Bund übernommen werden, wenn dieser für die Beschaffung von Jod-Tabletten zuständig ist. Ein Vorbehalt des LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12890 2 Einforderns einer Kostenerstattung reicht aus Sicht der Freien Demokraten nicht aus, wenn man den Haushalt des Landes ernsthaft sanieren möchte. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5055 mit Schreiben vom 8. September 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und der Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Zum Sachverhalt wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 4802 - Drs. 16/12251 - verwiesen . Danach hatte Nordrhein-Westfalen den sich aus der Aktualisierung der „Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen“ der Strahlenschutzkommission (SSK) vom 19./20.02.2015 ergebenden Mehrbedarf an Jodtabletten gegenüber dem Bund angemeldet und um Überlassung des entsprechenden Kontingentes an Jodtabletten gebeten. In der Vergangenheit wurden die für die Bevölkerung benötigten Jodtabletten in Erfüllung einer Auflage zur Betriebsgenehmigung von den Kernenergieversorgungsunternehmen beschafft und weitgehend in Bundeslagern aufbewahrt. Vor dem Hintergrund des in Deutschland beschlossenen Atomausstiegs und dem damit einhergehenden Widerruf der Betriebsgenehmigungen ist eine ergänzende Beschaffung durch die Kernenergieversorgungsunternehmen nicht mehr durchsetzbar. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) prüft daher im Zusammenhang mit der Novellierung des Strahlenschutzgesetzes die Möglichkeit einer Beschaffung durch den Bund. Es hat dem Land Nordrhein-Westfalen übergangsweise angeboten , im Ereignisfall Jodtabletten aus den zentralen Lagern des Bundes zur Verfügung zu stellen. Dieses Angebot war für die Landesregierung unter dem Aspekt einer bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risikovorsorge als Schutz- und Daseinsfürsorge für seine Bürgerinnen und Bürger nicht tragfähig. Es ist davon auszugehen, dass sich die Tablettenausgabe an die Bevölkerung durch eine Abholung der Tabletten aus den - überwiegend in Süddeutschland angesiedelten - Zentrallagern des Bundes erheblich verlängert und wahrscheinlich in dem bei einem Ereignis knappen Zeitrahmen nicht abgeschlossen werden kann. In Anbetracht der großen Besorgnis in der Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen aufgrund der wiederholten Zwischenfälle in den belgischen Kernkraftwerken Tihange und Doel hat sich die Landesregierung für die sofortige Beschaffung der fehlenden Jodtabletten und damit für eine schnelle und ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Jodtabletten entschieden. Den hinsichtlich der avisierten Kostenregelung ungewisse Ausgang des Gesetzgebungsverfahrens zur Novellierung des Strahlenschutzgesetzes abzuwarten, hätte eine zeitlich nicht eingrenzbare Schutzlücke für die Bevölkerung bedeutet und kam daher nicht in Betracht. Bei der Entscheidung der Landesregierung stand der ausreichende Schutz der Bevölkerung und nicht der Kostenaspekt im Vordergrund. Selbstverständlich wird die Landesregierung, wenn es zu einer Verankerung der Beschaffung von Jodtabletten durch den Bund im Strahlenschutzgesetz kommen sollte, auf der dann vorliegenden Rechtsgrundlage vom Bund die Erstattung der Kosten für die Beschaffung der fehlenden Jodtabletten einfordern. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12890 3 1. Welche Kosten sind für das Land Nordrhein-Westfalen für die Bestellung der zusätzlichen rund 21 Millionen Jod-Tabletten entstanden? (Bitte detailliert angeben.) Die voraussichtlichen Beschaffungskosten für die 21 Millionen Kaliumiodidtabletten einschließlich Auslieferung an die Unteren Katastrophenschutzbehörden belaufen sich auf netto 645.134 Euro. Seitens des Landes Nordrhein-Westfalen sind für diese innergemeinschaftliche Lieferung noch weitere 19 Prozent Mehrwertsteuer zu entrichten. Diese Angaben erfolgen vorbehaltlich der Endabrechnung des Lieferanten. 2. Welche Schritte hat die Landesregierung bereits konkret veranlasst, um die Kosten für die zusätzlichen Jod-Tabletten vom Bund zurückerstattet zu bekommen? Die Landesregierung hatte vor dem Beschaffungsverfahren den Bund um Überlassung des im Lande fehlenden Kontingentes an Jodtabletten gebeten. 3. Falls die Frage 2 dahingehend beantwortet wird, dass noch keine Kostenrückerstattung durch das Land NRW beim Bund angestrebt wurde: Welche Gründe sind dafür ursächlich? Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann noch keine Kostenrückerstattung beim Bund eingefordert werden, da die Rechnungsstellung noch nicht erfolgt ist. Im Übrigen ist der Ausgang des Gesetzgebungsverfahrens zur Novellierung des Strahlenschutzgesetzes abzuwarten. 4. Inwiefern hat die Landesregierung bereits eine Reaktion von Seiten des Bundes auf ihren Alleingang bei der Bestellung der Jod-Tabletten erfahren? (Bitte detailliert angeben.) Die Landesregierung hat bislang keine unmittelbare Reaktion des Bundes auf die Bestellung der 21 Millionen Jodtabletten erfahren. Das BMUB beabsichtigt allerdings im Strahlenschutzgesetz zukünftig das nordrhein-westfälische Verfahren (zentrale Beschaffung, dezentrale Lagerung vor Ort) zu verankern. 5. Wann rechnet die Landesregierung konkret mit der vollständigen Kostenrückerstattung durch den Bund? Diese Frage kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden; auf die Vorbemerkungen wird insoweit verwiesen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12890