LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12943 15.09.2016 Datum des Originals: 09.09.2016/Ausgegeben: 20.09.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5015 vom 2. August 2016 des Abgeordneten Hanns-Jörg Rohwedder PIRATEN Drucksache 16/12623 Welche Strategie verfolgt die Landesregierung, um gemäß ihrem Koalitionsvertrag "sinnlose und gefährliche Atomtransporte" von einem Zwischenlager in ein anderes zu verhindern? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit längerer Zeit wird das Zwischenlager für Nuklearabfall aus dem Reaktor Jülich in Jülich ohne Betriebsgenehmigung aufgrund von Anordnungen betrieben, zuletzt gekoppelt mit der zusätzlichen Anordnung einer unverzüglichen Räumung, jedoch ohne eine Beendigung des Genehmigungsverfahrens für dieses AVR-Behälterlager. Als Optionen sind Transporte in die USA, nach Ahaus oder ein Neubau eines sicheren Zwischenlagers in Jülich im Gespräch. Letzteres fordern Bürgerinitiativen und die Piraten. Am 26. Juli 2016 positionierte sich das SRS Citizens Advisory Board (SRS CAB) gegen den geplanten Import in die USA. Die Veröffentlichung eines “environmental assessment” (EA), das etwa einer Umweltverträglichkeitsprüfung in der EU entspricht, wurde vom ursprünglich geplanten Veröffentlichungstermin im Juni 2016 auf ungewisse Zeit verschoben, da das Dokument laut den Verantwortlichen bei SRS nochmals überarbeitet werde. Diese erste EA befasst sich ohnehin nur mit Forschung und Entwicklung von Prozesstechniken für diesen sehr speziellen Atomabfall. Man erwartet, dass diese vom Forschungszentrum Jülich (FZJ) bezahlt werden. Für den Fall, dass diese erste EA veröffentlicht und das Projekt weitergeführt wird, müsste noch eine zweite zeitaufwändige EA durchgeführt werden. Inzwischen wurde eine Einlagerungsgenehmigung für Ahaus erteilt, das ruhend gestellte Genehmigungsverfahren für die Aufbewahrung der Brennelemente im Ahaus war wieder aufgenommen und am 21.07.2016 mit der Erteilung der 8. Änderungsgenehmigung für das Transportlagerbehälter Ahaus durch das BfS abgeschlossen worden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12943 2 Im Koalitionsvertrag der jetzigen Regierung heißt es, „(...) lehnen wir sinnlose und gefährliche Atomtransporte quer durch NRW ab. Wir wollen, dass die Castoren, vor allem die in Jülich lagernden, nur noch einmal transportiert werden – nämlich zu einem Endlager, wenn hierfür ein Standort gefunden ist.“ In der Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage zur Sicherheit im anvisierten Transportziel Ahaus (Drucksache 16/10498) hieß es am 16.12.2015 „für das TBL-Ahaus ist eine weitere Nachrüstung erforderlich, über die derzeit beim zuständigen Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) ein atomrechtliches Genehmigungsverfahren geführt wird.“ Meine Kleine Anfrage nach der Annahmebereitschaft in Ahaus wurde in der Antwort der Landesregierung (Drucksache 16/10497 v. 16.12.2015) nicht beantwortet. In der Antwort der Landesregierung (Drucksache 16/10496 v. 16.12.2015) auf meine Frage nach dem Zustand des Verladekranes in Jülich hieß es, die Änderung der 50t Krananlage in der Verladehalle des Zwischenlagers in Jülich sei noch nicht abgeschlossen. Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 5015 mit Schreiben vom 9. September 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales, dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz und der Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung beantwortet. 1. Welche Strategie verfolgt die Landesregierung, um gemäß ihrem Koalitionsvertrag sicherzustellen, „dass die Castoren, vor allem die in Jülich lagernden, nur noch einmal transportiert werden – nämlich zu einem Endlager, wenn hierfür ein Standort gefunden ist“? Der Kernbrennstoff (bestrahlte AVR-Brennelemente) aus dem stillgelegten Versuchsreaktor in Jülich wird - obwohl die befristete diesbezügliche Genehmigung schon im Jahr 2013 auslief - weiterhin im dortigen Zwischenlager (sog. AVR-Behälterlager) aufbewahrt. Mit dem Ziel der Beendigung dieser Aufbewahrung ohne die erforderliche Genehmigung hat das Wirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen als Landesatomaufsicht 2014 die unverzügliche Entfernung des AVR-Kernbrennstoffs aus dem AVR-Behälterlager angeordnet. Für die angeordnete Räumung des Lagers sowie für das Erwirken aller dazu notwendigen Genehmigungen trägt die Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen mbH (JEN) als Betreiberin des AVR-Behälterlagers die Verantwortung. Momentan verfolgt die Betreiberin drei verschiedene Optionen zur Räumung des Lagers in Jülich. Eine Option ist der Neubau eines Behälterlagers in Jülich. Zwei weitere Optionen betreffen die Beförderung der 152 beladenen Transport- und Lagerbehälter der Bauart CAS- TOR® THTR/AVR vom Zwischenlager in Jülich in das Zwischenlager in Ahaus oder in die USA. Für beide Optionen ist u.a. jeweils eine Beförderungsgenehmigung nach § 4 Atomgesetz erforderlich , welche noch nicht vorliegt. Für die Transportgenehmigungen werden voraussichtlich die erhöhten Sicherungsanforderungen der vor der Bekanntmachung stehenden SEWD- Richtlinie Straße/Schiene anzuwenden sein (SEWD: Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter). Damit werden technische Änderungen erforderlich sein, welche den möglichen Beginn der Transporte der Castorbehälter aus dem Zwischenlager in Jülich verzögern werden. Diese Genehmigung muss dem Antragsteller von dem dafür zuständigen BfE erteilt werden, wenn die Prüfung des Genehmigungsantrags durch das BfE ergibt, dass die im Atomgesetz LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12943 3 aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind und die erforderliche Vorsorge zur Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen getroffen ist (gebundene Entscheidung). Das Land Nordrhein-Westfalen ist für die Erteilung dieser Beförderungsgenehmigung nicht zuständig. 2. Wie ist der Stand der Dinge im TBL-Ahaus, für das laut Drucksache 16/10498 v. 16.12.2015 „eine weitere Nachrüstung erforderlich ist, über die derzeit beim zuständigen Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) ein atomrechtliches Genehmigungsverfahren geführt wird.“? Die erforderliche Aufbewahrungsgenehmigung nach § 6 Atomgesetz wurde am 08.02.2016 vom BfS erteilt (7. Änderungsgenehmigung). Gegenstand dieser 7. Änderungsgenehmigung ist die Erweiterung des Schutzes des Transportbehälterlagers Ahaus gegen SEWD. 3. Ich wiederhole die in der Drucksache 16/10497 v. 16.12.2015 nicht beantwortete Frage: Ist das Zwischenlager Ahaus derzeit für die 152 Castorbehälter annahmebereit ? In der Drucksache 16/10497 wurde die Frage nach der Annahmebereitschaft bereits mit dem Hinweis beantwortet, dass die Annahmebereitschaft durch den Betreiber des TBL-Ahaus für jeden zu befördernden CASTOR®-THTR/AVR-Behälter in zeitlichem Zusammenhang mit dem Beförderungsvorgang erfolgt. Grundsätzlich kann die Annahmebereitschaft von der Betreibergesellschaft des Transportbehälterlagers Ahaus nicht erklärt werden, bevor sie die in der am 21.07.2016 erteilten Aufbewahrungsgenehmigung des BfS nach § 6 Atomgesetz zur Einlagerung der 152 beladenen Transport- und Lagerbehälter der Bauart CASTOR® THTR/AVR mit AVR-Kernbrennstoff in das Transportbehälterlager Ahaus (8. Änderungsgenehmigung) aufgeführten Voraussetzungen erfüllt hat. 4. Ich wiederhole ebenfalls die in der Drucksache 16/10497 v. 16.12.2015 nicht beantwortete Frage: Wenn nein, welche Gründe sprechen derzeit gegen eine Annahme der Castoren und wann wird das Ahauser Zwischenlager annahmebereit sein? Siehe Antwort zu Frage 3. 5. Wie ist der Stand der Änderung der 50t Krananlage in der Verladehalle des Zwischenlagers in Jülich, vgl. Drucksache 16/10496 v. 16.12.2015? Die 50t-Krananlage wird an die sicherheitstechnischen Anforderungen in der Empfehlung der Entsorgungskommission „Leitlinien für die trockene Zwischenlagerung bestrahlter Brennelemente und Wärme entwickelnder radioaktiver Abfälle in Behältern“ (revidierte Fassung vom 10.06.2013) angepasst. Die hierfür erforderlichen Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12943