LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12947 15.09.2016 Datum des Originals: 15.09.2016/Ausgegeben: 20.09.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5044 vom 12. August 2016 der Abgeordneten Marcel Hafke und Dr. Björn Kerbein FDP Drucksache 16/12683 Unter welchen Bedingungen wird der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz erfüllt? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit August 2013 haben Kinder ab einem Jahr einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz. Es ist allerdings nicht geregelt, wie sich der Rechtsanspruch konkret ausgestaltet und welches Angebot seitens der Kommunen den Rechtsanspruch erfüllt. Diese Fragestellung ist bereits mehrfach vor Verwaltungsgerichten verhandelt worden, beispielsweise am Oberverwaltungsgericht in Münster am 20. April 2016. Dabei beklagten Eltern die Stadt Köln, da für das zu betreuende Kind nur ein Platz in der Kindertagespflege, nicht aber in einer Kita angeboten wurde. Das Gericht stellte fest, dass auch ein Platz in Kindertagespflege den Rechtsanspruch erfülle, gab jedoch dennoch den klagenden Eltern Recht, da die Vergabe der Plätze nicht transparent und ordentlich erfolgt sei. Verfahren wie diese werfen die Frage auf, unter welchen Bedingungen die Landesregierung den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz als erfüllt ansieht. Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 5044 mit Schreiben vom 15. September 2016 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Welche von den Kommunen zu erfüllenden Vorgaben leitet die Landesregierung aus dem zitierten Urteil des Oberverwaltungsgerichts für die Vergabe der Betreuungsplätze ab? Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster bekräftigt die Rechtsauffassung, dass bei der Betreuung von ein- und zweijährigen Kindern die Betreuungsformen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12947 2 Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege im Rahmen des zur Verfügung stehenden bedarfsgerechten Angebotes gleichrangig nebeneinanderstehen. Es obliegt dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Jugendamt), die Vergabe der Betreuungsplätze entsprechend dieser Vorgaben im Rahmen der gesetzlichen Regelungen zu erfüllen und auszugestalten. Die Landesregierung respektiert die kommunale Selbstverwaltung und geht entsprechend davon aus, dass die Kommunen ihre Aufgaben nach Recht und Gesetz in eigener Verantwortung erfüllen. 2. Soll nach Willen der Landesregierung der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz auch die freie Wahl der Betreuungsform (Kindertageseinrichtung / Kindertagespflege) umfassen? Ja, im Rahmen eines bedarfsgerechten Betreuungsangebotes. 3. Welche Distanz des Betreuungsangebots zum Wohnort bzw. Arbeitsplatz erachtet die Landesregierung als zumutbar, damit der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz erfüllt wird? Die Frage der Zumutbarkeit kann in der Regel nur mit Blick auf den Einzelfall, die eltern- und kindbezogenen Bedarfe sowie die konkreten örtlichen Gegebenheiten beantwortet werden. Dabei spielt die räumliche Umgebung eine Rolle, entscheidend ist also auch, ob der Wohnort auf dem Land oder in der Stadt gelegen ist und ob es mehrere Betreuungsangebote (Einrichtungen oder Kindertagespflege) in der näheren Umgebung gibt. Als zumutbar wird die Entfernung jedenfalls dann befunden, wenn diese fußläufig erreichbar ist. Ebenso hat es die Rechtsprechung als zumutbar gewertet, öffentliche Verkehrsmittel in Anspruch zu nehmen, wenn das Betreuungsangebot auf kurzem, direktem und sicherem Weg angefahren werden kann. 4. Welchen Betreuungsumfang (gesamte Betreuungszeit sowie Öffnungs- und Schließzeiten der Einrichtung) erachtet die Landesregierung als zumutbar, damit der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz erfüllt wird? Die Entscheidung, in welchem zeitlichen Rahmen (Gesamtbetreuungszeit) und in welcher zeitlichen Struktur (Öffnungs- und Schließzeiten) Kindertagesbetreuung vor Ort angeboten wird, richtet sich nach dem örtlichen Bedarf und kann somit ausschließlich im Rahmen der örtlichen Jugendhilfeplanung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen getroffen werden. Im Hinblick auf bedarfsgerechte Öffnungs- und Schließzeiten wurden die Elternrechte u.a. durch § 13e KiBiz gestärkt, der im Rahmen der KiBiz-Änderung zum 1. August 2014 neu in das Gesetz eingefügt wurde. Danach ist ausdrücklich festgeschrieben, dass jede Kindertageseinrichtung bedarfsgerechte Öffnungs- und Betreuungszeiten unter Berücksichtigung des Kindeswohls und der Elternwünsche anbieten soll. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12947 3 5. Welche Maßnahme ergreift die Landesregierung, um zu konkretisieren, unter welchen Bedingungen der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz erfüllt ist? Die Landesregierung hat seit 2010 den qualitativen und quantitativen Ausbau der Kindertagesbetreuungsangebote gemeinsam mit den Kommunen und Trägern mit großem Engagement und mit erheblichen zusätzlichen Landesmitteln vorangebracht. Seit dem 1. August 2013 wird in Nordrhein-Westfalen auch der Rechtsanspruch für die ein- und zweijährigen Kinder erfolgreich umgesetzt. Die konkrete Ausgestaltung und Umsetzung erfolgt vor Ort im Rahmen der örtlichen Jugendhilfeplanung. Im Rahmen der mit der Revision einhergehenden qualitativen Verbesserungen hat die Landesregierung darüber hinaus z.Bsp. mit den §§ 3 a und 3b Elternrechte konkretisiert und gestärkt. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12947