LANDTAG NORDRHEIN
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WESTFALEN
16
. Wahlperiode
Drucksache
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12947
15.09.2016
Datum des Originals:
15.09.2016
/Ausgegeben:
20.09.2016
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Antwort
der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage
5044 vom
12. August 2016
der Abgeordneten Marcel Hafke und Dr. Björn Kerbein FDP
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Unter welchen
Bedingungen wird der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz
erfüllt?
Vorbemerkung der Kleinen Anfrage
Seit August 2013 haben Kinder ab einem Jahr einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz. Es
ist allerdings nicht geregelt, wie sich der Rechtsanspruch
konkret ausgestaltet und welches
Angebot seitens der Kommunen den Rechtsanspruch erfüllt. Diese Fragestellung ist bereits
mehrfach
vor
Verwaltungsgerichten
verhandelt
worden,
beispielsweise
am
Oberverwaltungsgericht in Münster am 20. April 2016.
Dabei beklagten Eltern die Stadt Köln, da für das zu betreuende Kind nur ein Platz in der
Kindertagespflege, nicht aber in einer Kita angeboten wurde. Das Gericht stellte fest, dass
auch ein Platz in Kindertagespflege den Rechtsanspruch erfülle, gab jedoch
dennoch den
klagenden Eltern Recht, da die Vergabe der Plätze nicht transparent und ordentlich erfolgt sei.
Verfahren wie diese werfen die Frage auf, unter welchen Bedingungen die Landesregierung
den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz als erfüllt
ansieht.
Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport
hat die Kleine Anfrage 5044
mit Schreiben vom 15. September 2016 namens der Landesregierung beantwortet.
1.
Welche von den Kommunen zu erfüllenden Vorgaben leitet die Landesregierun
g
aus dem zitierten Urteil des Oberverwaltungsgerichts für die Vergabe der
Betreuungsplätze ab?
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster bekräftigt die Rechtsauffassung, dass bei
der
Betreuung
von
ein
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und
zweijährigen
Kindern
die
Betreuungsformen
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Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege im Rahmen des zur Verfügung stehenden
bedarfsgerechten Angebotes gleichrangig nebeneinanderstehen.
Es obliegt dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Jugendamt), die Vergabe der
Betreuungsplätze
entsprechend dieser Vorgaben im Rahmen der gesetzlichen Regelungen zu
erfüllen und auszugestalten. Die Landesregierung respektiert die kommunale
Selbstverwaltung und geht entsprechend davon aus, dass die Kommunen ihre Aufgaben nach
Recht und Gesetz in eige
ner Verantwortung erfüllen.
2.
Soll nach Willen der Landesregierung der Rechtsanspruch auf einen
Betreuungsplatz auch die freie Wahl der Betreuungsform (Kindertageseinrichtung
/ Kindertagespflege) umfassen?
Ja, im Rahmen eines bedarfsgerechten Betreuu
ngsangebotes.
3.
Welche Distanz des Betreuungsangebots zum Wohnort bzw. Arbeitsplatz erachtet
die Landesregierung als zumutbar, damit der Rechtsanspruch auf einen
Betreuungsplatz erfüllt wird?
Die Frage der Zumutbarkeit kann in der Regel nur mit Blick auf den Einzelfall, die eltern
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und
kindbezogenen Bedarfe sowie die konkreten örtlichen Gegebenheiten beantwortet werden.
Dabei spielt die räumliche Umgebung eine Rolle, entscheidend ist also auch,
ob der Wohnort
auf dem Land oder in der Stadt gelegen ist und ob es mehrere Betreuungsangebote
(Einrichtungen oder Kindertagespflege) in der näheren Umgebung gibt.
Als zumutbar wird die Entfernung jedenfalls dann befunden, wenn diese fußläufig erreichba
r
ist. Ebenso hat es die Rechtsprechung als zumutbar gewertet, öffentliche Verkehrsmittel in
Anspruch zu nehmen, wenn das Betreuungsangebot auf kurzem, direktem und sicherem Weg
angefahren werden kann.
4.
Welchen Betreuungsumfang (gesamte Betreuungszei
t sowie Öffnungs
-
und
Schließzeiten der Einrichtung) erachtet die Landesregierung als zumutbar, damit
der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz erfüllt wird?
Die Entscheidung, in welchem zeitlichen Rahmen (Gesamtbetreuungszeit) und in welcher
zeitliche
n Struktur (Öffnungs
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und Schließzeiten) Kindertagesbetreuung vor Ort angeboten
wird, richtet sich nach dem örtlichen Bedarf und kann somit ausschließlich im Rahmen der
örtlichen Jugendhilfeplanung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen getroffen
werde
n.
Im Hinblick auf bedarfsgerechte Öffnungs
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und Schließzeiten wurden die Elternrechte u.a.
durch § 13e KiBiz gestärkt, der im Rahmen der KiBiz
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Änderung zum 1. August 2014 neu in
das Gesetz eingefügt wurde. Danach ist ausdrücklich festgeschrieben, dass
jede
Kindertageseinrichtung
bedarfsgerechte
Öffnungs
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und
Betreuungszeiten
unter
Berücksichtigung des Kindeswohls und der Elternwünsche anbieten soll.
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5.
Welche Maßnahme ergreift die Landesregierung, um zu konkretisieren, unter
welchen Bedingungen der
Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz erfüllt ist?
Die Landesregierung hat seit 2010 den qualitativen und quantitativen Ausbau der
Kindertagesbetreuungsangebote gemeinsam mit den Kommunen und Trägern mit großem
Engagement und mit erheblichen zusätzlic
hen Landesmitteln vorangebracht. Seit dem 1.
August 2013 wird in Nordrhein
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Westfalen auch der Rechtsanspruch für die ein
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und
zweijährigen Kinder erfolgreich umgesetzt. Die konkrete Ausgestaltung und Umsetzung erfolgt
vor Ort im Rahmen der örtlichen Jugend
hilfeplanung. Im Rahmen der mit der Revision
einhergehenden qualitativen Verbesserungen hat die Landesregierung darüber hinaus z.Bsp.
mit den §§ 3 a und 3b Elternrechte konkretisiert und gestärkt.