LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12981 21.09.2016 Datum des Originals: 19.09.2016/Ausgegeben: 26.09.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5047 vom 12. August 2016 des Abgeordneten Ralf Witzel FDP Drucksache 16/12686 Innenminister Jäger verweigert Kostenangaben zur leerstehenden Landeseinrichtung Opti-Park für die Erstaufnahme von immerhin bis zu 1.000 Asylbewerbern in Essen – Welchen Sachgrund gibt es für die verweigerte Transparenz der Landesregierung? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Bereits am 22. Juni 2016 hat die FDP-Landtagsfraktion eine parlamentarische Anfrage an die Landesregierung gerichtet, um einen Monat nach der seinerzeitigen völlig unerwarteten Räumung der Landeseinrichtung Opti-Park, die auf rund 10.000 Quadratmetern bis zu 1.000 Flüchtlinge aufnehmen kann, konkrete Sachgründe für diese vor Ort nicht nachvollziehbare Entscheidung zu erfahren. Die gleich um mehrere Wochen überzogene Antwortfrist des Innenministers wäre sicherlich eher begründbar gewesen, wenn dieser nun eine umso vollständigere und nachvollziehbare Darlegung der Fakten und Hintergründe zu diesem Sachverhalt vorgelegt hätte. Letzteres ist aber leider nicht ansatzweise der Fall. Innenminister Ralf Jäger hat sogar explizit gestellte Fragen zu Mietzahlungen unbeantwortet gelassen. Auch kann er die fachliche Einschätzung der Essener Feuerwehr nicht entkräften, die geringfügigen Brandschutzmängel seien vorgeschoben und stünden einer dauerhaften Erfüllung des Mietvertrages bis zum 31. Dezember 2026 sicherlich nicht im Wege. Ebenso hat der private Vermieter der Einrichtung soeben erklärt, die Brandschutzsanierung sei längst erfolgt . Die Bezirksregierung Arnsberg hat bislang stets erklärt, die Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis seien rechtlich immerhin im Jahr 2024 beendet. Andererseits werden immer mehr Einzelheiten über den irrational anmutenden Leerstand der Essener Liegenschaft bekannt. So berichtet die Essener NRZ am 12. August 2016 von einer kostspieligen Rückbauverpflichtung des Mieters Land nach Ende der Gebäudenutzung für Zwecke der Asylbewerberunterbringung, die wohl bereits der Landschaftsverband Rheinland als Vormieter in seinem Vertrag verankert bekommen hat. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12981 2 Die NRZ berichtet ferner in vorgenanntem Artikel, die Monatsmiete betrage 9,15 Euro pro Quadratmeter (zuzüglich Nebenkosten). Daraus würde sich ein zweistelliger Millionenbetrag als noch zu entrichtender Mietzins für das Land ergeben, der für die vertraglich fixierte und nicht zu kündigende Nutzungsdauer in jedem Fall anfallen dürfte. Selbst wenn es momentan erfreulicherweise eine vorübergehende landesweite Entspannung bei der Unterbringung der zuletzt immensen Zuzugszahlen der Flüchtlingswelle gegeben hat, ist der Unterbringungsdruck in der Stadt Essen noch enorm. Eine respektable zweistellige Zahl an Asylheimen ist dort noch neu zu errichten, um Provisorien wie Zeltdörfer aufzulösen und unverändert erfolgende Neuzuweisungen aufnehmen zu können. Die sich bekanntlich in großer finanzieller Schieflage befindende Stärkungspaktkommune Stadt Essen bringen die noch zu schulternden Asylbewerberaufnahmen an den Rand der faktischen und fiskalischen Belastungsgrenze . Der Landesregierung dürfte der enorme Unterbringungsdruck in der Stadt Essen bestens bekannt sein, nachdem vor einigen Monaten mehrere Ortsvereine der SPD bundesweit mit Protestkundgebungen gegen Asylstandorte auf sich aufmerksam gemacht haben, die eher an bekannte Pegida-Aktivitäten erinnern und sogar die Ministerpräsidentin persönlich auf den Plan gerufen haben, um die angespannte Lage etwas zu beruhigen. Für die Essener Bürger bietet sich nun folgendes Bild, dem der Innenminister bislang auch gar nicht entgegentreten kann oder will: Die Stadt Essen betoniert an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet erhaltenswerte Landschaftsschutzgebiete zu, um mit einem Millionenaufwand hoch konfliktär neue Asylheime zu errichten, während das Land seinerseits millionenschwere Mietzahlungen für den Leerstand einer bislang weitgehend konfliktfreien Landeseinrichtung berappt. Auch der Bund der Steuerzahler hat sich bereits dieser Thematik angenommen. Wie aus gutunterrichteten Kreisen außerdem zu erfahren ist, soll die vom Land angemietete Quadratmeterfläche im Opti-Park weit größer sein als bislang öffentlich angenommen. Denn dem Vernehmen nach hätte das Land neben den 10.000 Quadratmetern zur Unterbringung von Flüchtlingen angeblich die gesamte Liegenschaft anmieten müssen und daher sogar für eine rund 50% größere Fläche die rechtliche Verpflichtung zur Mietzahlung übernommen. Auch diese neue Information sollte die Landesregierung umgehend ausführlich darstellen und bewerten. Die Landesregierung sollte daher dem Landtag sowohl die bislang verweigerten Antworten der letzten Anfrage transparent zukommen lassen als auch die neu bekannt gewordenen Sachverhalte öffentlich erläutern und vollständig aufklären. Ein nachvollziehbares staatliches Geheimhaltungsinteresse ist in dieser Angelegenheit nicht erkennbar. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5047 mit Schreiben vom 19. September 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet. Vorbemerkungen der Landesregierung Im Jahr 2015 hat Nordrhein-Westfalen rund 330.000 Flüchtlinge zumindest kurzfristig unterbringen müssen. Um die Aufnahme und die Unterbringung sicherzustellen, wurden die Kapazitäten durch das Land mit Unterstützung der Kommunen innerhalb weniger Monate von rund LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12981 3 14.000 Plätzen im Juli 2015 auf rund 85.000 Plätze im Dezember 2015 aufgestockt. In einer unübersichtlichen Situation mussten teilweise innerhalb von wenigen Tagen oder sogar Stunden neue Unterbringungskapazitäten geschaffen werden. Die längerfristige Anmietung der Landeseinrichtung „Opti-Park“ im Herbst 2015 erfolgte vor dem Hintergrund dieser immensen Herausforderung. Aufgrund der zudem veränderteren politischen Rahmenbedingungen, die zu deutlich niedrigeren Zugangszahlen geführt haben, sowie systemischer Veränderungen in den Prozessabläufen der zuständigen Behörden, befindet sich das Aufnahmesystem aktuell noch in einer Phase der Überplanung. Ziel der Landesregierung ist ein regional ausgewogenes und wirtschaftliches System, das sich flexibel auf Veränderungen einstellen kann. Die erforderlichen Unterbringungsplätze sollen zukünftig überwiegend in Regeleinrichtungen bereitgestellt werden. Die noch vorhandenen Plätze in Notunterkünften sollen so schnell wie möglich abgebaut beziehungsweise in Plätze in Regeleinrichtungen mit einheitlichen Unterbringungsstandards - sofern notwendig - überführt werden. Zudem werden auch bestehende Einrichtungen fortlaufend überprüft. Auf Grundlage des aktuellen Planungserlasses des Ministeriums für Inneres und Kommunales werden die derzeit landesweit rund 60.000 Plätze in den zurzeit betriebenen 138 Landesunterbringungseinrichtungen auf insgesamt 50.000 Plätze reduziert. Davon werden rund 35.000 Plätze aktiv betrieben und rund 10.000 weitere Plätze lediglich Stand-By vorgehalten. Für die übrigen 5.000 Plätze sollen Reserveflächen vorbereitet werden, um auf Veränderungen bei den Flüchtlingszahlen schnell und flexibel reagieren zu können. Eine hinsichtlich der Flüchtlingszugänge deutlich beruhigte Situation bietet jetzt die Möglichkeit , ausreichende Unterbringungskapazitäten mit einheitlichen Unterbringungsstandards zu etablieren und den Abbau kosten- und sanierungsintensiver Einrichtungen voranzubringen. Es wird eine gleichmäßige Verteilung der Kapazitäten auf die einzelnen Regierungsbezirke unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit angestrebt. 1. Welche monatlichen Mietkosten, bitte differenziert nach Kaltmiete und Nebenkosten pro Quadratmeter und die Gesamtfläche, entstehen dem Land gegenwärtig für den vollständigen Umfang des geschlossenen Vertragsverhältnisses Opti-Park in Essen? Derzeit steht dem Land Nordrhein-Westfalen eine Mietfläche von 11.312 qm zur Verfügung. Die Kaltmiete beträgt 6,95 €/qm, die vorauszuzahlenden Nebenkosten betragen 3,50 €/qm. Darüber hinaus ist für diverse Umbauarbeiten eine sogenannte Investitionsmiete von 2,20 €/qm zu entrichten. Bis zum Ende des Jahres 2016 soll dem Land eine Gesamtmietfläche von 14.911 qm zur Verfügung stehen. Aktuell werden die angemieteten Bauteile des „Opti-Parks“ teilweise noch durch andere Mieter genutzt. Erst nach ordnungsgemäßer Beendigung dieser noch bestehenden Mietverhältnisse sollen die ausstehenden Mietflächen dem Land übergeben werden. Der Vertrag sieht hier diesbezüglich eine gestaffelte Übergabe der Mietflächen vor. Für die noch nicht übergebenen Mietflächen fallen keine Mietkosten an. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12981 4 2. Welche weiteren Kosten sind seit Räumung der Einrichtung am 25. Mai 2016 in dem Zusammenhang mit der Großeinrichtung Opti-Park jeweils in den Folgemonaten schon entstanden bzw. zukünftig noch zu erwarten? (Darstellung des vollständigen Umfangs aller Verpflichtungen inklusive der behaupteten Rückbaukosten erbeten) Bis Ende August betrugen die Kosten für Betreuungs- und Sicherheitsdienstleistungen monatlich 533.715,00 €. Das Vertragsverhältnis wurde zum 31.08.2016 gekündigt. Ab dem 1. September 2016 erfolgt eine Bewachung des Leerstands um etwaigen Schäden zum Beispiel durch Vandalismus und unbefugten Zutritt vorzubeugen. Hierfür entstehen monatliche Kosten in Höhe von 47.130,00 €. Etwaige Rückbaukosten können derzeit noch nicht beziffert werden. Sie sind unter anderem Bestandteil der Verhandlungen zwischen verschiedenen Interessenten, dem Land Nordrhein- Westfalen und dem Vermieter. 3. Bis zu welchem konkreten Datum strebt das Land eine endgültige Klärung der Frage an, ob die Großeinrichtung Opti-Park von Landesseite zukünftig wieder für Fälle der Asylunterbringung genutzt wird? Das Land strebt schnellstmöglich eine Klärung der Frage einer Weiternutzung des Opti-Park an. Das Land befindet sich hierzu im Dialog mit der Stadt Essen. 4. Ist das Land als Win-win-Situation für Land und die Stadt Essen bereit, leerstehende Kapazitäten im Opti-Park der Kommune zur Erfüllung von deren Unterbringungsfällen zur Verfügung zu stellen, bevor ungenutzte Kapazitäten sinnlos verfallen ? Das Land befindet sich auch hierzu im Dialog mit der Stadt Essen und hat bereits in der Vergangenheit der Stadt die Einrichtung zur Nutzung angeboten. 5. Ist die Aussage des Inhabers zutreffend, dass mittlerweile alle Brandschutzmängel restlos beseitigt worden seien? Inwieweit alle beanstandeten Brandschutzmängel beseitigt sind, ist abschließend von der Stadt Essen als örtlich und sachlich zuständige untere Bauaufsichtsbehörde zu beurteilen und festzustellen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12981