LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13100 04.10.2016 Datum des Originals: 04.10.2016/Ausgegeben: 07.10.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5086 vom 29. August 2016 des Abgeordneten Hanns-Jörg Rohwedder PIRATEN Drucksache 16/12777 Wie ist der Stand des Schulprojekts „Niederdeutsch an Grundschulen in Münster und dem Münsterland“? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Bei der Förderung von Sprachunterricht von nichteuropäischen Sprachen in den Schulen NRWs gelingt der Regierung die Umsetzung in der Regel erfreulicherweise schnell. Wie aber ist die Lage beim altheimischen Niederdeutsch? Unterricht in dieser Sprache hilft auch, andere Sprachen wie Niederländisch, Englisch und Mittelniederdeutsch besser zu erlernen. Durch die unterschiedlichen Varietäten im Niederdeutschen wird den Sprachschülern vermittelt, dass bei dieser Nichtstandardsprache mehrere Formen nebeneinander gleichwertig existieren und akzeptiert sind. Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 5086 mit Schreiben vom 4. Oktober 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Bei der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen handelt es sich um ein internationales Übereinkommen, welches im Rahmen des Europäischen Rates geschlossen wurde. Deutschland, als Erstunterzeichner der Charta am 05.11.1992, verpflichtet sich darin, Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung unter anderem von Regionalsprachen zu ergreifen. Die Charta ist am 01.01.1999 im Range eines Bundesgesetzes in Kraft getreten. In Nordrhein-Westfalen ist das Niederdeutsche als Regionalsprache ein Anwendungsfall der Charta. Neben den allgemeinen Bestimmungen (Teil I) sind von Nordrhein-Westfalen die Ziele und Grundsätze (Teil II) anerkannt worden, sodass diese Sprache auch dem Schutz des zweiten Teils unterfällt. Eine Bindung an den dritten Teil der Charta (Maßnahmen zur Förderung des Gebrauchs von Regional- und Minderheitensprachen im öffentlichen Leben) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13100 2 besteht hingegen nicht. In diesen Kontext sind Möglichkeiten und Grenzen des Engagements des Landes für das Schulprojekt Niederdeutsch einzuordnen. 1. Warum gibt es an den Schulen im niederdeutschen Sprachgebiet Nordrhein- Westfalens die auffällige Ungleichbehandlung zwischen Niederdeutsch und anderen Sprachen? Die Ausbildungs- und Prüfungsordnungen setzen über die Stundentafeln landesweit die Fächer fest, die in den Schulen als Pflichtfächer angeboten werden können. Im Bereich der Sprachen sind dies die Amtssprache Deutsch sowie zentrale Fremdsprachen. Da die Ausbildungs- und Prüfungsordnungen einen landesweiten Regelungscharakter besitzen, ist eine nach Sprachgebieten vorzunehmende Differenzierung ihrer jeweiligen Reichweiten nicht vorgesehen. Vor diesem Hintergrund ist nicht geplant, das Niederdeutsche als Pflichtfach in Nordrhein-Westfalen einzuführen. Ungeachtet dessen, bieten die Lehrpläne der Pflichtfächer Deutsch und Sachunterricht vielfältige, z.T. auch explizite Anknüpfungspunkte, Aspekte des Niederdeutschen im Rahmen bestehender Fächer in unterschiedlichen Schulformen und Schulstufen zu thematisieren. Darüber hinaus ermöglicht es ein weit ausgefächerter Rahmen für den Wahlunterricht, dass interessierte Schulen außerhalb der Pflichtfächer – z.B. im AG-Bereich – umfassendere Niederdeutsch-Angebote offerieren. 2. Wie ist der Stand des Schulprojekts „Niederdeutsch an Grundschulen in Münster und dem Münsterland“? Das zunächst auf fünf Jahre ausgerichtete Projekt wurde auf Antrag der Bezirksregierung Münster vom April 2013 aufgesetzt. Es hat mit seiner Praxisphase im Schuljahr 2014/15 an ausgewählten Grundschulen des Bezirks begonnen und befindet sich somit aktuell am Beginn des dritten Umsetzungsschuljahres. An dem ursprünglich auf bis zu 12 Schulen ausgerichteten Projekt nehmen derzeit die nachfolgenden sechs Schulen teil: St. Martinus-Grundschule Nottuln Augustinus-Grundschule Dülmen W.E. von Ketteler-Grundschule Sassenberg Gottfried- von Cappenberg-Grundschule Münster Dechant-Wessing-Grundschule Warendorf Grundschule Stadtfeldmark Lengerich Zielsetzung des Projekts laut o.g. Antrag ist es, für die Jahrgangsstufen 3 und 4 der o.g. Schulen Niederdeutsch-Angebote (hier: Varietät des „Klei-Platt“) im Umfang von zwei Wochenstunden vorzusehen, die zum Erwerb der Niveaustufe A2 des „Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GeR)“ mit Anteilen von B2 im Hörverstehen führen sollen. Im Rahmen eines bilingualen Ansatzes unter fächerübergreifender Berücksichtigung der Fächer Deutsch, Englisch, Musik und Sachkunde (Schwerpunkte „Raum und Umwelt“, „Natur und Leben“ sowie „Mensch und Gemeinschaft“) soll vor allem der anwendungs- und LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13100 3 lebensweltliche Bezug des Angebotes gewahrt werden. Hierzu werden Unterrichtsentwürfe bzw. Arbeitsmaterialien entwickelt. 3. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung geplant, um das Projekt erfolgreich umzusetzen? Die Landesregierung hat das Projekt durch die Bereitstellung von Entlastungsstunden aus Rundungsgewinnen in dem in der Antwort auf die Kleine Anfrage 5085 zu Frage 1 dargelegtem Umfang unterstützt. Eine weitere Unterstützung von Landesseite ist gegenwärtig nicht geplant, etwaige regionalbezogene Unterstützungsmaßnahmen der Bezirksregierung Münster bleiben hiervon unbenommen. 4. Welche Verantwortung trägt und welche Rolle spielt das Land bei der Projektimplementierung? Die Beantwortung der Frage beinhaltet – je nach Implementationsverständnis – bis zu drei Dimensionen: Implementierung im Sinne der Projektinitiierung: Das Projekt wurde auf Initiative der Bezirksregierung Münster aufgesetzt. Der Beitrag des Landes (hier: Ministerium für Schule und Weiterbildung) besteht in der Bereitstellung der Entlastungsstunden durch eine zweckgebundene Zuweisung von Rundungsgewinnen an die Bezirksregierung Münster. Implementierung im Sinne der Projektsteuerung: Die Projektsteuerung erfolgt auf der Ebene der Bezirksregierung Münster sowie ihrer Beauftragten. Implementierung im Sinne der Projektergebnisverbreitung: Die Verbreitung der Projektergebnisse ist Aufgabe der unmittelbaren Projektbeteiligten. Ein etwaiges weiteres Engagement der Landesregierung (hier: Ministerium für Schule und Weiterbildung) wird von der Qualität der Projektergebnisse, der Möglichkeit einer kostenfreien Verfügbarmachung für die Allgemeinheit sowie den zu erwartenden Erträgen für das nordrhein-westfälische Schulsystem abhängen. Zum jetzigen Projektzeitpunkt können hierzu keine belastbaren Aussagen abgegeben werden. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13100