LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13147 10.10.2016 Datum des Originals: 07.10.2016/Ausgegeben: 13.10.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5105 vom 1. September 2016 der Abgeordneten Simone Brand PIRATEN Drucksache 16/12827 Kein Schutz, keine Kontrolle, Intransparenz und totales Chaos in den Landesunterkünften in NRW? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit ein paar Wochen beschäftigen sich J. K., Journalistin und Bloggerin, sowie der Verein „Refugees Welcome Bonn e.V.“ mit den Landesunterkünften in NRW. Durch ihre Recherchen und Artikel sind viele Missstände in den Landesunterkünften ans Tageslicht gekommen. Auch die Piratenfraktion hat mehrere Anfragen an die Landesregierung gestellt. In den Antworten wird eine erschreckend hohe Zahl an Sexualdelikten in den Unterkünften offengelegt.1 Zugleich konnte die Landesregierung für das Jahr 2015 keine Angaben darüber machen, wie viele und welche Beschwerden es in den Unterkünften gibt, geschweige denn, wie diesen abgeholfen werden kann.2 Auch für das Jahr 2016 gibt die Landesregierung an, dass konkrete Konsequenzen im Bereich des dezentralen Beschwerdemanagements [...] statistisch nicht erfasst [werden].3 Die Situation in den nordrhein-westfälischen Landesunterkünften scheint sich trotz der Ankündigungen und Versprechungen der Landesregierung nach dem weltweit beachteten Skandal um Misshandlungen von Schutzsuchenden in Burbach 2014 nicht verbessert zu haben. In den Unterkünften arbeiten Menschen mit rechtem Gedankengut. Frauen, Kinder und besonders schutzbedürftige Personen sind nicht geschützt, Abrechnungen werden manipuliert, Anzeigen und Beschwerden nicht weitergeleitet. Ein Gerichtsurteil des Arbeitsgerichts Siegen, das der Fraktion vorliegt, legt zudem nahe, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die auf Missstände hinweisen, unter Druck gesetzt werden. In Olpe wurden auch Anzeigen und Beschwerden an 1 https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument?Id=MMD16%2F12146|1|0 2 https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument?Id=MMD16%2F11095|1|0 3 https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument?Id=MMD16%2F12528|1|0 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13147 2 die Bezirksregierung Arnsberg weitergeleitet. Im Urteil steht, dass „aufgrund massiver Verstöße gegen Vorschriften [...] es zu erheblichen Beschwerden an die Bezirksregierung Arnsberg wie auch an das Innenministerium [gekommen sei]“. Auch gibt es keine Transparenz über die Gelder, die in die nordrhein-westfälische Erstaufnahme fließen. Die Landesregierung schreibt auf die Frage, in welcher Höhe welche Kosten für die Betreibung von Flüchtlingsunterkünften mit dem Land NRW abgerechnet werden: „Eine Darstellung der Kosten, die im Rahmen der Errichtung und des Betriebs der einzelnen Unterbringungseinrichtungen entstanden sind, ist in der gefragten Differenzierung grundsätzlich nicht möglich.“4 Die Piratenfraktion vermutet, dass sich die Probleme nicht auf einzelne Unterkünfte beschränken , sondern hier ein strukturelles Kontroll- und Behördenversagen wie schon 2014 vorliegt. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5105 mit Schreiben vom 7. Oktober 2016 namens der Landeregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen in Nordrhein-Westfahlen ist mehr als nur ein organisatorischer Akt, als ein Dach über den Kopf. Sie ist der Beginn einer Verantwortung, die den asylsuchenden Menschen in den Blickpunkt nimmt, also „aus der Perspektive der Flüchtlinge“ denkt. Vor diesem Hintergrund und mit der Zielsetzung den in 2014 erklärten „Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik in NRW“ bei der Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen zu denken und zu gestalten, hat das MIK gemeinsam mit den NGO Eckpunkte und Handlungsempfehlungen erarbeitet. Mit der Veröffentlichung im Bericht an den Innenausschuss am 30.06.2016 (Vorlage 16/4028) erfolgte die Information an den Landtag. Am 25. August und 7. September diesen Jahres fanden im Ministerium für Inneres und Kommunales die ersten beiden außerordentlichen Arbeitsgruppentreffen unter Beteiligung der NGO und der Bezirksregierungen zur Weiterarbeit an den Eckpunkten und Handlungsempfehlungen zur Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen statt. Die geplanten und bereits eingeleiteten Maßnahmen zur Umsetzung der Eckpunkte und Handlungsempfehlungen wurden mit den Beteiligten erörtert. Auf der Internetseite des Ministeriums für Inneres und Kommunales sind die Eckpunkte mit den Handlungsempfehlungen nebst Anlagen veröffentlicht unter: http://www.mik.nrw.de/themen-aufgaben/auslaenderfragen/asylbewerber/aufnahme-und-unterbringung /eckpunktepapier.html. Im Rahmen der Neuausrichtung der Flüchtlingspolitik finden qualitative Standards in den Einrichtungen und das Beschwerdemanagement besondere Berücksichtigung. Seit November 2014 finden unangemeldete Überprüfungen der Unterbringungseinrichtungen für Flüchtlinge durch mobile Kontrollteams statt. Grundlage für die Kontrollen ist jeweils die fortgeschriebene Leistungsbeschreibung, in der die von den Betreuungsverbänden einzuhaltenden Standards in den Einrichtungen - insbesondere zu Betreuung, Unterbringung und Sicherheit – festgelegt sind. Eine umfassende Einhaltung dieser Standards kann dabei nur bei den Regelunterkünften erwartet werden. Dagegen erfolgt bei der Begutachtung der Notunterkünfte lediglich eine Orientierung an diesen Vorgaben. 4 https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument?Id=MMD16%2F10933|1|0 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13147 3 Im Rahmen des Beschwerdemanagements wurde ein dreistufiges Verfahren für die regulären Erstaufnahme- und Unterbringungseinrichtungen des Landes NRW eingeführt (Dezentrale Beschwerdestellen / Überregionale Koordinierungsstelle beim Flüchtlingsrat NRW/ Runder Tisch beim Staatssekretär des MIK). Die betreiberunabhängigen dezentralen Beschwerdestellen nehmen alle Beschwerden entgegen und dokumentieren diese. Im laufenden Kalenderjahr werden an ca. 80 Erstaufnahme- und Unterbringungseinrichtungen des Landes 143 Personalstellen im Bereich Verfahrensberatung und dezentrale Beschwerdestelle eingerichtet. Zu den Vorwürfen bezüglich Burbach hat das Ministerium für Inneres und Kommunales in der Sitzung des Innenausschusses am 08.09.2016 umfassend mündlich berichtet, zu Olpe mit Bericht vom 26.09.2016 zum TOP „Vorwürfe gegenüber ehem. Leitung der EAE Burbach und ZUE Olpe“ zur Sitzung des Innenausschusses am 29.09.2016 (Vorlage 16/4283). Hinsichtlich der Standards bei der Überprüfung des Sicherheitspersonals wurde bereits mit der Beantwortung der Kleinen Anfrage 5052 (LT-Drs. 16/12718) ausführlich Stellung genommen. 1. Welche Beschwerden/Meldungen von Straftaten wurden seit Februar 2015 im Zusammenhang mit der Unterkunft in Olpe an die Landesregierung oder andere verantwortliche Stellen gerichtet? (Bitte nach Tatzeitpunkt, Tathergang, ggf. Ermittlungsergebnis der Strafverfolgungsbehörden bzw. ggf. strafrechtlicher Ahndung aufschlüsseln) Zur Beantwortung dieser Frage wird auf den Bericht vom 26.09.2016 zum TOP „Vorwürfe gegenüber ehem. Leitung der EAE Burbach und ZUE Olpe“ zur Sitzung des Innenausschusses am 29.09.2016 (Vorlage 16/4283) verwiesen. 2. Welche Beschwerden/Meldungen von Straftaten wurden seit Oktober 2014 in allen Unterkünften an die Landesregierung oder andere verantwortliche Stellen gerichtet ? (Bitte nach Tatzeitpunkt, Tathergang, ggf. Ermittlungsergebnis der Strafverfolgungsbehörden bzw. ggf. strafrechtlicher Ahndung aufschlüsseln) Die Beantwortung dieser Frage ist in der für die Bearbeitung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 3. Welche Konsequenzen/Handlungen zogen/ziehen die in Frage 1 und 2 abgefragten Fälle nach sich? Hierzu wird auf die Antworten zu Frage 1 und 2 verwiesen. 4. Welche Konsequenzen werden die Vorgänge in Olpe nach sich ziehen? (Bitte für die Betreiber, Sicherheitsfirmen und die Bezirksregierung aufschlüsseln) Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13147 4 5. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um für Kontrolle und Transparenz in der nordrhein-westfälischen Flüchtlingsaufnahme zu sorgen? (Bitte für die Bereiche Finanzen, Abrechnungen, Beschwerden, Unterrichtung der Opposition, Hinweisgebertools, Personalkontrolle vor und nach der Einstellung, Qualifizierung und Einhaltung von Leistungsbeschreibungen einzeln aufzählen) Zur Beantwortung dieser Frage wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13147