LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13158 10.10.2016 Datum des Originals: 07.10.2016/Ausgegeben: 13.10.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5121 vom 9. September 2016 der Abgeordneten Dirk Wedel, Dietmar Brockes, Ralph Bombis und Andreas Terhaag FDP Drucksache 16/12900 Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung um der Verschwendung öffentlicher Gelder durch die überlange Verfahrensdauer von Vergabebeschwerden zu begegnen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Gemäß § 155 GWB unterliegt die Vergabe öffentlicher Aufträge der Nachprüfung von Vergabekammern . Für die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge der nordrheinwestfälischen Gebietskörperschaften sind bei Bezirksregierungen Vergabekammern eingerichtet. Für das Verfahren vor den Vergabekammern gilt der Beschleunigungsgrundsatz. Nach § 167 Absatz 1 GWB trifft die Vergabekammer die Entscheidung und begründet diese schriftlich innerhalb einer Frist von fünf Wochen ab Eingang des Antrags. Nur in Ausnahmefällen kann der Vorsitzende bei tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten die Frist durch Mitteilung an die Beteiligten um den erforderlichen Zeitraum, der nicht länger als zwei Wochen sein soll, verlängern. In Nordrhein-Westfalen überschreiten die Verfahrenslaufzeiten der Vergabekammern die gesetzlich vorgeschriebene Verfahrensdauer bereits seit mehreren Jahren in einer Vielzahl von Fällen erheblich, Fristverlängerungen erfolgten 2013/14 je nach Zuständigkeit in 30% bis 98% der Fälle (vgl. Drs. 16/5651, Seite 2; Drs. 16/7944, Seite 3). Zum 1. Januar 2015 trat die Zuständigkeitsverordnung Nachprüfungsverfahren (ZuStVO NpV NRW) in Kraft. Die Landesregierung erhoffte durch eine Neustrukturierung der Vergabekammern im Wege der Zusammenlegung der fünf Vergabekammern auf zwei Bezirksregierungen eine Effizienzsteigerung durch Bündelung der Kompetenzen. Die Vergabekammern Westfalen bei der Bezirksregierung Münster und Rheinland bei der Bezirksregierung Köln verfügen jeweils über mehrere Spruchkörper, wodurch erweiterte Vertretungsregelungen getroffen werden können. Die Landesregierung ging davon aus, dass diese Maßnahmen die Bearbeitung der Nachprüfungsverfahren und dadurch die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Vergabekammern wesentlich fördern (Drs. 16/7944, Seite 2 f.). Die von der Landesregierung in die Neustrukturierung der Vergabekammern gesetzten Erwartungen scheinen sich jedoch nicht zu erfüllen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13158 2 Nach einem Bericht des Kölner Stadt-Anzeigers vom 08.09.2016 steht die Baustelle des Neubaus des Polizeipräsidiums Mönchengladbach still, da die zuständige Vergabekammer Rheinland im Streit um eine Auftragsvergabe für die Klimatechnik des Gebäudes seit über einem Jahr keine Entscheidung treffe. Weil der Fall den gesamten Weiterbau behindere, habe der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes Nordrhein-Westfalen (BLB NRW) als Bauherr vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf eine Klage wegen Untätigkeit gegen die Vergabekammer eingereicht. Bis zu den Problemen bei der Ausschreibung hätten Kosten und Arbeiten im Plan gelegen. Wann es auf der Baustelle wieder vorangehe und wann der Bau fertiggestellt werde, sei laut BLB NRW nicht absehbar. Dies habe zur Folge, dass Mehrkosten in doppelter Hinsicht zu Buche schlagen. Neben den Kosten für das unfertige Polizeipräsidium (beispielsweise Bewachungskosten , Bauzeitzinsen, eventuell Schadensersatzansprüche der anderen Handwerksbetriebe ) entstünden weitere Kosten dadurch, dass das alte Polizeipräsidium derart baufällig sei, dass Notmaßnahmen getroffen werden müssten um den weiteren sicheren Betrieb zu gewährleisten. Die mit über einem Jahr unverhältnismäßig lange Laufzeit des Nachprüfungsverfahrens steht nicht nur in einem krassen Gegensatz zu den Anforderungen des Beschleunigungsgrundsatzes , sondern stellt in ihren finanziellen Auswirkungen eine nicht hinzunehmende Verschwendung von Geldern der öffentlichen Hand dar. Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 5121 mit Schreiben vom 7. Oktober 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Ich stimme den Fragestellern zu, dass die Verfahren bei den Vergabekammern ohne vermeidbare Verzögerungen entschieden werden müssen, so dass für die Beteiligten schnellstmöglich Rechtssicherheit besteht. Die zuständigen Ressorts haben bereits umfangreiche personelle und organisatorische Maßnahmen veranlasst, so dass anhängige Verfahren bei den Vergabeverfahren nun schnellstmöglich abgeschlossen und künftig die gesetzlich vorgesehenen Verfahrensdauern eingehalten werden können. 1. Wie viele Nachprüfungsverfahren sind seit 2014 bei den jeweiligen Vergabekammern anhängig gemacht worden (bitte differenziert nach Bezirksregierungen)? Vgl. Tabelle in Anlage 1. 2. Wie hat sich seit der Neustrukturierung der Vergabekammern jeweils die durchschnittliche Laufzeit der Nachprüfungsverfahren entwickelt (bitte differenziert nach Bezirksregierungen und Spruchkörpern unter Angabe der jeweils durchschnittlichen Anzahl der Frist-verlängerungen)? Vgl. Tabelle in Anlage 1. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13158 3 3. Wie sind die Vergabekammern derzeit tatsächlich personell besetzt (bitte im Vergleich zum Soll differenziert nach Bezirksregierungen in MAK)? Vgl. Tabelle in Anlage 2. 4. In wie vielen Fällen seit 2014 galt der Antrag auf Nachprüfung gemäß § 171 Absatz 2, 2. Halbsatz GWB als abgelehnt, weil die Vergabekammer über den Antrag nicht innerhalb der Frist des § 167 Absatz 1 GWB entschieden hat? Im angefragten Zeitraum – seit 2014 bis heute – ist bei den Vergabekammern NRW kein Fall der sog. „Ablehnungsfiktion“ gemäß § 171 Absatz 2, 2. Halbsatz GWB aufgetreten. 5. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, damit die Vergabekammern bei den Bezirksregierungen in die Lage versetzt werden, Nachprüfungsverfahren innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Verfahrensdauer zu entscheiden? In den letzten Monaten fand zur Arbeit und Dauer der Verfahren vor den Vergabekammern Rheinland und Westfalen ein intensiver Austausch zwischen der Landesregierung, den Bezirksregierungen Köln und Münster sowie mit den Vorsitzenden der Vergabekammern Rheinland und Westfalen statt. Seit Juli 2016 sind alle Stellen der beiden Spruchkörper Köln und Düsseldorf der Vergabekammer Rheinland besetzt. Darüber hinaus hat das MWEIMH auf der Grundlage der „Zuständigkeitsverordnung Nachprüfungsverfahren “ (ZuStVO NpV NRW) am 12. Juli 2016 die Zustimmung dazu erteilt, dass der Spruchkörper Köln bis zum Ende des Jahres den Spruchkörper Düsseldorf entlasten kann. Daher werden seit dem 1. August 2016 alle Neueingänge bei der Vergabekammer Rheinland vom Spruchkörper Köln bearbeitet. Eine flexiblere Vertretung zwischen den Spruchkörpern Köln und Düsseldorf der Vergabekammer Rheinland sollen auch beabsichtigte Neuregelungen in der ZuStVO NpV NRW ermöglichen . Hierzu liegt bereits ein Verordnungsentwurf des MWEIMH vor, der sich derzeit in der Ressortabstimmung befindet und der noch bis Ende des Jahres in Kraft treten soll. Kleine Anfrage 5121 Anlage 1 Drucksache 16/12900 Zu Frage Nr. 1 Wie viele Nachprüfungsverfahren sind seit 2014 bei den jeweiligen Vergabekammern anhängig gemacht worden (bitte differenziert nach Bezirksregierungen)? Vergabekammer Rheinland Westfalen1 Spruchkörper Düsseldorf Spruchkörper Köln 1. Spruchkörper 2. Spruchkörper Anzahl Nachprüfungsverfahren 2014 25 43 512 Anzahl Nachprüfungsverfahren 2015 39 35 45 Anzahl Nachprüfungsverfahren 20163 16 23 35 Zu Frage Nr. 2 Wie hat sich seit der Neustrukturierung der Vergabekammern jeweils die durchschnittliche Laufzeit der Nachprüfungsverfahren entwickelt (bitte differenziert nach Bezirksregierungen und Spruchkörpern unter Angabe der jeweils durchschnittlichen Anzahl der Fristverlängerungen)? Jahr Vergabekammer Rheinland Westfalen Spruchkörper Düsseldorf Spruchkörper Köln 1. Spruchkörper 2. Spruchkörper 2015 durchschnitt. Anzahl der Fristverlängerungen 4,3 3,4 2,4 durchschnitt. Laufzeit der Nachprüfungsverfahren 8,6 Monate 4,3 Monate 2 Monate 20164 durchschnitt. Anzahl der Fristverlängerungen 2 1,7 2 durchschnitt. Laufzeit der Nachprüfungsverfahren 4,25 Monate 2,8 Monate 2 Monate 1 Eine Aufteilung nach Spruchkörpern wird nicht erfasst, weil die eingehenden Nachprüfungsanträge dem jeweiligen Spruchkörper je nach Auslastung zugewiesen werden. 2 Die Anzahl der Nachprüfungsverfahren bezieht sich auf die Gesamtzahl der Vergabekammern Münster, Detmold und Arnsberg. 3 Bis zum 01.08.2016. 4 Zum Stichtag 31.08.2016 Kleine Anfrage 5121 Anlage 2 Drucksache 16/12900 Zu Frage Nr. 3 Wie sind die Vergabekammern derzeit tatsächlich personell besetzt (bitte im Vergleich zum Soll differenziert nach Bezirksregierungen in MAK)? Stellen Soll- Anteil Ist-Anteil Vergabekammer Rheinland Spruchkörper Düsseldorf Vorsitzende 100% 100% 1. Hauptamtlicher Beisitzer 100% 100% 2. Hauptamtlicher Beisitzer 100% 100% Geschäftsstelle 100% 95% Spruchkörper Köln Vorsitzende 100% 91,5% 1. Hauptamtlicher Beisitzer 100% 100% 2. Hauptamtlicher Beisitzer 100% 90% Geschäftsstelle 100% 95% Vergabekammer Westfalen 1. Spruchkörper Vorsitzende 100% 100% 1. Hauptamtlicher Beisitzer 100% 65% Geschäftsstelle 50% 15% 2. Spruchkörper Vorsitzende 100% 100% 1. Hauptamtlicher Beisitzer 100% 100% Geschäftsstelle 50% 15% Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13158