LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13165 11.10.2016 Datum des Originals: 10.10.2016/Ausgegeben: 14.10.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5143 vom 14. September 2016 der Abgeordneten Oliver Bayer und Torsten Sommer PIRATEN Drucksache 16/12954 Leere Versprechen von Bauminister Michael Groschek? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Vergleichsmieten sind rechtsunsicher und streitfällig. Nur ein qualifizierter Mietspiegel bietet einen belastbaren Vergleichspunkt. Daher sind qualifizierte Mietspiegel ein sinnvolles Werkzeug für Mieter und Vermieter. So wären Wohnungsmieten ohne qualifizierten Mietspiegel für Mieter nur schwer vergleichbar. Auch für Vermieter bietet der qualifizierte Mietspiegel, der wissenschaftlichen Standards genügt, eine wichtige Orientierungshilfe. Zudem sind qualifizierte Mietspiegel eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Verankerung lokaler Mietpreisbremsen . Allerdings kostet die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels personelle und finanzielle Mittel , die bei unseren nordrhein-westfälischen Kommunen aufgrund jahrzehntelanger Unterfinanzierung durch Bund und Land kaum noch oder gar nicht mehr vorhanden sind. So lehnte beispielsweise der Rat der Stadt Witten zuletzt einen Antrag auf Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels mit dem Hinweis ab, dass dafür schlichtweg keine Ressourcen vorhanden seien. Bei einem Impulsgespräch „Wohnen in Witten“, zu dem die örtliche SPD Herrn Minister Groschek im Mai dieses Jahres eingeladen hatte, versprach Minister Groschek jedoch, sich persönlich für einen qualifizierten Mietspiegel in Witten stark zu machen. Nach dieser Ankündigung ließ sich der SPD-Minister als „Heimatminister“ von den Teilnehmern der Veranstaltung feiern. Dennoch hat die Stadt Witten bis heute keine Unterstützung erhalten. Im Gegenteil: Auf Nachfrage durch die Stadtverwaltung an das Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr wollte das Bauministerium laut Medienberichten nichts mehr von dem Versprechen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13165 2 seines Ministers wissen. Zwar sei es „sehr an einer Zusammenarbeit mit der Stadt Witten sowie Trägern von Wohnungsbauvorhaben im Hinblick auf ein 'Bündnis für Wohnen' interessiert. Die Finanzierung eines Mietspiegels sei jedoch eher eine Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung .“1 Dabei berücksichtigt das Ministerium offenkundig überhaupt nicht, dass sich viele Kommunen in der so genannten Haushaltssicherung befinden. Die Wittener benötigten also zunächst eine Ausnahmegenehmigung und die Erlaubnis, die zusätzlichen Ausgaben für eine solche freiwillige Aufgabe wie die Erstellung eines Mietspiegels übernehmen zu dürfen. Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage 5143 mit Schreiben vom 10. Oktober 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Der Mietspiegel ist eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete, der für alle Akteure am Wohnungsmarkt eine wertvolle Orientierungshilfe zum Mietniveau geben kann. Die Landesregierung begrüßt es, wenn die Städte und Gemeinden das Instrument des Mietspiegels nutzen. Das Erstellen eines Mietspiegels stellt eine freiwillige Selbstverwaltungsangelegenheit der Gemeinde dar, wobei die Entscheidung, ob ein einfacher oder ein qualifizierter Mietspiegel benötigt wird, allein der Gemeinde obliegt. 1. Wenn die Unterstützung bei der Erstellung eines Mietspiegels – entgegen des Versprechens des Ministers – nicht Aufgabe des Ministeriums ist, sondern eine Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung ist, wie glaubwürdig war dann die Aussage des Bauministers Michael Groschek am 17. Mai in Witten, sich für einen qualifizierten Mietspiegel vor Ort stark zu machen? 2. Wie möchte sich Bauminister Michael Groschek konkret für einen qualifizierten Mietspiegel in Witten einsetzen? Die Fragen 1 und 2 werden wegen des Ortsbezugs zur Stadt Witten zusammen beantwortet. Das Bauministerium unterstützt die Städte und Gemeinden, die für die örtliche Wohnungspolitik ein Handlungskonzept erstellen. Diese Beratung erfolgt auch in Witten. Die Stadt Witten erarbeitet derzeit ein wohnungspolitisches Handlungskonzept. Über die Erstellung eines Mietspiegels wird nach Auskunft der Stadt Witten in den nächsten Wochen erneut beraten. 1 http://www.mvwit.de/de/top/miete/index.php/art_00002573 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13165 3 3. Viele Städte und Kommunen stecken in einer ähnlich desolaten Haushaltssituation wie die Stadt Witten. Wie möchte Bauminister Michael Groschek konkret anderen Kommunen helfen, d.h. gab es andernorts ähnliche Versprechen wie in Witten , einen qualifizierten Mietspiegel vorzulegen? Ein Mietspiegel kann von der Gemeinde oder von den Interessenvertretungen der Vermieter oder Mieter gemeinsam erstellt werden. Sofern in einer Kommune keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, empfiehlt sich eine Zusammenarbeit mit den genannten Interessenverbänden. 4. Falls die Landesregierung überhaupt noch Pläne verfolgen sollte, für eine landesweite Abdeckung mit qualifizierten Mietspiegeln zu sorgen, wie hoch schätzt die Landesregierung dann die Kosten ein, um für alle Kommunen in NRW einen qualifizierten Mietspiegel zu erstellen und regelmäßig auf aktuellen Stand zu halten? Zu den Kosten, die für die Erstellung von Mietspiegeln im Einzelfall entstehen würden, liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. 5. Ist der Unwille des Bauministeriums unsere Kommunen zu unterstützen – insbesondere mit Blick auf die 22 Kommunen in NRW, die bereits eine Mietpreisbremse eingeführt haben – darauf zurückzuführen, dass das Bauministerium die Mietpreisbremse nicht länger als wichtiges Ziel erachtet, weil dafür notwendigerweise auch qualifizierte Mietpreisspiegel vorhanden sein müssten? Die Mietobergrenze nach § 556d BGB bestimmt sich nach der ortsüblichen Vergleichsmiete, wie sie in § 558 Absatz 2 BGB definiert ist. Es bedarf nicht notwendigerweise eines qualifizierten Mietspiegels. Das Gesetz benennt in § 558a BGB neben dem qualifizierten Mietspiegel weitere Möglichkeiten, die ortsübliche Vergleichsmiete zu bestimmen. Die Bezahlbarkeit von Wohnraum ist der Landesregierung ein wichtiges Anliegen. Daher hat die Landesregierung nicht nur die Mietpreisbegrenzungsverordnung erlassen, sondern unterstützt alle Anstrengungen, um eine Vergrößerung des Wohnraumangebots besonders in den Ballungszentren zu erreichen. Im März 2013 wurde das „Bündnis für Wohnen“ mit den maßgeblichen Akteuren der Wohnungs- und Bauwirtschaft ins Leben gerufen, um gemeinsam die erforderlichen Schritte zu planen und einzuleiten. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13165