LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13167 11.10.2016 Datum des Originals: 10.10.2016/Ausgegeben: 14.10.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5154 vom 15. September 2016 der Abgeordneten Claudia Middendorf, Robert Stein und Daniel Sieveke CDU Drucksache 16/12985 Rundschreiben des Finanzministers – ein Schreiben mit (Ärger)Potenzial Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit August werden immer mehr Steuerbescheide mit einem Anschreiben versendet. "Steuern machen keinen Spaß, aber Sinn“ so beginnt ein unterschriebener Rundbrief mit Porträt des nordrhein-westfälischen Finanzministers Walter-Borjans, der immer mehr Steuerzahler erreicht . „Mit Ihrer Einkommensteuer unterstützen Sie viele sinnvolle öffentliche Leistungen wie die Betreuung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen, die Erhaltung des Straßennetzes und die Gewährleistung der inneren Sicherheit durch die Polizei. Herzlichen Dank dafür, dass Sie Ihren Beitrag zur Finanzierung unseres Gemeinwesens leisten. So kosten beispielsweise ein Kita-Platz 830 Euro im Monat, ein Kilometer Landesstraße 4,3 Millionen Euro und ein neuer Funkstreifenwagen der Polizei 35.000 Euro.", so der Brief des Finanzministers weiter. Diese Ausgaben genießen eine hohe Akzeptanz in der Gesellschaft und sind deshalb auch in dem Schreiben aufgeführt worden. Aber genau diese einseitige Darstellung führt auch zu Irritationen. Steuergelder werden nicht nur für sinnvolle Projekte eingesetzt. Es gibt immer noch ineffiziente Strukturen, für welche immense Steuergelder aufgewendet werden. Ein weiterer Beleg sind die jährlichen Berichte des Landesrechnungshofes. Hiervon ist in dem Schreiben nicht die Rede. Auch wenn sich der Finanzminister herzlich für die gesamte Einkommensteuer bedankt, verschweigt er, dass für das Land Nordrhein-Westfalen lediglich ein Anteil von 42,5 % bestimmt ist. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13167 2 Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 5154 mit Schreiben vom 10. Oktober 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Aufgabe der Finanzverwaltung ist es, die Einnahmen zu sichern, mit denen unser Gemeinwesen unterhalten wird. Zu einem zeitgemäßen Verständnis gehört aber auch, den Bürgerinnen und Bürgern nicht mit obrigkeitsstaatlicher Attitüde zu begegnen. Bürgerorientierung bedeutet auch, zu vermitteln, dass Steuern Sinn machen. Deshalb wende ich mich mit einem persönlichen Schreiben an die Bürgerinnen und Bürger. In anderen Staaten ist es üblich, beispielhaft darzustellen, wofür die vereinnahmten Steuern verwendet werden. Zu diesem Zweck ist keine tiefe Differenzierung der Verteilung von Steuereinnahmen erforderlich . Unabhängig davon, ob die erhobene Einkommensteuer beim Land Nordrhein-Westfalen verbleibt, oder ob sie auf der Grundlage des bundesstaatlichen Finanzausgleichs an die Kommunen oder den Bund weitergeleitet wird, ist und bleibt sie wesentlicher und unverzichtbarer Teil der Finanzierung unseres Gemeinwesens. Die an den Bund weitergeleiteten Steuern werden ebenfalls für unser Gemeinwesen verwendet und dienen der Finanzierung der auf Bundesebene wahrzunehmenden staatlichen Aufgaben . Auf diesem Weg kommt auch dieser Teil der Einkommensteuer allen - auch den nordrhein -westfälischen - Bürgerinnen und Bürgern zu Gute. Das gilt erst Recht für die Anteile an der Einkommensteuer, die den Kommunen unseres Landes zustehen. Die in der Kleinen Anfrage vorgenommene Einschränkung auf den Landesanteil an der Einkommensteuer halte ich deshalb für zu kurz gegriffen. Die Zweckmäßigkeit der in dem Anschreiben beispielhaft aufgeführten Maßnahmen dürfte unstrittig sein. Im Übrigen ist mir bewusst, dass in einer pluralen Gesellschaft die Frage nach einer möglichst effizienten Verwendung der Steuermittel kontrovers diskutiert wird. Es müsste eigentlich im Sinne aller demokratischen Kräfte sein, den Bürgerinnen und Bürgern zu vermitteln , dass jährliche Steuereinnahmen von rund 700 Mrd. Euro auf allen Ebenen - in Deutschland wie in kaum einem anderen Staat von Rechnungshöfen sehr genau kontrolliert - eingesetzt werden. Dass zweifellos inakzeptable Fehlverwendungen in Deutschland öffentlich so breit diskutiert werden, liegt auch an der hohen Kontrolldichte. In unserem gemeinsamen Sinn sollte es also sein, dem Eindruck entgegenzuwirken, dass „Verschwendung“ quasi der Normalfall des Umgangs mit Steuermitteln sei. Mehrheitlich gefasste Beschlüsse führen nicht schon deshalb zu einem objektiven Fehleinsatz von Steuergeldern, nur weil man als Minderheit andere Vorstellungen von der Mittelverwendung hätte. 1. Wie viele Rundschreiben sind bisher versendet worden? 2. An welchen abstrakten Empfängerkreis sind diese gerichtet? Das Begleitschreiben wird seit Anfang August 2016 zusammen mit Einkommensteuerbescheiden versandt, LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13167 3 in denen es sich um eine erstmalige Steuerfestsetzung handelt (ausgenommen Einkommensteuerbescheide , die auf einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen beruhen), mit denen eine Einkommensteuerzahlung festgesetzt wird und die an den Steuerpflichtigen selbst bekannt gegeben werden. Bis zum 30. September 2016 wurden rund 608.000 Begleitschreiben versandt. 3. Wird der Empfängerkreis des Rundschreibens bis Mai 2017 noch ausgeweitet? Eine Ausweitung des Empfängerkreises ist nicht vorgesehen. 4. Ist dem Finanzminister bekannt, dass das Land Nordrhein-Westfalen insgesamt seit 1973 rd. 136 Milliarden Euro an Zinsausgaben am Kreditmarkt bezahlt hat? Ja. 5. Ist dem Finanzminister bekannt, dass dem Land Nordrhein-Westfalen lediglich ein Anteil von 42,5 % in der vertikalen Steuerverteilung an der Einkommensteuer zusteht ? Ja. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13167