LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13190 14.10.2016 Datum des Originals: 12.10.2016/Ausgegeben: 19.10.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5140 vom 15. September 2016 der Abgeordneten Marcel Hafke und Dr. Björn Kerbein FDP Drucksache 16/12951 Warum erhalten die Eltern von vorzeitig eingeschulten „Kann-Kindern“ keinen vollumfänglichen Anspruch auf die Elternbeitragsfreiheit des letzten Kindergartenjahres? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In § 23 Absatz 3 Satz 2 des Kinderbildungsgesetzes Nordrhein-Westfalen (Kibiz) ist verankert, dass für sogenannte „Kann-Kinder“, die vorzeitig eingeschult werden, nicht das komplette letzte Kindergartenjahr, sondern lediglich die letzten acht Monate beitragsfrei sind. Auch aus der Gesetzesbegründung des Gesetzes zur Änderung des Kinderbildungsgesetzes und weiterer Gesetze vom 17. Juni 2014 zu § 23 Absatz 3 Satz 2 geht hervor, dass es den Kommunen frei steht, ob sie für die verbliebenen vier Monate des letzten Kindergartenjahres Beiträge erheben oder nicht. Die Eltern von Kann-Kindern, die eher eingeschult werden, werden bei der Elternbeitragsfreiheit im letzten Kindergartenjahr dadurch ungleich behandelt. Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 5140 mit Schreiben vom 12. Oktober 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung hat die Elternbeitragsfreiheit für das letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung 2011 vor allem zur Entlastung junger Familien eingeführt und von Anfang an dabei zwischen Kindern, die schulpflichtig eingeschult werden und Kindern, die vorzeitig in die Schule aufgenommen werden, unterschieden. Für Kinder, die vorzeitig in die Schule aufgenommen werden (sog. „Kann-Kinder“), ist die Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertageseinrichtungen oder Kindertagespflege gemäß § 23 Absatz 3 Kinderbildungsgesetz ab dem 1. Dezember für maximal 12 Monate beitragsfrei. Das Datum 1. Dezember knüpft an die Verordnung über den Bildungsgang in der Grundschule (Ausbildungsordnung Grundschule – AO – GS) an, wonach Kinder, die zum 1. August in die Schule gehen sollen, von ihren Eltern bis spätestens zum 15. November des Vorjahres bei der gewünschten Schule angemeldet werden müssen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13190 2 1. Wie viele Familien in Nordrhein-Westfalen sind von der Regelung des § 23 Absatz 3 Satz 2 betroffen und hatten nur Anspruch auf acht statt zwölf Monate Elternbeitragsfreiheit (bitte seit in Krafttreten der Elternbeitragsfreiheit für jedes Kindergartenjahr einzeln aufschlüsseln)? Nach den amtlichen Schuldaten haben in den Schuljahren 2012: 4.413 Kinder 2013: 4.001 Kinder 2014: 3.412 Kinder und 2015: 4.292 Kinder das sechste Lebensjahr nach dem Stichtag (30.09.) vollendet und wurden somit vorzeitig eingeschult (s. Bildungsportal des Landes Nordrhein-Westfalen „Das Schulwesen in NRW aus quantitativer Sicht“). Unterstellt, dass diese nach § 35 Absatz 2 Schulgesetz NRW vorzeitig eingeschulten Kinder in dem der Einschulung vorausgegangenen Jahr eine öffentlich geförderte Kindertageseinrichtung in Nordrhein-Westfalen besucht haben und gemäß § 23 Absatz 3 KiBiz in diesem Kindergartenjahr beitragsfrei gestellt waren, konnte -ohne Berücksichtigung von Mehrlingen- jeweils eine den o.g. Kinderzahlen entsprechende Anzahl von Familien von der zum 1. August 2011 in Kraft getretenen Elternbeitragsfreiheit gemäß § 23 Absatz 3 Satz 2 KiBiz profitieren. Amtliche Schuldaten zum am 1. August 2016 begonnenen Schuljahr liegen noch nicht vor. 2. Inwieweit ist die achtmonatige Elternbeitragsfreiheit der vorzeitig eingeschulten „Kann-Kinder“ im Ausgleich für die Elternbeitragsfreiheit gemäß § 23 Absatz 3 berücksichtigt ? Der Belastungsausgleich, den die Kommunen zur Entlastung für das elternbeitragsfreie letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung erhalten, berücksichtigt alle für die Elternbeitragsfreiheit relevanten Faktoren in pauschalierter Form. Dies entspricht den gesetzlichen Vorgaben gemäß Artikel 78 Absatz 3 Satz 2 und 3 der Landesverfassung i. V. m. § 1 Absatz 1 des Konnexitätsausführungsgesetzes . Die getroffene Ausgleichsregelung ist das Ergebnis der Konnexitätsgespräche mit den Kommunalen Spitzenverbänden unter Einbeziehung aller zu berücksichtigenden Faktoren. 3. Wie viele Mittel stellt das Land für den Ausgleich der Elternbeitragsfreiheit von vorzeitig eingeschulten „Kann-Kindern“ zur Verfügung? Im Haushaltsjahr 2016 stellt das Land insgesamt 162.540.900 Euro für den Ausgleich der Elternbeitragsfreiheit zur Verfügung. Hierin ist pauschaliert der Belastungsausgleich für alle in diesem Kalenderjahr aufgrund der Befreiung entfallenen Elternbeiträge enthalten, das heißt, auch für entfallene Elternbeiträge bei sogenannten „Kann-Kindern“ (§ 23 Absatz 3 Satz 2 KiBiz) ebenso wie für den Ausgleich bei nach § 35 Absatz 3 Schulgesetz NRW zurückgestellten Kinder , die ausnahmsweise zwei Jahre beitragsfrei gestellt werden (§ 23 Absatz 3 Satz 3 KiBiz). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13190 3 4. Wie viele Kommunen haben die verbliebenen nicht-beitragsfreien vier Monate des letzten Kindergartenjahres von vorzeitig eingeschulten „Kann-Kindern“ freiwillig beitragsfrei ausgestaltet? Daten zur Anzahl der Kommunen, die die verbliebenen, landesgesetzlich nicht beitragsfrei gestellten vier Monate des letzten Kindergartenjahres von vorzeitig eingeschulten Kindern freiwillig beitragsfrei stellen, liegen der Landesregierung nicht vor, da die Elternbeitragsfestsetzung und -erhebung seit dem Jahr 2006 kommunale Angelegenheit ist. 5. Wie rechtfertigt die Landesregierung die Ungleichbehandlung der Eltern von vorzeitig eingeschulten „Kann-Kindern“, die sich aus § 23 Absatz 3 Satz 2 ergibt? Mit der Regelung werden Sachverhalte ungleich behandelt, die ungleich sind. Wenn die Elternbeitragsfreiheit nach § 23 Absatz 3 KiBiz für „Kann-Kinder“ in der Regel nur acht Monate umfasst, so liegt darin keine Schlechterstellung gegenüber Familien deren Kinder schulpflichtig eingeschult werden, denn Eltern von „Kann-Kindern“ nehmen die Beitragsfreiheit früher in Anspruch als dies der Regelfall vorsieht. Die Verweildauer von „Kann-Kindern“ in der Kindertageseinrichtung ist in der Regel kürzer als bei Kindern, die erst regelhaft schulpflichtig eingeschult werden. Damit haben Eltern von „Kann-Kindern“ in der Regel eine kürzere Elternbeitragszeit . Die unterschiedliche finanzielle Belastung der Eltern wird deutlich, wenn man zwei Familien vergleicht, in denen die Kinder am selben Tag Geburtstag haben und am selben Tag in den Kindergarten kommen, von denen aber eines schulpflichtig und eines vorzeitig, und damit ein Jahr früher, eingeschult wird. Dementsprechend hat auch das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden, dass die Regelung des § 23 Absatz 3 Satz 2 KiBiz mit seiner regelmäßigen Verkürzung der Beitragsfreiheit für sogenannte „Kann-Kinder“ nicht gegen Artikel 3 Grundgesetz oder sonstiges höherrangiges Recht verstößt (OVG Münster vom 25.02.2013 Az. 12 A 2912/12). Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13190