LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13239 24.01.2016 Datum des Originals: 21.01.2016/Ausgegeben: 27.10.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5155 vom 22. September 2016 der Abgeordneten Marcel Hafke und Dr. Björn Kerbein FDP Drucksache 16/12990 Wie sind Geschwisterkindermäßigungen bei Kindern, die nicht am Wohnsitz betreut werden, auszulegen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Für Kinder, die in einer Kindertageseinrichtung außerhalb des Wohnsitzes betreut werden, erfolgt gemäß § 21d Absatz 1 Kinderbildungsgesetz (Kibiz) die Kostenerhebung für die Elternbeiträge durch das Jugendamt des Wohnsitzes. In § 23 Absatz 5 Kibiz ist geregelt, dass die Kommunen bei der Erhebung von Elternbeiträgen auch ermäßigte Beiträge oder die Beitragsfreiheit für Geschwisterkinder erlassen können. Dass die Kommunen bei der Entscheidung, für welche Eltern die Geschwisterkindermäßigungen gelten, nicht willkürlich vorgehen können, wurde dabei jüngst durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW vom 7. Juni 2016 bekräftigt – demnach sind auch Geschwisterkinder, für die bereits die Elternbeitragsfreiheit des letzten Kindergartenjahres gilt, bei Geschwisterkindermäßigungen unbedingt zu berücksichtigen . In einigen Elternbeitragssatzungen (beispielsweise in Wuppertal) ist geregelt, dass Geschwisterkindermäßigungen nur für Kinder gelten, die auch in einer Kita am Wohnsitz der Eltern betreut werden, nicht jedoch, wenn das Kind interkommunal betreut wird. Die betroffenen Eltern müssen dadurch im Gegensatz zu anderen Eltern in der Kommune Elternbeiträge für Geschwisterkinder zahlen. Dies wirft die Frage auf, ob diese Ungleichbehandlung, die sich mittelbar aus § 21d Kibiz ergibt, von der Landesregierung so gewünscht wird. Ferner geht aus der Stellungnahme 16/4169 des Jugendamtes Bochum zum Antrag „Auch betriebliche Kindertageseinrichtungen sind förderungswürdig!“ der FDP-Landtagsfraktion und der CDU-Landtagsfraktion hervor, dass der interkommunale Kostenausgleich nach § 21d Kibiz nicht geregelt sei. Insbesondere im dichtbesiedelten Ruhrgebiet gäbe es bei der Umsetzung keinen Konsens. Dies wirft die Frage auf, ob der Landesregierung derartige Probleme mit der Handhabung des § 21d Kibiz bekannt sind und welche Maßnahmen ergriffen wurden, um entsprechende Klarheit zu schaffen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13239 2 Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 5155 mit Schreiben vom 21. Oktober 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Nach § 23 Abs. 1 des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) kann das Jugendamt für die Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertagesein-richtungen oder in der Kindertagespflege Elternbeiträge nach § 90 Abs. 1 SGB VIII festsetzen. Auf Grund dieser Regelung ist es allein Aufgabe des Jugendamtes, die Elternbeiträge für die Nutzung der Angebote von Kindertageseinrichtungen im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung auszugestalten und zu erheben. Damit entscheidet die Kommune nicht nur, in welcher Höhe Elternbeiträge erhoben werden, sondern auch, welche Bemessungsgrundlage für die Beitragshöhe Anwendung findet. Die damalige Landesregierung hat die bis zum Jahre 2006 landeseinheitlich geltenden Elternbeiträge aufgegeben. Sie hat bewusst in Kauf genommen, dass unterschiedlichste Beitragshöhen und Bemessungsgrundlagen gelten und eine große Bandbreite hinsichtlich der Elternbeiträge vorhanden ist. Dies gilt auch für die Regelungen hinsichtlich der Erhebung von Elternbeiträgen für Geschwisterkinder. Vor dem Hintergrund der geltenden gesetzlichen Regelungen ist die damalige Entscheidung nicht mehr ohne weiteres rückholbar. 1. Müssen Kommunen, die sich für eine Geschwisterkindermäßigung in ihrer Beitragssatzung entschieden haben, diese Regelung auch anwenden, wenn eines oder mehrere der Geschwisterkinder außerhalb des Wohnsitzes betreut werden (bitte auch auf den Spezialfall eingehen, wenn eines der Kinder sich im letzten Kindergartenjahr befindet und deshalb keine Elternbeiträge zu leisten sind)? 2. Ist es von der Landesregierung gewünscht, dass Geschwisterkindermäßigungen entfallen, wenn eines oder mehrere der Geschwisterkinder außerhalb des Wohnsitzes betreut werden (bitte auch auf den Spezialfall eingehen, wenn eines der Kinder sich im letzten Kindergartenjahr befindet und deshalb keine Beiträge zu leisten sind)? 3. Erachtet die Landesregierung Elternbeitragssatzungen, die Geschwisterkindermäßigungen vorsehen, die jedoch nur für die Kinder gelten, die am Wohnsitz betreut werden, für vereinbar mit den Regelungen des Kinderbildungsgesetzes? 4. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, damit Geschwisterkindermäßigungen auch zwingend die Kinder mitumfasst, die außerhalb des Wohnsitzes betreut werden? Für die Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertageseinrichtungen oder Kindertagespflege kann das Jugendamt wie in der Vorbemerkung ausgeführt nach § 23 Absatz 5 KiBiz ermäßigte Beiträge oder eine Beitragsfreiheit für Geschwisterkinder vorsehen. Bestehen Geschwisterregelungen , sind Kinder, deren Tagesbetreuung nach § 23 Absatz 3 KiBiz elternbeitragsfrei ist, so zu berücksichtigen, als ob für sie ein Elternbeitrag zu leisten wäre. Die Festsetzung und Erhebung von Elternbeiträgen richtet sich ausschließlich nach kommunalem Satzungsrecht. Dies gilt auch für die Entscheidung, ob eine Beitragsreduzierung oder Beitragsfreiheit für Geschwisterkinder vorgesehen wird. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13239 3 Werden Kinder in einer Kindertageseinrichtung betreut, die nicht im Jugendamtsbezirk des Wohnsitzes des Kindes gelegen ist, so kann das Jugendamt der aufnehmenden Kommune nach § 21 d Absatz 1 KiBiz einen Kostenausgleich von dem Jugendamt des Wohnsitzes verlangen . Ob ein interkommunaler Ausgleich stattfindet, entscheiden die beteiligten Kommunen eigenständig. Findet ein interkommunaler Ausgleich statt, erfolgt die Beitragserhebung gemäß § 21d Absatz 1 Satz 2 KiBiz durch die Wohnsitzkommune. Maßgebend ist dann die entsprechende Beitragssatzung der Wohnsitzkommune. In den Fällen, in denen der Ausgleich nicht stattfindet, wird in der Regel die Beitragssatzung der aufnehmenden Kommune einschlägig sein. Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung keine rechtliche Möglichkeit, auf die Ausgestaltung der unterschiedlichen kommunalen Beitragssatzungen Einfluss zu nehmen. 5. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um die offensichtlich bei den Kommunen bestehenden Unklarheiten bezüglich der Umsetzung des §21d KiBiz zu beseitigen? In der Stellungnahme des Jugendamtes der Stadt Bochum zum Antrag „Auch betriebliche Kindertageseinrichtungen sind förderungswürdig“ wird darauf hingewiesen, dass es im Ruhrgebiet grundsätzlich möglich sei, dass Kinder aus anderen Städten eine [Betriebs]-Kita besuchen könnten, wenn der interkommunale Kostenausgleich nach § 21 d KiBiz geregelt sei. Häufig sei dies jedoch nicht der Fall. Insbesondere im Ruhrgebiet gebe es hier zwischen den Kommunen noch keinen Konsens. Sollten in Einzelfällen Unklarheiten auf kommunaler Ebene bestehen, würde die Landesregierung auf Nachfrage einzelfallbezogene Auskünfte erteilen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13239