LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13273 27.10.2016 Datum des Originals: 27.10.2016/Ausgegeben: 02.11.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5176 vom 27. September 2016 der Abgeordneten Serap Güler CDU Drucksache 16/13055 Bei Anruf Denunziation - Was tut die Landesregierung dagegen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 22.09.2016 berichtete der WDR auf seiner Internetseite von einer Hotline der türkischen Tageszeitung „SABAH“, in der türkische Mitbürger gebeten werden, Gülen Anhänger zu denunzieren . Es heißt dort: Melden Sie sich, wenn Sie Opfer des FETÖ geworden sind. Wir berichten über ihre Geschichte. FETÖ steht für Fetullahistische Terrororganisation; ein Begriff der von der türkischen Regierung geprägt wurde. http://www1.wdr.de/nachrichten/aufruf-hotline-denunziation-100.html Die Hotline ist über eine Frankfurter Nummer, eine türkische WhatsApp-Nummer und auch per E-Mail zu erreichen. Auch auf der Internetseite der als regierungsnah geltenden türkischen Zeitung SABAH prangt der Aufruf auf der ersten Seite (www.sabah.de). Der türkische Staatspräsident Erdogan macht Fetullah Gülen für den Putschversuch im Juli des Jahres verantwortlich. Seither wurden Angriffe auf Gülen-nahe Institutionen in Deutschland verzeichnet. Der neuerliche Aufruf zur Denunziation kommt einer Volksverhetzung der hier lebenden Gülen-nahen Mitbürger gleich. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5176 mit Schreiben vom 27. Oktober 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bundesangelegenheiten , Europa und Medien und Chef der Staatskanzlei, dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und dem Justizminister beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13273 2 1. Was gedenkt die Landesregierung gegen diese Hotline zu tun? In den in Nordrhein-Westfalen bekannt gewordenen Fällen, darunter auch die Hotline der Zeitung „SABAH“, haben die zuständigen Staatsanwaltschaften bislang im bloßen Betreiben einer Hotline keinerlei strafrechtliche Relevanz erkannt. In Einzelfällen könnten Inhalte dort eingehender Hinweise gleichwohl einen Straftatbestand erfüllen, z. B. den der Beleidigung oder Verleumdung. Werden den Strafverfolgungsbehörden in diesem Zusammenhang Straftaten bekannt, werden konsequent alle rechtlich möglichen Maßnahmen ausgeschöpft, um die Straftat zu verfolgen und aufzuklären. 2. Gibt es Maßnahmen der Landesregierung, derartige innertürkische Konflikte in Deutschland einzudämmen? Die Landesregierung führt auf allen Ebenen einen stetigen Dialog mit türkischen Verbänden und Organisationen, in dem auch innertürkische Konflikte und deren Auswirkungen auf das Zusammenleben in Deutschland angesprochen werden. Bereits am 16.07.2016 wurden polizeiliche Schutzmaßnahmen eingeleitet und die Kreispolizeibehörden darum gebeten, an türkischen Objekten sowie der Gülen-Bewegung nahestehenden Objekten nach Lagebeurteilung Maßnahmen zur Verhinderung oder Abwehr von Angriffen gegen gefährdete Objekte durchzuführen. Teilweise dauern diese Schutzmaßnahmen in unterschiedlicher Intensität noch an. Neben der Durchführung von Schutzmaßnahmen sind verstärkte Aufklärung, Gefährdetenansprachen und lagebezogene Informationen für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte probate Mittel zur Verhütung von Straftaten oder deren Aufklärung . Alle diese Maßnahmen wurden veranlasst. Grundrechtlich geschützte Versammlungen und Meinungsäußerungen im Zusammenhang mit innertürkischen Konflikten haben in verschiedenen Bundesländern stattgefunden, auch in NRW. Die Polizei stellt u. a. durch Auflagen und Präsenz einen friedlichen Verlauf sicher. Liegen Hinweise auf geplante Straftaten vor, erfolgen im Einzelfall Gefährderansprachen. Bekannt gewordene Straftaten werden konsequent verfolgt. 3. Sind der Landesregierung ähnliche Fälle wie der o. g. Denunzianten-Hotline bekannt ? Bereits mit der Antwort auf die Kleine Anfrage 5020 (LT-Drs. 16/12878) hat die Landesregierung mitgeteilt, welche Fälle von Anfeindungen und Boykottaufrufen ihr bzgl. Anhängern der Gülen-Bewegung polizeilich bekannt geworden sind. Darunter befand sich auch der Hinweis auf türkische Kontaktnummern, unter denen Anhänger der Gülen-Bewegung gemeldet werden können. Ergänzend sind der Landesregierung seitdem die folgenden Fälle mit einem „Hotline-Bezug“ bekannt geworden: 19.07.2016, Remscheid In einer Remscheider Facebook-Gruppe wird dazu aufgerufen, dass die Einrichtungen, Finanzquellen und Unterstützer von Gülen-Anhängern im In- und Ausland bei türkischen Regierungsbehörden angezeigt werden sollen. 29.07.2016, Duisburg Ein Gülen-Anhänger wird über Facebook geoutet. Der Verfasser ruft dazu auf, alle Gülen- Anhänger zu melden und führt dazu Kontaktnummern der türkischen Regierung mit auf. Nach der Veröffentlichung wurde der Geoutete durch fünf Personen via Facebook bedroht. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13273 3 02.09.2016, Ahlen Zwei Ahlener Bürger erhalten identische Briefe, in denen sie aufgefordert werden, sich innerhalb einer Woche über die sozialen Medien oder an ihrer Arbeitsstätte "zum Land oder zur Gülen-Bewegung" zu bekennen. Der Verfasser der Briefe kündigt an, sich ansonsten über den Adressaten zu beschweren oder die Betroffenen zu outen. 4. War der Landesregierung dieser konkrete Fall vor dem Bericht des WDR bekannt? Der im TV-Beitrag dargestellte Sachverhalt (Facebook-Aufruf) aus Remscheid (vgl. die Antwort auf die Frage 3) ist im Rahmen einer im Juli gestellten Strafanzeige bekannt geworden. Bezüge zur Hotline der Zeitung „SABAH“ ergaben sich im Kontext der Anzeigenaufnahme und der Ermittlungen nicht. 5. Hat die Landesregierung nach Bekanntwerden dieser Hotline Kontakt mit der Redaktion der SABAH aufgenommen? „SABAH“ ist eine Tageszeitung mit Sitz in Frankfurt und damit außerhalb des Zuständigkeitsgebiets nordrhein-westfälischer Behörden. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13273