LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13354 03.11.2016 Datum des Originals: 03.11.2016/Ausgegeben: 08.11.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5189 vom 29. September 2016 der Abgeordneten Kirstin Korte CDU Drucksache 16/13084 Wie schnell sind Rettungswagen beim Patienten? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Fall des Falles kann es um Sekunden gehen. Es ist daher mehr als wichtig, dass ein Rettungswagen möglichst schnell ankommt. 8 Minuten sind die Zeitspanne, die ein Rettungswagen in Nordrhein-Westfalen brauchen darf um beim Notfallpatienten anzukommen. In dünnbesiedelten Gebieten werden 12 Minuten veranschlagt. Die Anrückzeit nennt sich Hilfsfrist; sie wird den Rettungsdiensten von den Gesundheitsministerien auf Länderebene empfohlen. Der Notfall-Bedarfsplan wird von den Rettungsdiensten in Nordrhein-Westfalen im 5-Jahres- Rhythmus erstellt. Darin wird die vergangene Arbeit resümiert und geprüft, ob etwas verändert werden muss um die oben zitierte Hilfsfrist einzuhalten. Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 5189 mit Schreiben vom 3. November 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Der Rettungsdienst in Nordrhein-Westfalen zeichnet sich durch einen hohen Versorgungsstandard aus und hat mit der jüngsten Novelle des Rettungsgesetzes den qualitativen Anspruch beispielsweise mit der Einführung der Ärztlichen Leitung Rettungsdienst nochmals deutlich herausgestellt. Eintreffzeiten für die Notfallrettung sind allerdings weder in dieser Novelle noch in den vorangegangenen Fassungen des Rettungsgesetzes Nordrhein- Westfalen rechtsverbindlich festgelegt worden, da eine gesetzliche Fixierung als zu starr erachtet wurde. Dies bedeutet jedoch keine Beliebigkeit im Umgang mit den Eintreffzeiten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13354 2 Die Kreise und kreisfreien Städte sind als Träger des Rettungsdienstes gesetzlich verpflichtet, die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung (inkl. der notärztlichen Versorgung) und des Krankentransportes sicherzustellen. Gleichzeitig sind die Träger des Rettungsdienstes gesetzlich zur Wirtschaftlichkeit verpflichtet. Zur Abbildung der hieraus zu treffenden Planungen stellen die Kreise und kreisfreien Städte Bedarfspläne auf, in denen insbesondere die Anzahl und die Standorte der Rettungswachen sowie – neben weiteren Qualitätsanforderungen und Vorkehrungen für Schadensereignisse mit vielen Verletzten oder Erkrankten – die Anzahl der Rettungsmittel abzubilden sind. Die Empfehlungen des Expertengremiums zum Thema Hilfsfristen – einer seinerzeitigen Arbeitsgruppe des Landesfachbeirates für den Rettungsdienst (§ 15 RettG NRW), bestehend aus ärztlichen Vertreterinnen und Vertretern, einer Vertretung der Krankenkassen und der Kommunalen Spitzenverbände - sehen eine planerische Hilfsfrist für den städtischen Bereich von 8 Minuten vor, für ländliche Bereiche von 12 Minuten. Innerhalb dieser Zeitspanne soll das erste geeignete Rettungsmittel am Einsatzort eintreffen. Diese Empfehlungen sind eine planerische Größe zur Festlegung der Standorte von Rettungswachen und den Zuschnitt der jeweiligen Versorgungsbereiche. Wichtig für das Verständnis ist es, dass für die Bedarfsplanungen der Kreise und kreisfreien Städte die Empfehlungen zur Hilfsfrist nur einen (rechnerischen) Faktor darstellen. Darüber hinaus gibt es in der hochkomplexen Materie der Bedarfsplanung eine Vielzahl weiterer Faktoren, die in die Planungen einfließen. Als Beispiele seien hier genannt: Ggf. räumliche Einsatzschwerpunkte Industrie- oder Gewerbegebietsstrukturen Siedlungsstruktur Verkehrsinfrastruktur (Bundesautobahnen, Landstraßen, Bahn-trassen, Flughäfen, o.ä.) Medizinische Infrastruktur (Kliniken, Arztpraxen, Reha-Zentren, Pflegeeinrichtungen, etc.) Sport- und Freizeitangebot (Freizeitparks, Sportevents, o.ä.) Temporäre Effekte auf Bevölkerungsdichte (Urlaubsregion, Pendler, o.ä.). Die exemplarisch aufgeführten Faktoren sind dynamisch, so dass die Bedarfsplanungen in regelmäßigen Abständen angepasst werden (in Nordrhein-Westfalen spätestens alle fünf Jahre). Der Rettungsdienst stellt eine Teilkomponente der ambulanten (Notfall-)Versorgung dar, welche nicht losgelöst von der übrigen medizinischen Infrastruktur betrachtet werden kann. Veränderungen in diesem Bereich haben in der Regel auch direkte Auswirkungen auf den Rettungsdienst. Die Erstellung oder Anpassung der Bedarfspläne stellt aufgrund der hohen Komplexität einen längerfristigen Prozess dar, an welchem alle Beteiligten (Träger des Rettungsdienstes, Kostenträger und weitere Beteiligte) mit hohem Engagement mitwirken. 1. Ist eine Verlängerung der Hilfsfrist für die Rettungsdienste in Nordrhein-Westfalen geplant? Aktuell ist keine Veränderung der Empfehlungen zu den Hilfsfristen geplant. 2. Welche Hilfsfristen gelten in den anderen Bundesländern? Nach den vorliegenden Informationen und Rückmeldungen der Länder zu einer entsprechenden Umfrage liegt die Hilfsfrist – wenn entsprechende Parameter festgelegt oder LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13354 3 empfohlen wurden – zwischen 10 bis 15 Minuten. Nordrhein-Westfalen liegt hierbei mit den Empfehlungen von 8 bzw. 12 Minuten im städtischen bzw. ländlichen Bereich mit der planerisch kürzesten Hilfsfrist im vorderen Bereich. Die vorgesehenen Erreichungsgrade liegen zwischen 90 - 95 %. 3. In welchen Städten / Gemeinden / Kreise Nordrhein-Westfalens werden 8 bzw. 12 Minuten Hilfsfrist veranschlagt? Nach den vorliegenden Informationen wird in allen Kreisen und kreisfreien Städten mit den Empfehlungen zu den Hilfsfristen gearbeitet. Hierbei finden sich in einigen Städten und Kreisen auch Mischberechnungen, so dass im Kernbereich jeweils 8 Minuten veranschlagt werden, in den weitläufigeren Randbereichen 12 Minuten, ebenso wie in Flächenkreisen. Zwei kreisfreie Städte planen derzeit mit 10 Minuten Hilfsfrist, bei einer ist in der derzeit laufenden Bedarfsplanüberarbeitung jedoch wieder mit 8 Minuten kalkuliert worden. 4. Mit welcher Quote wurde die Hilfsfrist in den Städten / Gemeinden / Kreise Nordrhein-Westfalens im Jahr 2015 erfüllt? Unter Verweis auf die Vorbemerkung liefert der statistische Wert des Erreichungsgrades nur einen Faktor zur Überprüfung und/oder Anpassung der Bedarfsplanung. Für die qualitative Beurteilung kommt es wiederum auf begleitende Faktoren an, wie die Art der Einsätze oder die Gleichzeitigkeit von Einsätzen (parallel stattfindende Einsätze im selben Einsatzbereich). Der Erreichungsgrad muss daher immer im Kontext der Plangrößen des jeweiligen Trägers gesehen werden, ist eine retrospektive Betrachtung und liefert aufgrund der heterogenen Rettungsdienststruktur (und der unterschiedlichen Einsatzzahlen) nur bedingte Vergleichsmöglichkeiten. Nach den vorliegenden Informationen sind die empfohlenen 90 % Erreichungsgrad von einer Vielzahl von Kreisen und kreisfreien Städten in 2015 teilweise nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen worden. Wo der empfohlene Erreichungsgrad von 90 % der jeweiligen planerischen Hilfsfrist nicht durchgängig erzielt werden konnte, wurden in weiten Teilen entweder schon Maßnahmen zur Verbesserung umgesetzt oder erfolgen derzeit Überarbeitungen der Bedarfsplanungen. 5. Wie viele Rettungsfahrzeuge kommen in den Städten / Gemeinden / Kreise Nordrhein-Westfalens auf je 100.000 Einwohner? Eine entsprechende Ausweisung dieses Wertes liegt nicht vor. Unter Verweis auf die Vorbemerkung und die Ausführungen zu Frage 4 hätte ein solcher Wert auch nur sehr bedingte Aussagekraft, da eine absolute Zahl nicht differenziert, ob es sich um einen Rettungswagen handelt, der „rund um die Uhr“ im Einsatz ist, für die (temporäre) Spitzenabdeckung vorgesehen oder als Sonderbedarf für besondere Ereignisse vorgehalten wird. Die Planungen der Kreise und kreisfreien Städte sind aufgrund der unterschiedlichen Strukturen und differenzierten Parameter sehr heterogen, so dass entsprechende Zahlen oder sonstige statistische Werte immer im lokalen Kontext betrachtet werden müssen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13354