LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13366 04.11.2016 Datum des Originals: 03.11.2016/Ausgegeben: 09.11.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5213 vom 5. Oktober 2016 der Abgeordneten Marcel Hafke, Dr. Björn Kerbein und Dirk Wedel FDP Drucksache 16/13126 Wie kommt die Landesregierung zu der Auffassung, dass „Kein Kind zurücklassen“ in Dormagen wirkt und sich rechnet? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit Anfang 2012 wird in 18 Modellkommunen das Projekt „Kein Kind zurücklassen“ durchgeführt. In einer Pressemitteilung der Landesregierung vom 29. August 2014 anlässlich der Zwischenevaluation von „Kein Kind zurücklassen“ hieß es: „Die gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse, was für die Kinder gut ist, aber eben auch, wie sich durch den konsequent vorbeugenden Ansatz soziale Folgekosten vermeiden lassen und wie Geld de facto sinnvoller ausgegeben werden kann, sollen im nächsten Schritt allen Kommunen in NRW zur Verfügung gestellt werden.“ Dieser nächste Schritt sollte nun mit dem Abschlussbericht von „Kein Kind zurücklassen“ erfolgen. Auf der aus diesem Anlass am 2. Juni 2016 stattgefundenen Pressekonferenz zum Abschlussbericht von „Kein Kind zurücklassen“ wurde verkündet, dass „Kein Kind zurücklassen“ kein Sparprogramm sei und die Vermeidung sozialer Folgekosten noch nicht beziffert werden könne. Dennoch erklärte Ministerpräsidentin Kraft, dass „Kein Kind zurücklassen“ wirke und sich rechnen würde. Dies sei aus der erfolgreichen Auswertung der Vorhaben in 18 Modellkommunen hervorgegangen. Auf dieser Pressekonferenz wurde eine Pressemappe ausgeteilt, in der für insgesamt 10 Modellkommunen Beispiele für eine erfolgreiche Auswertung der Maßnahmen beigefügt waren. Diese Sammlung von Beispielen ist auch auf den Seiten des Ministeriums für Familien, Kinder, Jugend, Kultur und Sport abrufbar (https://www.mfkjks.nrw/sites/default/files/asset/document/2016-06-02_pressemappe- 2_kommunale_beispiele.pdf). In den genannten Beispielen wurden dabei jedoch in der Regel absolute oder relative Daten genannt, die oftmals Bezugsgrößen vermissen lassen, um den Erfolg der Maßnahmen tatsächlich bewerten zu können. So können beispielsweise große relative Steigerungen aus LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13366 2 minimalen absoluten Steigerungen resultieren. Außerdem sind Maßnahmen aufgelistet, die bereits vor 2012, also vor dem Beginn des Projekts „Kein Kind zurücklassen“, gestartet wurden. Die Aussagekraft dieser Veränderungen bezüglich „Kein Kind zurücklassen“ ist dadurch in Frage gestellt. Eine der Modellkommunen, für die die Auswertung der Maßnahmen in der Pressemappe aufgelistet wurde, ist Dormagen. Für Dormagen wurden dabei beispielsweise die Pro-Kopf- Ausgaben für die Hilfen zu Erziehung mit sechs anonymen Kommunen verglichen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, auf welcher Basis die Vergleichskommunen ausgewählt wurden und ob sie aufgrund ihrer Struktur überhaupt mit Dormagen vergleichbar sind. Die Landesregierung möge deshalb darstellen, wie sie zur Bewertung kommt, dass „Kein Kind zurücklassen“ in Dormagen wirkt und sich rechnet. Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 5213 mit Schreiben vom 3. November 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Auf der am 2. Juni stattgefundenen Pressekonferenz zum Abschlussbericht des Modellvorhabens „Kein Kind zurücklassen! Kommunen in NRW beugen vor“ wurde zur Information der Presse eine Pressemappe mit einer Sammlung von Unterlagen bereitgestellt. Sie enthielt den Bericht zur fachlichen Begleitung der Modellkommunen, den zusammenfassenden Ergebnisbericht der wissenschaftlichen Begleitforschung, die Pressemitteilung vom 2. Juni und darüber hinaus eine Auswahl kommunaler Einzelbeispiele aus zehn von 18 Kommunen als Handreichung für die Berichterstattung. Die Publikationen stehen unter www.kein-kind-zuruecklassen.de zur Verfügung 1. Welche absoluten bzw. relativen Werte stehen hinter den in der Pressemappe vom 2. Juni für Dormagen aufgelisteten Daten (bitte alle für diesen Zweck erhobenen bzw. ermittelten Daten und Ergebnisse tabellarisch aufschlüsseln)? 2. Mit welchen Jahreswerten, Durchschnittswerten bzw. Werten von Vergleichskommunen wurden die in der Pressemappe vom 2. Juni für Dormagen aufgelisteten Werte konkret verglichen (bitte alle für diesen Zweck erhobenen bzw. ermittelten Daten und Ergebnisse in absoluten und relativen Größen aufschlüsseln)? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Die Werte in den bei der Pressekonferenz zur Verfügung gestellten Unterlagen wurden von der Stadt Dormagen übermittelt. Im Rahmen des Modellvorhabens sind etliche Publikationen mit kommunalen Daten erschienen. Diese stehen unter www.kein-kind-zuruecklassen.de zur Verfügung. Weitergehende Veröffentlichungen der Daten obliegen der Kommune. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13366 3 3. Wie haben sich die für Dormagen im Zuge von „Kein Kind zurücklassen“ erhobenen und ausgewerteten Daten, die nicht in der Pressemappe vom 2. Juni veröffentlicht wurden, entwickelt (bitte in relativen und absoluten Größen mit geeigneten Vergleichswerten angeben)? Im Rahmen des Modellvorhabens sind etliche Publikationen mit kommunalen Daten erschienen. Diese stehen unter www.kein-kind-zuruecklassen.de zur Verfügung. Weitergehende Veröffentlichungen der Daten obliegen der Kommune. 4. In welcher Größenordnung haben sich die umgesetzten Maßnahmen von „Kein Kind zurücklassen“ für Dormagen auch finanziell gerechnet (bitte die Berechnungsgrundlage erläutern)? In der Stadt Dormagen wurde schon 2003 mit dem Aufbau einer Präventionskette begonnen. In einer Sonderauswertung von IT.NRW wurde die Entwicklung der Pro-Kopf-Ausgaben für Hilfen zur Erziehung in Dormagen zwischen 2007 und 2014 mit der Entwicklung in fünf anderen Kommunen ähnlicher Größe und Struktur verglichen. Die Ergebnisse: In allen 6 Vergleichskommunen sind die Pro-Kopf-Ausgaben für Hilfen zur Erziehung in den Jahren von 2007 bis 2014 gestiegen – auch in Dormagen, und zwar um 14%. Dies entspricht ungefähr der allgemeinen Inflation in diesem Zeitraum (12,8%). Der Anstieg in Dormagen war jedoch mit Abstand der geringste. In den 5 anderen Kommunen betrug die Steigerung bis 2014 im besten Fall 70% und im schlechtesten Fall sogar 150%. 2 der 5 Vergleichskommunen hatten 2007 niedrigere Pro-Kopf-Ausgaben für Hilfen zur Erziehung als Dormagen. Im Jahr 2014 waren die Ausgaben in diesen Kommunen nahezu oder mehr als doppelt so hoch wie die in Dormagen. Pro-Kopf gab Dormagen im Jahr 2014 58 Euro für Hilfen zur Erziehung aus, die Vergleichskommunen zwischen 90 und 121 Euro. Hochgerechnet auf die 62.000 Einwohner Dormagens ergibt dies eine jährliche Minderausgabe zwischen 2 und 3,9 Mio. Euro. Im Weiteren sei zu den finanziellen Auswirkungen auf Kapitel 5.C des zusammenfassenden Ergebnisberichts der wissenschaftlichen Begleitforschung verwiesen. 5. Welche in der Pressemappe vom 2. Juni für Dormagen genannten Maßnahmen sind vor 2012 begonnen worden? Alle Modellkommunen haben bereits vor Beginn des Modellvorhabens „Kein Kind zurücklassen! Kommunen in NRW beugen vor“ im Jahr 2012 Präventionsarbeit geleistet. Im Rahmen des Modellvorhabens bestanden die Maßnahmen in erster Linie darin, vorhandene Präventionsaktivitäten und bestehende Kooperations-, Förder- und Interventionsstrukturen besser miteinander zu vernetzen und so zu einer kommunalen Präventionskette zu entwickeln. Insofern ist eine trennscharfe Unterscheidung in Maßnahmen vor und nach Beginn des Modellvorhabens nicht möglich. Dies gilt auch für Dormagen. Zu Beginn des Modellvorhabens wurden in den Kommunen weitere Ziele und Maßnahmen festgelegt. Von den insgesamt 74 Zielen und 275 Maßnahmen wurden laut dem Bericht zur fachlichen Begleitung der Modellkommunen 83 Prozent ganz oder teilweise erreicht bzw. umgesetzt. Das ist ein Erfolg. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13366