LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13381 07.11.2016 Datum des Originals: 04.11.2016/Ausgegeben: 10.11.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5268 vom 20. Oktober 2016 der Abgeordneten Angela Freimuth und Marcel Hafke FDP Drucksache 16/13235 Wie bewertet die Landesregierung die Praxis der Überbuchung bei der Zuteilung von Studienplätzen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Unbesetzte Studienplätze sind vor allem dann ein Problem, wenn diese nicht allen Bewerbern, die sich konkret auf diese Studienplätze beworben haben, angeboten werden. Das könnte letztlich zur Folge haben, dass Bewerber trotz freier Kapazitäten den (Wunsch-) Studienplatz nicht erhalten. Ziel bei der Studienplatzvergabe muss deshalb sein, dass sämtliche Nachrücklisten erschöpft werden, bevor ein Platz unbesetzt bleibt. Die Landesregierung setzt sich offenbar auch deshalb für die flächendeckende Einführung des Dialogorientierten Serviceverfahrens (DoSV) ein, mit dem die Vergabe von Studienplätzen besser gelingen und die Problematik zu später Studienplatzzuteilungen und unbesetzt bleibender Studienplätze reduziert werden soll. Auf mehrere kleine Anfragen der FDP-Fraktion konnte die Landesregierung jedoch nicht angeben, wie viele und an welchen Hochschulen konkret Plätze in dem Sinne unbesetzt blieben, dass diese nicht Bewerbern angeboten wurden, die sich für diesen Platz beworben hatten. Bei der Zuteilung von Studienplätzen an Hochschulen findet derzeit in der Praxis das Prinzip der Überbuchung statt, wie es beispielsweise auch von Fluggesellschaften allgemein bekannt ist. Diese Praxis führt dazu, dass die Problematik von noch nicht zugeteilten Studienplätzen und Nachrückern vergleichsweise gering ist, da die Quote der Personen, die einen angebotenen Studienplatz nicht wahrnehmen möchten, aufgrund der jahrelangen Erfahrung seitens der Hochschulen nun absehbar ist. Auch auf der Pressekonferenz der Landesregierung zur Zahl der Studienanfänger am 30.09.2016 hob Professor Baumann, Sprecher der Landesrektorenkonferenz der Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen, diese Praxis bei der Zuteilung von Studienplätzen hervor. Ein Indiz dafür, dass eine Reihe von Studienplätzen aber deshalb unbesetzt blieb, weil es keine Bewerber mehr gab, ist auch die Tatsache, dass die Zahl der örtlich zulassungsbeschränkten Studiengänge zurückging. Auch die Landesregierung selbst hat in der Beantwortung der Kleinen Anfrage 4101 (Drs. 16/10526) bestätigt, dass frei gebliebene Studienplätze LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13381 2 in erster Linie ein Zeichen dafür sind, dass ausreichend Ausbildungskapazitäten vorhanden sind. Dies wirft die Frage auf, warum das Dialogorientierte Serviceverfahren zur Studienplatzvergabe vorangetrieben werden soll, wenn in der Praxis das Problem beherrschbar erscheint und die Landesregierung keinerlei Angaben darüber machen kann, aus welchen Gründen Studienplätze unbesetzt blieben. Die Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung hat die Kleine Anfrage 5268 mit Schreiben vom 4. November 2016 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Welche Hochschulen wenden die Praxis der Überbuchung bei der Vergabe von Studienplätzen an? Das Überbuchungsverfahren ist ein Instrument zur lokalen, studiengangsbezogenen Kapazitätsnutzung im Rahmen der für den einzelnen Studiengang festgelegten Zulassungszahl. Es zielt darauf ab, sicherzustellen, dass die für den einzelnen Studiengang an der jeweiligen Hochschule festgelegte Aufnahmekapazität ausgeschöpft wird. Im Rahmen dieses Verfahrens gehen die Hochschulen von dem durch Erfahrung erwiesenen Sachverhalt aus, dass ein bestimmter Anteil der Zulassungsangebote von den Bewerberinnen und Bewerbern nicht angenommen wird. Der sogenannte Überbuchungsfaktor wird aus den Nichtannahmequoten eines Studiengangs der früheren Vergleichsverfahren ermittelt und kann somit sogar innerhalb einer Hochschule von Studiengang zu Studiengang variieren. Ebenso ist es möglich, dass die Erfahrungswerte zu dem einzelnen Studiengang zeigen, dass ein Überbuchen gar nicht erforderlich ist. Wenn sie das Überbuchungsverfahren anwenden, geben die Hochschulen bereits zu Beginn des Zulassungsverfahrens eine entsprechend höhere Anzahl an Zulassungsangeboten für den betroffenen zulassungsbeschränkten Studiengang heraus. Dieses Verfahren ist für die Hochschulen sehr risikobehaftet. Sie weisen regelmäßig darauf hin, dass dadurch in der Regel über die festgelegte Zulassungszahl hinaus eingeschrieben wird. Angaben dazu, welche Hochschulen in welchen ihrer zulassungsbeschränkten Studiengänge das Überbuchungsverfahren anwenden, liegen der Landesregierung nicht vor. Die Daten können von den Hochschulen im zeitlichen Rahmen einer Kleinen Anfrage nicht erhoben werden. 2. Warum bevorzugt die Landesregierung für die Vergabe von Studienplätzen das Dialogorientierte Serviceverfahren gegenüber der derzeitigen Praxis der Überbuchung ? Das Dialogorientierte Serviceverfahren (DoSV) ist ein webbasiertes System zur Koordinierung der Vergabe von Studienplätzen an den teilnehmenden Hochschulen. Grundlage hierfür sind sowohl die Studienwünsche der Bewerberinnen und Bewerber als auch die Zulassungskriterien der Hochschulen. Durch den ständigen Abgleich der Bewerbungen werden mehrfache Zulassungen vermieden. Auf diese Weise wieder frei gewordene Plätze werden durch das integrierte Nachrückverfahren umgehend an die nächst-qualifizierten Bewerberinnen und Bewerber weitergegeben. Dieses Verfahren bietet zahlreiche Vorteile für die Bewerberinnen und Bewerber und für die Hochschulen. Die Autonomie der Hochschulen bleibt gewahrt. Durch die zeitnahe Koordinierung von Bewerberwünschen und Zulassungsangeboten wird sichergestellt, dass die Studienplätze zügig, passgenau und erschöpfend besetzt werden. Für die Bewerberinnen und Bewerber wird das Bewerbungsverfahren schneller und transparenter. Das DoSV gewährleistet die LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13381 3 Realisierung des aus Bewerbersicht bestmöglichen Studienwunsches zum frühestmöglichen Zeitpunkt. Bei flächendeckender Beteiligung aller Hochschulen wird das DoSV seine volle Wirksamkeit entfalten. Die Landesregierung geht davon aus, dass dann der Bedarf, Überbuchungen vorzunehmen und Nachrückverfahren durchzuführen, an den Hochschulen deutlich zurückgehen wird. 3. Haben die Hochschulen im Rahmen des dialogorientierten Serviceverfahrens die Möglichkeit, bei der Vergabe von Studienplätzen zu überbuchen, um auf Grundlage von Erfahrungswerten bezüglich der Quote der Personen, die einen angebotenen Studienplatz nicht wahrnehmen, anderen Bewerbern auf der „Warteliste“ frühzeitig einen Studienplatz anbieten zu können? Ja. Auch im DoSV besteht die Möglichkeit, mehr Zulassungsangebote an Bewerberinnen und Bewerber zu richten, als sich Studienplätze im jeweiligen Studiengang rechnerisch ergeben. 4. Ist bei der Vergabe von Studienplätzen über das Dialogorientierte Serviceverfahren garantiert, dass alle Studienplätze, bevor sie unbesetzt bleiben, allen Bewerbern, die sich auf genau diesen Studienplatz beworben haben, auch angeboten werden? Ja, soweit die Bewerberinnen und Bewerber die für die Zulassung erforderlichen Qualifikationen erfüllen. 5. Wie hoch ist der Kostenanteil des Landes bzw. nordrhein-westfälischer Hochschulen am Dialogorientierten Serviceverfahren? In Umsetzung des Beschlusses der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 13. Juni 2013 ist das DoSV in den Jahren 2013 und 2014 noch vollständig von den Ländern finanziert worden. Mit der sukzessiven Einführung des DoSV werden seit 2015 Kostenbeiträge von den Hochschulen erhoben. Die Beiträge der Länder werden entsprechend abgeschmolzen . Im Jahr 2015 belief sich der Kostenanteil der vom Land Nordrhein-Westfalen getragenen Hochschulen auf rund 206.800 €. Der vom Land getragene Anteil betrug rund 1.460.800 €. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13381