LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13399 08.11.2016 Datum des Originals: 08.11.2016/Ausgegeben: 11.11.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5230 vom 6. Oktober 2016 der Abgeordneten Ina Scharrenbach CDU Drucksache 16/13153 Polizeianwärterinnen und -anwärter: Nicht nur an Karneval, sondern auch an Silvester im Einsatz? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In diesem Jahr wurden nahezu alle Polizeianwärterinnen und -anwärter der Einstellungsjahre 2013 und 2014 zu einem Dienst an Karneval herangezogen. Vor dem Hintergrund der Ereignisse an Silvester 2015/2016 in Köln sollten zur Stärkung des subjektiven Sicherheitsgefühls der Bürgerinnen und Bürger so viele Polizisten wie möglich mobilisiert werden. Innenminister Ralf Jäger wird in der „Neue Westfälische“ vom 16. Januar 2016 („Nach Übergriffen : Polizeischüler an Karneval zum Einsatz“) wie folgt zitiert: „Man erhöhe die Präsenz mit „gut ausgebildeten und hoch motivierten Studenten, die mit den örtlichen Polizeikräften für Schutz sorgen". Des Weiteren wurde in dem genannten Artikel ausgeführt: „Polizeianwärter sind nach Angaben des Innenministeriums bereits während ihrer Ausbildung in einem Beamtenverhältnis . „Bei Einsätzen sind sie genauso ausgestattet wie ihre bereits ausgebildeten Kollegen ", erklärt Huß [Anm.: Mitglied des Landesvorstandes der GdP NRW]. Dazu zähle auch die Ausstattung mit Waffen. „Sie werden aber bei jedem Einsatz von Ausbildern angeleitet. Handlungseinschränkungen bestehen trotzdem nicht." In einem Artikel des WDR vom 1. Februar 2016 („Junger Kommissar kritisiert Einsatz von Azubis an Karneval“) wird ein Polizeivollzugsbeamter auf die Frage „Wieso sehen Sie den Einsatz von Polizei-Auszubildenden im Karneval kritisch?“ wie folgt wiedergegeben: „Das Problem ist einfach die mangelnde Erfahrung. Wenn man jetzt ein Jahr dabei ist und ist fünf Wochen im Praktikum gewesen und hat sich dabei mit Dingen auseinandergesetzt wie Unfallaufnahme , dann ist das etwas völlig anderes, als wenn man an Karneval in Großstädten wie Köln oder Düsseldorf eingesetzt wird. Da werden Millionen Menschen sein. Wir haben da auch immer mit vielen Menschen zu tun, die hoch alkoholisiert sind, und das sind Dinge, die kann man vorher nicht kennen. Man wird da in eine Situation gebracht, mit der man noch nicht LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13399 2 vertraut ist. Deshalb ist es aus meiner Sicht sehr kritisch zu beurteilen. Viele Dinge sind einfach noch nicht bekannt.“ Neben dem Einsatz von Polizeianwärterinnen und -anwärtern an Karneval wurden darüber hinaus von Seiten des Amtsgerichtes und der Staatsanwaltschaft Köln besondere organisatorische Vorkehrungen zu Karneval getroffen. Richterlicher und staatsanwaltschaftlicher Bereitschaftsdienst wurden dort an den Karnevalstagen […] deutlich verstärkt. Zudem traf das Amtsgericht Köln durch entsprechende personelle und sachliche Ausstattung Vorkehrungen für eine etwaig erhöhte Zahl an besonders beschleunigten Verfahren im Sinne der §§ 127b, 417 ff. StPO [aus: Drs.-Nr. 16/3770 vom 03. März 2016]. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5230 mit Schreiben vom 8. November 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Justizminister beantwortet . Vorbemerkung der Landesregierung Vor allem im Rheinland wurden Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärter in den vergangenen Jahren bereits mehrfach bei Einsätzen aus Anlass von Karnevalsveranstaltungen eingesetzt. Ihr Einsatz erfolgte - wie auch in diesem Jahr - entsprechend ihres Ausbildungsstandes , unter professioneller Anleitung und unter strikter Beachtung von Eigensicherungsaspekten . Die Bewältigung der Einsätze aus Anlass der zahlreichen Karnevalsveranstaltungen unter Beteiligung von Auszubildenden verlief ohne nennenswerte Zwischenfälle und trug nachhaltig zu einer Stärkung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung bei. Hiervon zeugen zahlreiche positive Rückmeldungen und Dankschreiben. 1. Inwieweit beabsichtigt die Landesregierung auch zu Silvester 2016/2017 Polizeianwärterinnen und -anwärter auf den Straßen in Nordrhein-Westfalen einzusetzen (Anzahl, Ausbildungsjahre, Art des Einsatzes)? Die Einstellungsjahrgänge 2015 und 2016 befinden sich an Silvester, wie im Studienverlaufsplan vorgesehen, im Urlaub. Nur der Einstellungsjahrgang 2014 befindet sich während des Jahreswechsels entsprechend des Studienverlaufsplans im regulären Behördenpraktikum HS 2.6. Die Anwärterinnen und Anwärter arbeiten dabei im Rahmen ihrer Ausbildung unter tutorieller Begleitung von jeweils zwei erfahrenen Polizistinnen bzw. Polizisten sowohl im Wach- als auch im Ermittlungsdienst. Sie haben zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als 28 von 36 Monaten Ausbildung absolviert. Ein vergleichbarer flächendeckender Einsatz der Anwärterinnen und Anwärter dieses Jahrgangs wie an Karneval 2016 ist derzeit nicht geplant. 2. Ist es richtig, dass obwohl die Polizeianwärterinnen und -anwärter genauso wie ihre ausgebildeten Kollegen ausgerüstet sind, sie weder von der Schusswaffe noch von einem EMS-A (Einsatzmehrzweckstock-ausziehbar) Gebrauch machen dürfen, weil sie noch in der Ausbildung sind? Nein. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13399 3 3. Inwieweit sollen zu Silvester 2016/2017 die richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Bereitschaftsdienste verstärkt werden? Über eventuelle personelle Verstärkungen des richterlichen Bereitschaftsdienstes für Silvester 2016/2017 entscheiden die Präsidien der nordrhein-westfälischen Amtsgerichte in eigener Zuständigkeit aufgrund der jeweils vor Ort bestehenden Erfahrungswerte und in kurzfristiger Abstimmung mit den Sicherheitsbehörden aufgrund deren aktueller Gefährdungsbeurteilung. Angesichts der bisherigen Einschätzungen halten die Präsidien der Amtsgerichte nach Mitteilung der Präsidentin und der Präsidenten der Oberlandesgerichte den bislang vorgesehenen Bereitschaftsdienst für ausreichend, so dass eine personelle Verstärkung derzeit noch nicht erforderlich ist. Bei vielen Amtsgerichten - insbesondere bei großstädtischen Amtsgerichten wie dem Amtsgericht Köln - erfolgen besondere Vorkehrungen für den jeweiligen Eildienst nach kurzfristiger Abstimmung mit den Sicherheitsbehörden. Diese Gerichte stehen daher in einem ständigen Austausch mit der jeweiligen Staatsanwaltschaft, Polizei und/oder Stadtverwaltung. Nach den Berichten der Generalstaatsanwältinnen und des Generalstaatsanwalts werden auch die Leiterinnen und Leiter der Staatsanwaltschaften des Landes mehrheitlich eine Entscheidung über eine Verstärkung des Bereitschaftsdienstes erst zu gegebener Zeit auf der Grundlage aktueller Lageeinschätzungen treffen. Bereits jetzt konkret ins Auge gefasst seien Verstärkungen des staatsanwaltschaftlichen Bereitschaftsdienstes in Bonn, Essen, Köln und Münster. In Krefeld beabsichtigten Gericht, Staatsanwaltschaft und Polizei eine Meldestruktur zu etablieren, mit der auf eine nicht vorhersehbare Erhöhung der Fallzahlen kurzfristig reagiert werden könne. Die Generalstaatsanwältin in Köln hat darüber hinaus berichtet, dass sie beabsichtige , unter ihrer Leitung eine Besprechung aller Behördenleiter ihres Geschäftsbereichs mit der Polizeipräsidentin und den Polizeipräsidenten aus Aachen, Bonn und Köln durchzuführen , die u. a. die Möglichkeit bieten werde, Fragen des Bereitschaftsdienstes zur Jahreswende 2016/2017 ggf. ergänzend zu erörtern. 4. Inwieweit werden an Silvester 2016/2017 Vorkehrungen für die Durchführung besonders beschleunigter Verfahren im Sinne der §§ 127b, 417 ff. StPO getroffen? Die gerichtliche und staatsanwaltschaftliche Praxis des Landes hat berichtet, die Durchführung des besonders beschleunigten Verfahrens sei durch den staatsanwaltschaftlichen und richterlichen Eildienst gewährleistet. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 Bezug genommen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13399