LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13432 10.11.2016 Datum des Originals: 09.11.2016/Ausgegeben: 15.11.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5132 vom 13. September 2016 der Abgeordneten Dr. Anette Bunse CDU Drucksache 16/12924 Sprachförderung für Vorschulkinder Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In Nordrhein-Westfalen werden Kinder in den Kindertagesstätten „alltagsintegriert“ in ihrer Sprachkompetenz gefördert. Die Auffälligkeiten und Fortschritte werden von den Erzieherinnen und Erziehern aufwendig dokumentiert. Es gibt immer noch Kinder, die eingeschult werden, ohne eine Kita besucht zu haben. Deren mögliche sprachliche Entwicklungsrückstände werden so unter Umständen erst sehr spät zur Kenntnis genommen. Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 5132 mit Schreiben vom 9. November 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Weiterbildung sowie dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und der Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter wie folgt: 1. Hält die Landesregierung es nicht für angeraten, einen früheren, verbindlich durchzuführenden Überprüfungsmodus für die Feststellung des Sprachentwicklungsstands bei 4-jährigen Kindern zu etablieren, sofern diese keine Kita besuchen? Das Schulamt stellt zwei Jahre vor der Einschulung fest, ob die Sprachentwicklung der Kinder altersgemäß ist und ob sie die deutsche Sprache hinreichend beherrschen (§ 36 Abs. 2 SchulG). Durch das zum 01.08.14 in Kraft getretene „Gesetz zur Änderung des Kinderbildungsgesetzes und weiterer Gesetze“, mit dem auch § 36 Abs. 2 Schulgesetz NRW angepasst worden ist, liegt die Beobachtung und Dokumentation der sprachlichen Entwicklung und die sich daraus ergebende Förderung der Kinder, die eine Kindertageseinrichtung besuchen, in der Hand der Kindertageseinrichtung. Daher erfolgt bereits seit dem Kindergartenjahr 2014/2015 die Sprachbildung aller Kinder, die eine Kindertageseinrichtung besuchen, alltagsintegriert. Die sprachliche Bildung eines jeden Kindes wird beobachtet und LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13432 2 dokumentiert. Dies geschieht ab dem Zeitpunkt, ab dem die Kinder die Kindertageseinrichtung besuchen, in der Regel vor dem vierten Lebensjahr. Kinder mit Fluchterfahrung, die keine Kindertageseinrichtung besuchen, fallen unter § 36 Abs. 2 Schulgesetz NRW. Das Schulamt stellt zwei Jahre vor der Einschulung fest, ob die Sprachentwicklung der Kinder altersgemäß ist und ob sie die deutsche Sprache hinreichend beherrschen (§ 36 Abs. 2 SchulG). Dazu werden Kinder, die keine Kindertageseinrichtung besuchen und Kinder, deren Eltern der Bildungsdokumentation in der Kindertageseinrichtung nicht zugestimmt haben, mit dem Sprachstandsfeststellungsverfahren „Delfin 4“ überprüft. Für diese Kinder wird der Einzeltest „Besuch im Pfiffikushaus“ eingesetzt. Für Kinder, die keine Kindertageseinrichtung besuchen bzw. deren Eltern der Beobachtung und Dokumentation der sprachlichen Bildung nicht zugestimmt haben, kommt als „verbindlich durchzuführender Überprüfungsmodus“ nur ein punktuelles Testverfahren in Frage. Bei der Entwicklung eines solchen punktuellen Testverfahrens im Auftrag der damaligen CDU-/FDPgeführten Landesregierung hat die Wissenschaft verdeutlicht, dass der frühestmögliche Zeitpunkt für ein valides Testinstrument in etwa im Rahmen der Vollendung des 4. Lebensjahres liegt. 2. Gibt es Hinweise bzw. Statistiken darüber, wie viele Kinder, die in NRW keine Kita besuchen, vom Gesundheitsamt der zuständigen Kommune zu einer Testung eingeladen werden? Die Ergebnisse aus den schulärztlichen Untersuchungen zur Einschulung in das Schuljahr 2014/2015 zeigen, dass rund 10% der Kinder keine Kita oder diese weniger als zwei Jahre besuchen. Die Anzahl der Kinder, die keine Kita besuchen, liegt nicht vor. Kinder werden vom Gesundheitsamt nicht zur Feststellung des Sprachstandes im Sinne des § 36 Abs. 2 SchulG eingeladen. Bei den schulärztlichen Untersuchungen ca. ein Jahr vor der Einschulung wird bei allen Kindern ein standardisiertes Screening im Hinblick auf eine medizinisch relevante Sprachentwicklungsstörung im Sinne des ICD-10 durchgeführt. 3. Wenn derartige Hinweise bzw. Statistiken vorliegen, wie lauten die Ergebnisse? Da Kinder nicht von den Gesundheitsämtern zur Feststellung des Sprachstandes im Sinne des § 36 Abs. 2 SchulG eingeladen werden, liegen insoweit keine Daten vor. 4. Wie werden die aktuell häufig in sogenannten „Brückenprojekten“ betreuten Flüchtlingskinder hinsichtlich ihres Sprachvermögens getestet? Ziel der Landesregierung ist es, dass alle Kinder, auch die mit Fluchterfahrung, so frühzeitig wie möglich eine Kindertageseinrichtung besuchen sollen. Brückenprojekte sind niedrigschwellige Betreuungsangebote, die die Kinder mit Fluchterfahrung und ihre Familien an die institutionelle Kindertagesbetreuung heranführen sollen. Soweit sich Kinder mit Fluchterfahrung zwei Jahre vor der Einschulung befinden und zu diesem Zeitpunkt zunächst ein Brückenprojekt besuchen, gilt dies noch nicht als Besuch einer Kindertageseinrichtung. Für diese Kinder gilt deshalb § 36 Abs. 2 Satz 1 SchulG (Sprachstandfeststellungsverfahren mit Delfin 4 zwei Jahre vor der Einschulung). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13432 3 5. Sieht die LR Unterstützungsprogramme vor, um die Kinder gezielt auf den Schulalltag vorzubereiten? Die Landesregierung unterstützt die Jugendämter vor Ort über die Leistungen des Kinderbildungsgesetzes und der dort verankerten Sprachbildung und zusätzlichen Sprachförderung hinaus bei der Förderung von Kindern aus Flüchtlingsfamilien und vergleichbaren Lebenslagen durch die Finanzierung der sogenannten Brückenprojekte. Dies sind niedrigschwellige Angebote, in denen die Kinder bereits während dieser Zeit gezielt und nach ihren spezifischen Bedürfnissen gefördert werden können und die den Kindern und ihren Eltern den Weg in die institutionelle Kindertagesbetreuung erleichtern, wie z. B.: Eltern-Kind-Gruppen, Spielgruppen, Kindertagespflegeangebote, mobile Angebote und Angebote in Kooperation mit Familienzentren. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13432