LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13433 10.11.2016 Datum des Originals: 09.11.2016/Ausgegeben: 15.11.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5242 vom 7. Oktober 2016 der Abgeordneten Claudia Middendorf CDU Drucksache 16/13183 Führungszeugnisse für Schülerpraktikanten Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Um in sozialen Einrichtungen ein Schülerpraktikum machen zu können, benötigen Schülerinnen und Schüler vor Antritt ein Führungszeugnis, denn alle Mitarbeiter müssen nach geltendem Recht ein solches Zeugnis vorlegen. Bei minderjährigen Schülerinnen oder Schülern können nur die gesetzlichen Vertreter, normalerweise die Eltern, das Führungszeugnis beantragen. Wollen Eltern für Ihr volljähriges Kind das Zeugnis besorgen, benötigen sie eine beglaubigte Unterschrift ihres Kindes. Für eine online Antragstellung bedarf es eines neuen Ausweises und eines kostenpflichtigen Lesegeräts. Folgende Problematik ergibt sich aus dieser Situation: Zu den normalen Öffnungszeiten der Bürgerdienste befinden sich die Schülerinnen und Schüler in der Schule und die Eltern am Arbeitsplatz. Die Bürgerdiensttermine an Nachmittagen haben häufig lange Wartezeiten, in der Stadt Dortmund beispielsweise 6-8 Wochen. Die Aufforderung zum Vorlegen des Führungszeugnisses erhalten die Schülerinnen und Schüler in der Regel kurz vor Antritt ihres Praktikums. Das Zusenden des Zeugnisses erfolgt erfahrungsgemäß 10 Tage nach der Beantragung. Das Schülerpraktikum dauert allerdings nur 2 bis 4 Wochen, an Berufskollegs etwas länger. Um einen ersten Einblick in die Berufswelt zu gewinnen, sollten die Hürden für den Zugang zu einem Berufsfeld möglichst gering sein. Die beschriebene Problematik um das Vorlegen eines Führungszeugnisses erscheint im Lichte dieses Ziels äußerst unbefriedigend. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13433 2 Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 5242 mit Schreiben vom 9. November 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales, dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport beantwortet. 1. Ist der Landesregierung die bürokratische Problematik der Beantragung eines Führungszeugnisses für Schülerinnen und Schüler, die ein Praktikum in einer sozialen Einrichtung machen wollen, bekannt? Diese Problematik ist der Landesregierung bisher nicht bekannt. Die Vorlage von Führungszeugnissen in den Bildungsgängen der Berufskollegs ist in der Verwaltungsvorschrift Nr. 4.1.3 zu § 4 Erster Teil APO-BK geregelt. Punkt a) regelt, dass das Führungszeugnis bei der Aufnahme vorzuliegen hat. Punkt b) regelt, dass die Schüler/innen bei der Aufnahme in einen Bildungsgang im Bereich Sozialwesen schriftlich zu informieren sind, dass der Praktikumsstelle ein Führungszeugnis vorzulegen ist. Die Schülerinnen und Schüler haben somit ausreichend Zeit für eine Beantragung. Zu den in der Kleinen Anfrage geschilderten „bürokratischen Hindernissen“ kann es bei Bildungsgängen der Berufskollegs nicht kommen. Schülerinnen und Schüler aus allgemeinbildenden Schulen, die ein Führungszeugnis vorlegen müssen, planen diese Praktika in der Regel 2 Monate vor Antritt und können die Zeugnisse in dieser Frist beantragen. Es gibt in jeder Kommune den langen Donnerstag für alle Bürgerämter, der es den Bürgern ermöglicht, bis 18:00 Uhr ihre Anliegen zu regeln. 2. Gibt es Erfahrungen aus anderen Städten außer Dortmund? Es sind Beispiele bekannt, wonach die Antragsbearbeitung in einer zwei- bis dreiwöchigen Frist erfolgt. 3. Wie bewertet die Landesregierung das beschriebene bürokratische Hindernis? Die Verantwortung für die Organisation der Verwaltungs- und Geschäftsabläufe in einer Behörde trägt die Behördenleiterin oder der Behördenleiter. Entscheidungen hierüber sind Teil der sogenannten Organisationshoheit der Gemeinde. Die Organisationshoheit ist Ausfluss der verfassungsrechtlich geschützten kommunalen Selbstverwaltung und gibt den Gemeinden die Befugnis, ihre eigene innere Verwaltungsorganisation nach ihrem eigenen Ermessen zu regeln. Daraus folgt, dass Fragen der Organisation (u.a. das Festlegen von Öffnungszeiten) in die eigene Zuständigkeit der Gemeinde fallen. Eine Bewertung des kritisierten Sachverhaltes obliegt nicht der Landesregierung. Das beschriebene bürokratische Hindernis ist bisher so nicht bekannt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13433 3 4. Was gedenkt die Landesregierung zu tun, um die Situation für Schülerinnen und Schüler, die ein Schülerpraktikum in einer sozialen Einrichtung machen wollen, zu verbessern? Mit dem durch das Bundeskinderschutzgesetz neugefassten § 72a SGB VIII wurde die Pflicht der Träger der Kinder- und Jugendhilfe, sich erweiterte Führungszeugnisse vorlegen zu lassen, die vorher nur gegenüber hauptamtlich Beschäftigen galt, unter bestimmten Voraussetzungen auf neben- oder ehrenamtlich tätige Personen ausgeweitet. Der § 72 a SGB VIII verlangt nicht, dass alle ehrenamtlich Engagierten dieser Pflicht unterliegen. Es soll zwischen öffentlicher und freier Kinder- und Jugendhilfe vereinbart werden, für welche Tätigkeiten Führungszeugnisse erforderlich sind. Entscheidend ist die Art, Intensität und Dauer des Kontaktes von Ehrenamtlichen mit Kindern und Jugendlichen bei der Betreuung, Beaufsichtigung, Erziehung, Ausbildung und anderen vergleichbaren Kontakten. Es ist grundsätzlich Aufgabe der örtlichen Jugendämter und Jugendhilfeausschüsse, sich mit der Frage zu beschäftigen, für welche Tätigkeitsbereiche im ehren- und nebenamtlichen Kontext eine Vorlagepflicht bestehen sollte. In NRW erfolgen diese Vereinbarungen auf der örtlichen Ebene in der Regel unter Berücksichtigung der „Gemeinsamen Empfehlungen der Landesjugendämter Westfalen-Lippe und Rheinland, der kommunalen Spitzenverbände NRW und des landeszentralen Arbeitskreises der Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit“. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13433