LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13499 21.11.2016 Datum des Originals: 21.11.2016/Ausgegeben: 24.11.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5265 vom 20. Oktober 2016 der Abgeordneten Angela Freimuth, Yvonne Gebauer und Marcel Hafke FDP Drucksache 16/13232 Wie wird man Talentscout? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Rahmen des Talentscouting-Programms sollen derzeit 30 Talentscouts talentierte Jugendliche aus Nichtakademikerfamilien an insgesamt 75 Gesamtschulen, Berufskollegs und Gymnasien auf dem Weg zu einem erfolgreichen Studium unterstützen. An dem Programm beteiligten sich bisher sieben Hochschulen, demnächst soll es auf sieben weitere Hochschulen ausgeweitet werden. Die Landesregierung wird gebeten, darzulegen, welches die Einstellungsvoraussetzungen für einen Talentscout sind, wie die Talentscouts inhaltlich geschult werden und unter welchen Rahmenbedingungen die Talentscouts arbeiten. Die Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung hat die Kleine Anfrage 5265 mit Schreiben vom 21. November 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Weiterbildung beantwortet. 1. Welche Einstellungsvoraussetzungen gibt es für die Talentscouts? Um als NRW-Talentscout tätig werden zu können, benötigen die Bewerberinnen und Bewerber nach Möglichkeit mehrjährige berufliche Erfahrungen in der professionellen Beratung und Begleitung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus weniger privilegierten Verhältnissen. Die Bewerberinnen und Bewerber verfügen über ein abgeschlossenes Hochschulstudium (in der Regel Masterabschluss) z.B. in den Bereichen (Sozial-) Pädagogik, Sozialwissenschaften, Erziehungswissenschaften oder einer vergleichbaren Studienrichtung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13499 2 2. Wie werden die Talentscouts inhaltlich geschult? Die NRW-Talentscouts durchlaufen verpflichtend eine einjährige Weiterbildung (anbei als Anlage : Liste der Schulungsthemen), die die Talentscouts berufsbegleitend über ein Jahr lang qualifiziert und in ihrem Professionalisierungsprozess begleitet. Sie hospitieren bei einem erfahrenen Talentscout und nehmen kontinuierlich an kollegialen Erfahrungsaustauschrunden teil. 3. Für wie viele Schulen bzw. Schülerinnen und Schüler ist ein Talentscout im Durchschnitt zuständig? Ein Talentscout betreut in der Regel 400-500 Schülerinnen und Schüler an acht bis zehn weiterführenden Schulen. 4. Unter welchen Kriterien werden die Schülerinnen und Schüler ausgewählt, die auf dem Weg zu einem erfolgreichen Studium unterstützt werden sollen? Talentscouts sind aktiv (aufsuchend) an weiterführenden Schulen unterwegs. Gemeinsam und auf Augenhöhe mit den Lehrkräften suchen Talentscouts nach Jugendlichen, die das Potenzial und die Motivation für ein Studium mitbringen, aber aus weniger privilegierten Elternhäusern (d.h. geringes Familieneinkommen, Arbeitslosigkeit, Bildungssystemferne, Zuwanderungshintergrund ) stammen. Jenseits der Empfehlung von Lehrkräften können sich talentierte Jugendliche auch eigeninitiativ um eine Aufnahme in das Talentscouting bemühen. 5. Wieso schaffen es die Schulen nach offensichtlicher Einschätzung der Landesregierung im "Regelbetrieb" nicht ausreichend, Talente von Schülerinnen und Schülern zu entdecken bzw. entsprechend zu fördern? Das Talentscouting-Programm ergänzt die Fördermöglichkeiten der Lehrkräfte sinnvoll, es ersetzt diese nicht. In enger Zusammenarbeit mit den Schulen werden von Lehrkräften entdeckte Talente durch individuelle Unterstützung der Talentscouts gestärkt und weiter gefördert. Dies schließt Beratungsangebote ein, die weit über die schulischen Möglichkeiten hinausgehen, z.B. hinsichtlich der Finanzierungsmöglichkeiten eines Studiums, der Wohnungssuche am Studienort etc. Darüber hinaus stellen die Talentscouts eine Begleitung der Schülerinnen und Schüler über den Schulabschluss hinaus sicher, um einen erfolgreichen Übergang an die Hochschulen zu erleichtern. Anlage 1 zur Antwort auf die Kleine Anfrage 5265 (Drs. 16/13232) Inhalte der Weiterbildung: • Selbsterfahrung, Selbstreflexion und Biographiearbeit • Die Soziologie von Bildungsaufstiegen • Spezifische Lebens- und Familienkontexte sowie Denk- und Handlungsstrategien von Bildungsaufsteigern • Bedeutung sozioökonomischer Faktoren für Bildungsbiographien • Systemtheorie, Soziale Systeme, Systeme im Wandel • Funktionsweisen des Schul- und Hochschulsystems, (Hoch-) Schultypen, Bildungsgänge, Zugangsvoraussetzungen und -wege, Übergangsprozesse • Effizientes Arbeiten im Übergang zwischen, in und mit relevanten Systemen • Arbeit in und mit Schulen, Ansprache und Öffnung von Schulen, Schulen als Partner • Das Setting gestalten, etablieren und weiterentwickeln • Reflexions- und Entwicklungsgespräche führen • Indikatoren für Talent • Grundprinzipien, Beratungsverständnis und Grenzen • Ziele, Rolle und Haltung • Das Talentscouting - Beratungsmodell • Die 5 Beratungsphasen • Entwicklung von Gesprächsführungskompetenzen • Methoden der Beratungsarbeit • Arbeit mit Emotionen, Visionen, Bildern und Geschichten • Kommunikation und Medien in der Talentförderung • Instrumente der Talentförderung • Orientierungs- und Förderangebote von Hochschulen • Kooperation und Vernetzung • Talentförderung im politischen Kontext • Das Ruhrgebiet - Potenziale und Entwicklungsperspektiven für Talentförderung • Förderung und Ökonomie - Unternehmen als Partner • Talentscouting im Kontext von Flucht • Umgang mit Medien, Gesprächs- und Interviewtraining • Reflexion des beruflichen Handelns Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13499