LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13544 22.11.2016 Datum des Originals: 22.11.2016/Ausgegeben: 25.11.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5262 vom 19. Oktober 2016 des Abgeordneten Marc Lürbke FDP Drucksache 16/13227 Weniger Druck auf Rocker, Clans und kriminelle Banden? Wie hat sich die Verfügbarkeit operativer Kräfte der Polizei NRW zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität in NRW entwickelt? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut aktuellen Medienberichten - wie etwa Die Welt vom 04.10.2016, S. 4 unter dem Titel „Gangster reiben sich die Hände“ - berichten Polizeibeamte aus Bremen und Berlin, dass angesichts der stetig weiter wachsenden Zahl radikaler Islamisten es Einsatzkommandos kaum noch ausreichend schaffen würden, andere Kriminelle zu observieren. Aufträge von Fachdienststellen könnten kaum noch angenommen werden. Der hohe personelle Überwachungsaufwand für islamistische Gefährder und dafür abkommandierte MEK führe dazu, dass Täter aus der Rotlicht- und Drogenszene, Rocker, etc. sich die Hände reiben würden, weil sie natürlich spüren, dass der Ermittlungsdruck nachlässt. Gleiches dürfte für die Bereiche der Organisierten Kriminalität wie Familienclans und Einbrecherbanden gelten. Im Land NRW gibt es zurzeit an sechs Standorten jeweils zwei mobile Einsatzkommandos und beim Landeskriminalamt zwei weitere mobile Einsatzkommandos, bestehend regelmäßig aus 20 Personen. Hinzu kommen sog. TEG. Das LKA selbst führt insoweit aus: „Ein MEK wird im Rahmen der Verhütung und Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung eingesetzt, wenn speziell geschulte und ausgestattete Kräfte für die Observation und Fahndung notwendig sind. Eine TEG wird insbesondere zur Durchführung technisch-operativer Maßnahmen eingesetzt. Dies geschieht häufig im Auftrag einer kriminalpolizeilichen Fachdienststelle, wenn dort Erkenntnisse über gravierende Straftaten vorliegen.“ In Zeiten einer aktuellen terroristischen Bedrohung und hohen Zahl von Gefährdern hat Innenminister Jäger seinerzeit eine Verlagerung von Kräften vorgenommen. So wurden Beamte zum Staatsschutz, zum Staatsschutz des LKA, dessen Fahndungsgruppe Staatsschutz bzw. dem MEK des LKA und jeweils ein MEK aus den Behörden Köln, Düsseldorf und Köln zum LKA abgezogen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13544 2 Im Februar 2015, also vor eineinhalb Jahren, versprach NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) als Reaktion auf die Terroranschläge von Paris drei zusätzliche Mobile Einsatzkommandos (MEK) für NRW: 60 hochspezialisierte Einsatzkräfte für die Observation und den Zugriff in besonderen Gefahrenlagen. Zudem sollte eine Verstärkung der Fahndungsgruppe Staatsschutz durch 90 zusätzliche Beamtinnen und Beamte erfolgen. Im April 2015 teilte das MIK in einem von der FDP beantragten Bericht mit, dass die Landesregierung im Kampf gegen Einbruchskriminalität verstärkt auf sogenannte Mobile Einsatzkommandos setzt. Demgegenüber berichten Polizeibeamte aus NRW-Kreispolizeibehörden aus dem Bereich Einbruchsbekämpfung indes, dass MEK´s zur Observation von erkannten Täterfahrzeugen und Bandenmitgliedern immer wieder nicht zur Verfügung stünden. So berichtete auch etwa der Stern vom 14.01.2016 unter dem Titel „bedingt abwehrbereit“ wie folgt: „Das bekam im Sommer auch ein Ermittlerteam aus Nordrhein-Westfalen zu spüren. Zehn Monate lang war es auf der Jagd nach einer Einbrecherbande aus Osteuropa, Tag und Nacht. Es hatte 32 Telefone abgehört, neun Autos dauerhaft überwacht. Der Fall war so gut wie aufgeklärt: Das Team hatte insgesamt 18 Täter ermittelt, kannte den Boss und konnte die Geldströme nachvollziehen. Um den Fall wasserdicht und gerichtsfest abschließen zu können, benötigten sie zur letzten Beweissicherung nur noch die Unterstützung eines Mobilen Einsatzkommandos (MEK) bei der Observation. Es ging um wenige Tage. Doch der Gruppenführer des zuständigen MEK musste den Kollegen absagen. Er hatte gerade erfahren, dass seine Einheit zur Terrorabwehr an den Staatsschutz abkommandiert werde. Auf unbestimmte Zeit. Die Ermittler sind frustriert - und die Räuber noch immer aktiv.“ Im Mai 2016 musste Innenminister Jäger dann gegenüber dem Parlament einräumen, dass die ersten zusätzlichen Kräfte erst voraussichtlich Anfang 2018 einsatzbereit zur Verfügung stehen würden. Im Juni 2016 befasste sich der Innenausschuss aufgrund Medienberichten über eine hohe Zahl unbesetzter Stellen bei den MEK erneut mit der Thematik. Laut dem Bericht der Bildzeitung sollten 31 Prozent der Planstellen bei den derzeit vorhandenen Mobilen Einsatzkommandos der Polizei NRW unbesetzt sein, so dass gut ein Drittel der mobilen Anti-Terror-Einheiten der nordrhein-westfälischen Polizei damit nur auf dem Papier existiere. Zudem soll die Bewerberzahl für die MEK’s derart gering sein, dass das NRW-Innenministerium plante, die bisherige Altersgrenze für die Bewerber per Erlass von 40 auf 45 Jahre anzuheben. Immer wieder stand insoweit auch die Frage im Raum, ob nicht die Zulage für Spezialkräfte endlich spürbar angehoben werden muss, um den hohen Anspruch an diese Beamten und ihre Tätigkeit sowie einhergehende Mehrbelastungen bei Versicherungen auch entsprechend zu entlohnen. Weiter wurde dort ausgeführt: „Wir haben diese drei MEKs temporär dem LKA zur Verfügung gestellt, um konkret in die Terrorismusbekämpfung hineinzukommen, solange bis die Fahndungsgruppe einsatzklar ist und die Aufgaben dann mit der Verstärkung wieder wahrnehmen kann. In diesem Jahr werden wir noch sukzessive zwei MEKs wieder zurückführen, weil die Fahndungsgruppe so weit ist und ihre Einsätze wieder führen kann. Aber auch diese Mobilen Einsatzkommandos, die dann wieder der organisierten Kriminalität oder der Bekämpfung der anderen Kriminalität zugeführt werden, stehen prioritär zur Verfügung aufgrund ihrer Kenntnisse , die sie mittlerweile in diesem TE-Metier erlangt haben, um sofort wieder eingesetzt werden zu können, wenn denn der Bedarf dazu entsteht.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13544 3 Im September 2016 räumte nun Wolfgang D. , Polizei-Abteilungsleiter des Düsseldorfer Innenministeriums , dann endlich offen ein, dass die Zahl der NRW-Polizisten in den kommenden Jahren "leicht schrumpfen" werde und sich erst ab 2019 die beschlossenen Neueinstellungen bemerkbar machen würden (vgl. Kölner Stadt-Anzeiger vom 22.09.2016). Insoweit stellt sich die Frage der derzeitigen Belastung der MEK in NRW, wer die bisherige Arbeit der zur Terrorabwehr abgeordneten bzw. beanspruchten MEK hinsichtlich der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Bekämpfung der anderen Kriminalität ersatzweise in welcher Form wahrgenommen hat und welche Maßnahmen erforderlich sind, damit eine Gefährderüberwachung durch Einsatzkommandos nicht die wichtige Ermittlungsarbeit und den Ermittlungsdruck in anderen Bereichen der Organisierten Kriminalität, namentlich Rocker, Familienclans und Einbrecherbanden, tangiert. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5262 mit Schreiben vom 22. November 2016 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie hat sich die Zahl der islamistischen Gefährder in NRW seit 2014 entwickelt, die die Polizei im Visier hat (bitte auch unter Angabe, wie viele Personen der islamistisch -terroristischen Szene aus Nordrhein-Westfalen aktuell zur polizeilichen Beobachtung ausgeschrieben sind)? Seit 2014 ist ein kontinuierlicher Anstieg des islamistisch-terroristischen Personenpotenzials feststellbar. Der Umlaufbeschluss der AG Kripo vom 31.03.2014 definiert einen „Gefährder“ bundeseinheitlich als „Person, zu der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere solche im Sinne des § 100a StPO, begehen wird“. Die Anzahl der islamistischen Gefährder in NRW hat sich von ca. 70 Personen im Jahr 2014 auf ca. 200 Personen im Oktober 2016 annähernd verdreifacht . Aus diesem Personenkreis sind ca. 70 Gefährder präsent; die übrigen wurden zwar nicht ausgestuft, sind jedoch ausgereist, inhaftiert oder mutmaßlich im Ausland getötet worden. Nahezu 80% aller islamistischen Gefährder sind derzeit zur polizeilichen Beobachtung ausgeschrieben . 2. Wie hat sich der Überwachungsaufwand für MEK´s in NRW in Bezug auf islamistische Gefährder seit 2015 bis heute entwickelt (bitte unter Angabe, in welchem genauen Umfang die MEK der sechs KPB ganz oder teilweise den Polizeilichen Staatsschutz insoweit unterstützt haben)? Die Landesregierung veröffentlicht keine Details zu Einsätzen der Spezialeinheiten, um deren Fähigkeiten, Taktiken und Kapazitäten im Interesse der dringlich gebotenen Gewährleistung und des Erhalts ihrer Einsatzfähigkeit zu schützen. 3. Inwieweit konnten im Jahr 2015 und 2016 bis heute von MEK´s und TEG´s in NRW Aufträge von Fachdienststellen des LKA oder von Kreispolizeibehörden nicht angenommen /erledigt werden (bitte Auflistung nach Fachbereichen, Kriminalitätsbereich bzw. Deliktsfeld und Angabe, durch wen die Aufträge dann erledigt wurden)? Siehe Antwort zu Frage 2. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13544 4 4. Wie stellen sich derzeit die tatsächlichen Stärken der Mobilen Einsatzkommandos sowie der Fahndungsgruppe Staatsschutz dar (bitte Soll/Ist-Vergleich unter Angabe jeweils Zahl Planstellen, unbesetzte Stellen; getrennte Ausweisung der Zahl der Beamten/innen, die aufgrund von Elternzeit, Mutterschutz, langer Krankheit, etc. derzeit ihre Tätigkeit im MEK nicht aktiv ausüben können)? Siehe Antwort zu Frage 2. 5. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um eine schnellstmögliche Mobilisierung einer ausreichenden Zahl von MEK-Kräften für NRW ggfs. auch unter besseren finanziellen Anreizen (Erhöhung der Zulagen) zu erreichen, um bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität keine Engpässe entstehen zu lassen bzw. diese abzustellen (bitte Angabe genauer bisher erfolgter Handlungen und Zeitpläne einschließlich bestehender Fristen/Vorgaben für die im Juni 2016 im Innenausschuss genannten Maßnahmen (Titelerhöhung in Haushaltsentwurf der LReg; haushaltsrechtliche Entscheidungen; Sachstand und Ausblick, welchen Fragen der Organisation, Sachstand und Ausblick bei der Personalgewinnung und Fortbildung (Anzahl und Zeitpunkt von landesweiten Stellenausschreibungen sowie ggfs. Bewerbungszahlen, sonstige Ausschreibungstermine; Beginn des mehrstufigen Auswahlverfahrens und einer Einführungsfortbildung), Sachstand und Ausblick bei der Ausrüstung und Fragen der Unterbringung; Sachstand und Ausblick bei den personalvertretungsrechtlichen Beteiligungen; Planung und Zeitleisten der Aufbauphasen für jedes der drei MEK; wann stehen planmäßig alle drei Mobilen Einsatzkommandos nach derzeitiger Planung einsatzbereit mit 60 Mann fertig zur Verfügung))? Die Landesregierung hat zum Aufbau von drei zusätzlichen Mobilen Einsatzkommandos (MEK) mit Datum vom 10. Mai 2016 in der Antwort (LT-Drs. 16/11966) auf die Kleine Anfrage 4681 (LT-Drs. 16/11774) sowie mit Datum vom 09. August 2016 in der Antwort (LT-Drs. 16/12662) auf die Kleine Anfrage 4941 (LT-Drs. 16/12476) und darüber hinaus auf Antrag der Fraktion der CDU in der Sitzung des Innenausschusses am 30. Juni 2016 im Rahmen der aktuellen Viertelstunde Stellung genommen (APr 16/1364, TOP 4). Vor diesem Hintergrund verweise ich grundsätzlich auf diese Ausführungen. Im Weiteren ist die Angelegenheit als Bestandteil eines Antrags der Fraktion der CDU (LT- Drs. 16/12835) sowie eines Entschließungsantrags der Fraktion der PIRATEN (LT-Drs. 16/12946) in der Sitzung des Plenums am 15. September 2016 zu Tagesordnungspunkt 2 behandelt und zur weiteren Bearbeitung an den Innenausschuss überwiesen worden (PlBPr 16/121). Der Innenausschuss befasste sich hiermit in seiner Sitzung am 29. September 2016 zu Tagesordnungspunkt 12. Hierzu wurde eine Sachverständigenanhörung beschlossen, die derzeit noch aussteht. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 2. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13544