LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13572 24.11.2016 Datum des Originals: 24.11.2016/Ausgegeben: 29.11.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5297 vom 30. Oktober 2016 des Abgeordneten Ralf Witzel FDP Drucksache 16/13321 Angriffe und Gewalt gegen Polizeibeamte im Polizeipräsidium Oberhausen – In wie vielen und welchen Fällen ist es im vergangenen Jahr zu Zusammenstößen von Polizeibeamten mit diversen gewalttätigen Personen in Oberhausen gekommen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Immer wieder werden besorgniserregende Vorfälle bekannt, bei denen Polizeibeamte im alltäglichen Einsatz, beispielsweise bei der Erfassung von Verkehrsunfällen, bedroht und verletzt werden, und auch teilweise gezwungen sind, zum eigenen Schutz ihre Dienstwaffe zu ziehen. Gewalt, Respektlosigkeit und verbale wie körperliche Angriffe gegenüber Polizeibeamten sind eines Rechtsstaates unwürdig und gehören mit aller Konsequenz bekämpft. Ebenso ist die Existenz von konfliktreichen Räumen in keinem einzigen Großstadtquartier hinnehmbar, wie es im Ruhrgebiet offenbar leider bereits diverse zu geben scheint. Vor dem Hintergrund der ohnehin schon angespannten Personalsituation im Bereich des Polizeipräsidiums Oberhausen , was die auch an den Überstundenbergen ablesbare hohe Belastung der einzelnen Beamten anbelangt, muss die Entwicklung jeder Gewalt gegenüber Polizeikräften mit großer Sorge und Ernsthaftigkeit betrachtet werden. Aus früheren Mitteilungen der Landesregierung sind erschreckende Zahlen für Oberhausen bekannt: Die Zahl der Übergriffe gegen Polizeibeamte hat sich in Oberhausen von 2010 bis 2014 mehr als vervierfacht (2010: 18; 2011: 83; 2012: 67; 2013:68; 2014: 76; 2010-2014: 312 Fälle). Dabei sind Widerstandshandlungen gegen Polizeivollzugsbeamte, Bedrohung sowie vorsätzliche leichte Körperverletzung die häufigsten Formen von Übergriffen. Ein Vorkommnis aus dem Juli 2016, über den die WAZ berichtet hat, dokumentiert einen entsprechenden Vorfall auch anschaulich für dieses Jahr: „Bei einer Polizeikontrolle in Oberhausen hat eine Frau einen Polizeibeamten geschlagen. Am Sonntag gegen ein Uhr nachts hatten Polizisten die 33-Jährige am Höhenweg angehalten. Dabei stellten die Beamten Alkoholgeruch im Innenraum des Wagens fest. Die Frau stieg aus und versuchte zu Fuß zu flüchten. Als einer der Polizisten sie nach 150 Metern einholte, habe LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13572 2 sie ihm ins Gesicht geschlagen und versucht sich loszureißen, berichtet die Polizei am Montag .“ Auch am Einkaufszentrum Centro gab es laut Medienbericht der WAZ Anfang August 2016 Handgreiflichkeiten gegenüber Polizeibeamten: „Einen Aufenthalt im Polizeigewahrsam hat sich ein 26-Jähriger aus Moers eingehandelt, nachdem er am frühen Samstagmorgen am Centro randaliert hatte. Der junge Mann war zunächst mit Mitarbeitern des Centro-Sicherheitsdienstes aneinander geraten und hatte dafür bereits einen Platzverweis kassiert. Doch das störte den Moerser, der offenbar am Centro mit Freunden seinen Geburtstag gefeiert hatte, nicht. Da er sich weiter aggressiv verhielt, rief die Security eine Polizeistreife zur Unterstützung. Doch auch von den Polizeibeamten zeigte sich der Mann wenig beeindruckt und randalierte weiter. Er drohte den Polizisten sogar damit, Verstärkung zu rufen. Als der 26-Jährige dann eine Polizistin angriff, brachte diese den renitenten Randalierer mit Pfefferspray und einem Armhebel unter Kontrolle, heißt es im Einsatzbericht der Oberhausener Polizei.“ Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht ausweislich der Berichterstattung in verschiedenen Medien aktuell außerdem besondere Probleme in bestimmten Vierteln des Ruhrgebietes, in der die Gefahr der Entstehung rechtsfreier Nischen besteht und die Polizei nicht mehr allgemein als Ordnungsfaktor angesehen wird. Kriminelle Gruppierungen würden die Handlungsfähigkeit und den Respekt vor der Polizei dort bewusst schwächen, rechtstreue Bürger einschüchtern und Beamte am Vollzug von Recht und Gesetz hindern. Der Landtag hat ein Anrecht auf eine umfassende Information über die besorgniserregende Entwicklung von Gewalt und Übergriffen gegen Polizeibeamte in der Stadt Oberhausen. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5297 mit Schreiben vom 24. November 2016 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Welche im Zusammenhang mit dem Phänomen „Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamte “ verzeichneten Straftaten im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Oberhausen hat es gemäß Erfassung in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) im Jahr 2015 und den ersten drei Quartalen des Jahres 2016 bereits gegeben? Die im Zusammenhang mit dem Phänomen „Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamte“ verzeichneten Straftaten im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums (PP) Oberhausen bitte ich der Anlage 1 zu entnehmen. Datenquelle für diese Erfassung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Die Erfassung von Delikten erfolgt in der PKS nach bundeseinheitlich abgestimmten Richtlinien. Die Darstellung bezieht sich auf die Anzahl der erfassten Fälle, dabei wird nicht zwischen Vollendung und Versuch eines Deliktes unterschieden. 2. Wie viele gegen Polizeivollzugsbeamte gerichtete Beleidigungstatbestände hat es im PP Oberhausen jeweils jährlich seit 2012 gegeben? In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) werden Geschädigte und Informationen zu Geschädigten nur in den sogenannten Opfer-Delikten erfasst. Der Straftatbestand der Beleidigung ist in der PKS kein Opfer-Delikt. Daher kann durch die PKS zu der Anzahl der durch Beleidigung geschädigten Polizeibeamten und der entsprechenden Fallzahl keine Aussage getroffen werden . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13572 3 3. Welche Daten liegen dem PP Oberhausen jeweils jährlich von 2011 bis 2015 zur Anzahl an Krankentagen von Polizeivollzugsbeamten (PVB) nach Gewalteinwirkung vor? (bitte unter Angabe der Anzahl betroffener PVB und deren Soll-Arbeitstagen) Für das PP Oberhausen ergibt sich für den Zeitraum 01.01.2011 bis zum 31.12.2015 folgende Anzahl an Krankentagen von Polizeivollzugsbeamten (PVB) nach Gewalteinwirkung: Jahr Anzahl betroffener PVB Krankentage PVB nach Gewalteinwirkung 2011 X 1 64 2012 X 72 2013 8 60 2014 X 77 2015 X 62 4. Welche konkreten Maßnahmen hat der Dienstherr allgemein sowie als Konsequenz aus den besonders gravierenden Fällen von Gewalthandlungen zum Schutz der Bediensteten im PP Oberhausen ergriffen? Zu dem Gewaltphänomen gegenüber Polizeibeamtinnen und -beamten im Allgemeinen und den Maßnahmen zum Schutz der Beamtinnen und Beamten im Besonderen, hat die Landesregierung bereits ausführlich in den Antworten zu den Kleinen Anfragen 2219 (Drucksache 16/5854) und 3089 (Drucksache16/8020) Stellung genommen. Die getroffenen Maßnahmen tragen sowohl dazu bei, den persönlichen Schutz durch entsprechende Führungs- und Einsatzmittel zu verbessern, als auch das einsatztaktische Vorgehen anzupassen, um gefahrenträchtige Situationen, die zu Gewaltübergriffen führen können, zu verringern. Darüber hinaus stehen den Beamtinnen und Beamten zur Einsatzvorbereitung bzw. nach belastenden Einsätzen diverse Betreuungsmaßnahmen zur Verfügung, um akute Belastungsreaktionen zu vermindern bzw. schnellstmöglich abklingen zu lassen und spätere posttraumatische Belastungsstörungen zu verhindern. Konkret hat das PP Oberhausen, neben den landesweiten Standards im Bereich der internen Aus- und Fortbildung, im Rahmen eines Arbeitskreises „Gewalt gegen PvB“ im Jahr 2015 einen Flyer mit Hilfsangeboten und Unterstützungsadressen entwickelt. Dieser wurde unter dem Titel „Sei stark, hol dir Hilfe“ im Intranet der Polizei eingestellt. Zudem wird das Thema Eigensicherung regelmäßig im Rahmen von Besprechungen und im Dienstunterricht thematisiert. 5. Namentlich welche einzelnen Straßen, Quartiere oder Örtlichkeiten in Oberhausen haben sich nach Erkenntnissen des zuständigen PP in den letzten Jahren in besonderem Maße als „gefährliche Orte“ im Sinne von § 12 Absatz 1 Nummer 2 Polizeigesetz erwiesen? Im Zuständigkeitsbereich des PP Oberhausen gibt es aktuell keinen Ort, welcher gemäß § 12 Absatz 1 Nummer 2 Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) definiert wurde. 1 Aus datenschutzrechtlichen Gründen wird die Beschäftigtenzahl erst ab einer Anzahl von mehr als 5 Personen ausgewiesen. Kleine Anfrage 5297 Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamte PP Oberhausen PP Oberhausen Delikt Delikt-Text 2015 09/2016 222010 Sonstige Tatörtlichkeit bei gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 StGB 8 0 222110 Gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 StGB auf Straßen, Wegen oder Plätzen 14 9 224000 Vorsätzliche einfache Körperverletzung 9 7 232279 Sonstige Nötigung 0 1 232300 Bedrohung § 241 StGB 4 0 621021 Widerstand gegen Polizeivollzugsbeamte 45 33 621029 Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (ohne Polizeivollzugsbeamte) 0 1 Quelle: PKS NRW Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13572