LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13576 24.11.2016 Datum des Originals: 24.11.2016/Ausgegeben: 29.11.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5278 vom 21. Oktober 2016 des Abgeordneten Ralf Nettelstroth CDU Drucksache 16/13254 Ignoriert der Innenminister Bedrohungen und Übergriffe auf Kommunalpolitiker? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Westfälischen Nachrichten berichten am 21. Oktober 2016 über die Kritik des Bocholter Kämmerers am Umgang des nordrhein-westfälischen Innenministers mit der Bedrohung von Kommunalpolitikern. Seit über einem Jahr, so beklagt der Kämmerer, erhielten der Bürgermeister von Bocholt und er anonyme Hassmails und Morddrohungen. Regelmäßig seien die Hass- und Drohmails an den Staatsschutz weitergeleitet worden, doch die Stadt habe nie etwas über den Sachstand der Ermittlungen erfahren. Der Innenminister habe keine Reaktionen gezeigt. Erst als der Bocholter SPD-Vorsitzende in diesem Monat ähnliche Mails erhalten habe, sei der Minister aktiv geworden. Der Bocholter Kämmerer fühlt sich „brüskiert“, wenn Minister Jäger erst bei einem Medienhype reagiere. So etwas sei „nicht akzeptabel“. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger verurteilte die Drohungen gegen den Bocholter SPD-Vorsitzenden öffentlich als „unerträglichen Angriff auf Menschen, die sich für die Demokratie und das Gemeinwohl einsetzen“. Es gebe in der Gesellschaft die besorgniserregende Tendenz zur Verrohung. „Die Aggressions-Spirale dreht sich immer schneller. Das zeigt sich etwa in Hass-Postings und Cyber-Mobbing. Oder entlädt sich sogar in gewalttätigen Angriffen auf Politiker“, erklärte der Innenminister. Nach Zahlen des Innenministeriums gab es bis September im laufenden Jahr ein Dutzend Fälle von Bedrohungen gegen Amtsträger in Nordrhein-Westfalen, 42 Mal gingen Anzeigen wegen Beleidigungen bei der Polizei ein. 19 Mal registrierte die nordrhein-westfälische Polizei Sachbeschädigungen, wie zum Beispiel bei Angriffen gegen Parteibüros. Der Pressesprecher des Innenministers erklärte zu den Vorwürfen des Bocholter Kämmerers, dass der Innenminister seinerzeit von der Presse gefragt worden, was er zu dem konkreten Fall des SPD-Vorsitzenden sage. Dass in Bocholt auch der Bürgermeister und der Kämmerer betroffen sind, sei dem Minister nicht bekannt gewesen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13576 2 Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5278 mit Schreiben vom 24. November 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die statistische Erfassung Politisch motivierter Kriminalität (PMK) erfolgt bundesweit einheitlich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“. Der PMK werden danach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerkmale, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet. Darüber hinaus gehören Straftaten gemäß §§ 80-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102-104a, 105- 108e, 109-109h, 129a, 129b, 234a oder 241a StGB als Staatsschutzdelikte zur PMK, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann. Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungszusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet. 1. Wird seitens der Landesregierung bei Übergriffen auf Kommunalpolitiker je nach Parteizugehörigkeit anders gehandelt? Nein. 2. Zu welchem Zeitpunkt erlangte die Landesregierung Kenntnis der Bedrohungen des Bürgermeisters und des Kämmerers der Stadt Bocholt? Am 7.10.2016 wurden die Beleidigungen zum Nachteil des Bürgermeisters, am 12.10.2016 die Straftaten zum Nachteil des Kämmerers der Stadt Bocholt bekannt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13576 3 3. Aus welchem Grund hat die Landesregierung nicht auf die Bedrohungen der Hauptverwaltungsbeamten in Bocholt reagiert. Unmittelbar nach Bekanntwerden des Sachverhaltes (siehe Antwort zur Frage 2) hat sich die Landesregierung durch das Landeskriminalamt NRW umfassend über den Sachverhalt und die polizeilich dazu veranlassten Maßnahmen informieren lassen. Darüber hinaus habe ich die Sachverhalte sowohl öffentlich als auch in Gesprächen oder Schreiben mit den Betroffenen thematisiert, verurteilt und Unterstützung zugesagt. 4. Welchen Kenntnisstand hat die Landesregierung aktuell über Bedrohungen und Übergriffe auf Kommunalpolitiker? Im Kriminalpolizeilichen Meldedienst Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) werden Straftaten gegen Amts-/Mandatsträger seit dem 1.1.2016 bundesweit einheitlich erfasst. Für den Zeitraum 1.1.2016-9.11.2016 wurden 20 Straftaten gegen kommunale Amts- und Mandatsträger registriert. Bei den Straftaten handelt es sich vornehmlich um Bedrohungen, Sachbeschädigungen, Beleidigungen und Volksverhetzung. Gewaltdelikte wurden nicht registriert. 5. Welche Maßnahmen und Initiativen will die Landesregierung ergreifen, um den Schutz von Kommunalpolitikern vor Übergriffen und Bedrohungen zu stärken? Die Sicherheitsbehörden des Landes schützen und sichern im Rahmen ihrer Aufgaben die Rechtsordnung und handeln mit rechtsstaatlichen Mitteln konsequent gegenüber Anfeindungen von Politikerinnen und Politikern. Hierzu verweise ich auf den Bericht der Landesregierung zur Sitzung des Ausschusses für Kommunalpolitik am 4.11.2016 zum Antrag der Fraktion der FDP "Gewalt gegenüber Amts- und Mandatsträgern in Nordrhein-Westfalen" (Vorlage 16/4403). Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13576