LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13595 28.11.2016 Datum des Originals: 25.11.2016/Ausgegeben: 01.12.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5280 vom 25. Oktober 2016 des Abgeordneten Dr. Stefan Berger CDU Drucksache 16/13256 Online- BAföG ein Flop? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Anträge zur Beantragung von BAföG sollten ab 1. August diesen Jahres komplett im Internet abgewickelt werden können. Mit dem elektronischen BAföG sollte alles einfacher und schneller gehen. Wer einmal seinen Antrag online gestellt habe, so der Plan, kann immer wieder auf den Datensatz in seiner „E-Akte“ zurückgreifen. Bei einem Hochschulwechsel würde diese Akte in jedes Bundesland automatisch „mitreisen“. Mit einer Pressemitteilung feierte die Landesregierung am 2. August 2016, dass nun die komplett papierlose BAföG-Antragstellung möglich sei. Ministerin Svenja Schulze ließ sich mit folgenden Worten zitieren: „Das erweiterte BAföG-Online bedeutet eine wesentliche Erleichterung für die Studierenden und für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den BAföG-Ämtern. Von einem beschleunigten Ablauf des gesamten Verfahrens profitieren alle Beteiligten". Doch nach Aussage des Präsidenten des Deutschen Studentenwerkes, Herrn D. T., in verschiedenen Medien hakt es in der Praxis. Danach müssen Formulare weiter ausgedruckt und mit der Post verschickt werden. So hat zum Beispiel die Uni Bielefeld seit Anfang August nur einen einzigen Antrag registriert, der online eingegangen ist; die Uni Duisburg-Essen keinen einzigen. Die Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung hat die Kleine Anfrage 5280 mit Schreiben vom 25. November 2016 namens der Landeregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13595 2 1. Das Wissenschaftsministerium wird in Medienberichten mit der Aussage zitiert, wonach „ein elektronischer Datenaustausch (…) derzeit nicht möglich“ sei (z.B. Neue Rhein Zeitung vom 28.9.16). Waren die nun auftretenden Schwierigkeiten bei der BAföG-Beantragung am 2. August 2016 noch nicht abzusehen, als Frau Ministerin Schulze noch von einer „wesentlichen Erleichterung“ für alle Beteiligten sprach? Die in der Kleinen Anfrage zitierte Aussage bezog sich auf eine Presseanfrage zum Angebot des Landes Nordrhein-Westfalen, einen Antrag auf Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) auch elektronisch stellen zu können, kurz BAföG-Online genannt. Der Wortlaut der Presseanfrage beinhaltete, ob ein Datensatz auch in ein anderes Bundesland "mitgenommen" werden kann. Die pauschalierende Wiedergabe der Antwort, dass ein Datenaustausch nicht möglich sei, gibt daher den ursprünglichen Inhalt der Frage und damit den eigentlichen Inhalt der Antwort nicht wieder. Der von Seiten der Antragsteller eingegebene Datensatz kann über BAföG-Online und das durch den Antragsteller oder die Antragstellerin verwendete Speichermedium (z. B. Festplatte des verwendeten Computers) jederzeit wieder in das Verfahren eingelesen werden und damit auch „mitgenommen werden“. Dass der Antragsteller oder die Antragstellerin dafür auf das verwendete Speichermedium zurückgreifen muss, dient der Datensicherheit. Das bedeutet, dass die Daten bei der nächsten Antragstellung grundsätzlich wieder verwendet werden können , auch wenn sich die örtliche Zuständigkeit des Amtes für Ausbildungsförderung geändert hat. Die Aussage, dass das BAföG-Online Verfahren in Nordrhein-Westfalen eine wesentliche Erleichterung bedeute, bleibt daher richtig. 2. Vor dem Hintergrund eines registrierten Antrags an der Universität Bielefeld und keinem an der Universität Duisburg-Essen: wie definiert die Landesregierung eine „wesentliche Erleichterung“ für die Studierenden und für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den BAföG-Ämtern? Zuständig - und für den Empfang von aus BAföG-Online übermittelten Daten technisch ausgestattet und rechtlich befugt - sind für den Bereich des Studierenden-BAföG die Studierendenwerke als Ämter für Ausbildungsförderung. Daher nehmen weder die Universität Duisburg- Essen noch die Universität Bielefeld BAföG-Anträge entgegen. Im Übrigen bietet das BAföG-Online- Angebot nicht erst durch die Einbindung der elektronischen Authentifizierungsmöglichkeit mittels elektronischen Personalausweises seit dem 1. August 2016 eine wesentliche Erleichterung. Die Antragstellung über BAföG-Online steht bereits seit dem 15. Januar 2014 in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung. Die Antragstellerinnen und Antragsteller wurden seitdem mit elektronischen Ausfüllhilfen und Plausibilitätsprüfungen durch das Online-Verfahren bei der Antragstellung unterstützt. Die Daten können zudem auf Seiten der Ämter für Ausbildungsförderung in das Bearbeitungsprogramm übernommen werden und müssen nicht nochmals in das Bearbeitungsverfahren eingetippt werden. Eine weitere wesentliche Erleichterung sowohl für Bearbeiterinnen und Bearbeiter als auch Antragstellerinnen und Antragsteller liegt nun in dem Angebot, den Antrag mittels elektronischen Personalausweises ohne Unterschrift stellen zu können. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13595 3 3. Wie viele BAföG-Anträge wurden an nordrhein-westfälischen Hochschulen bisher online gestellt (bitte nach Hochschule differenziert darstellen)? An nordrhein-westfälischen Hochschulen können keine Anträge gestellt werden - weder online noch auf dem Papierweg, sondern bei den Ämtern für Ausbildungsförderung. Über das BAföG-Online-Portal sind seit Einführung des Verfahrens (15. Januar 2014) insgesamt 23.983 Anträge online eingegangen. Enthalten sind hier auch Online-Anträge im Bereich des Schüler-BAföG, der Auslandsförderung (Ausbildung in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg ) und eine kleinere zweistellige Anzahl von Testanträgen, die im Echtbetrieb durchgeführt wurden. 4. Wie beurteilt die Landesregierung vor dem Hintergrund der Probleme mit dem elektronischen Personalausweis eine landesweit verbindliche und individuelle Matrikelnummer die jeder Studierende bei der Einschreibung zugeteilt bekommt, und die Ausweisfunktion übernehmen könnte? Technische Probleme mit dem elektronischen Personalausweis sind nicht bekannt. Ein Studierendenausweis mit einer landesweit verbindlichen und individuellen Matrikelnummer könnte keine Ausweisfunktion mit sicherem Identitätsnachweis im Rahmen der elektronischen BAföG-Antragstellung übernehmen und kommt daher für das BAföG-Verfahren nicht in Betracht , wie nachfolgend begründet wird. In welchen Fällen welches Ausweisdokument erforderlich oder in elektronischer Form als Schriftformersatz ausreichend ist, entscheidet sich nach den jeweils einschlägigen Rechtsnormen . Die bei der Antragstellung auf Ausbildungsförderung nach dem BAföG grundsätzlich erforderliche Schriftform (§ 46 Absatz 1 Satz 1 BAföG) kann gemäß § 36 Absatz 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) durch die dort genannten Funktionen ersetzt werden. Die Auflistung des § 36 Absatz 1 Satz 4 SGB I ist abschließend. Werden Erklärungen unmittelbar in einem elektronischen Formular, das von der Behörde in einem Eingabegerät oder über öffentlich zugängliche Netze zur Verfügung gestellt wird, abgegeben (wie im BAföG-Online Verfahren ), muss gemäß § 36a Absatz 2 Satz 5 SGB I ein sicherer Identitätsnachweis nach § 18 des Personalausweisgesetzes oder nach § 78 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erfolgen. Der elektronische Identitätsnachweis erfolgt nach § 18 Absatz 2 Personalausweisgesetz durch Übermittlung von Daten aus dem elektronischen Speicher- und Verarbeitungsmedium des Personalausweises. Ein Ausweis, der die für das Antragsverfahren erforderliche Schriftform im elektronischen Verkehr ersetzen kann, muss daher zwingend ein elektronischer Personalausweis im Sinne des Personalausweisgesetzes sein. Ein Studierendenausweis ist kein Personalausweis . Überall dort, wo ein elektronischer Identitätsnachweis nach dem Personalausweisgesetz das Schriftformerfordernis ersetzen kann, ist der Einsatz eines anderen Ausweisdokumentes gerade nicht ausreichend. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13595