LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13597 28.11.2016 Datum des Originals: 25.11.2016/Ausgegeben: 01.12.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5288 vom 26. Oktober 2016 der Abgeordneten Christina Schulze Föcking CDU Drucksache 16/13286 Amtliche Lebensmittelüberwachung in Deutschland Wie gefährdet sind Verbraucherinnen und Verbraucher wirklich? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Lebensmittelkontrolle im Land Nordrhein-Westfalen ist gut aufgestellt. Viele Behörden und Kontrolleure arbeiten täglich dafür, dass für die Verbraucherinnen und Verbraucher ein möglichst hohes Maß an Sicherheit gewährleistet ist. Durch verschiedene Vorstöße und Äußerungen, die angeblich einer weiteren Steigerung des Sicherheitsniveaus bei unseren Lebensmitteln dienen sollen, verunsichert die Landesregierung jedoch die Verbraucherinnen und Verbraucher. So z.B. durch die Äußerung von Minister Remmel, dass die Anzahl der Beanstandungen bei Proben im Jahr 2015 sogar gestiegen sei. Eine solche Äußerung lässt den unausgesprochenen Schluss zu, die Lebensmittelsicherheit habe sich verschlechtert. Solche Aussagen lassen sich jedoch nur machen, wenn es wirkliche Anhaltspunkte für eine gesundheitliche Beeinträchtigung oder Gefährdung der Verbraucherinnen und Verbraucher gibt. Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 5288 mit Schreiben vom 25. November 2016 namens der Landesregierung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13597 2 Vorbemerkung der Landesregierung Aufgabe der amtlichen Lebensmittelüberwachung ist es, Verbraucherinnen und Verbraucher vor gesundheitlichen Gefahren durch Lebensmittel, Tabakerzeugnisse, kosmetische Mittel und Bedarfsgegenstände sowie vor Irreführung und Täuschung zu schützen. Grundsätzlich haben diejenigen, die Lebensmittel, Tabakerzeugnisse, kosmetische Mittel und sonstige Bedarfsgegenstände herstellen, behandeln oder in Verkehr bringen, die Verantwortung für ihre Produkte und damit zugleich die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass ihre Produkte den rechtlichen Vorschriften entsprechen. Die für die amtliche Lebensmittelüberwachung zuständigen Behörden überprüfen die Betriebe und deren Eigenkontrollen systematisch und risikobasiert sowie deren Produkte darauf, ob die zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher geschaffenen Rechtsvorschriften von der Herstellung bis zum Endverbrauch auch wirklich eingehalten werden . Rechtsgrundlage der amtlichen Lebensmittelüberwachung ist die sogenannte EU-Kontrollverordnung (VO (EG) Nr. 882/2004) und auf nationaler Ebene das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB). Insgesamt gibt es eine Fülle von gesetzlichen Vorschriften, vor allem der Europäischen Union und des Bundes, um Verbraucherinnen und Verbraucher vor möglichen gesundheitlichen Schäden sowie vor Irreführung und Täuschung zu schützen. Die amtliche Kontrolle der registrierten Betriebe sowie die amtliche Probenahme erfolgen risikoorientiert. Für Betriebskontrollen und Probenahmen sind in Nordrhein-Westfalen die Lebensmittelüberwachungsämter der Kreise und kreisfreien Städte zuständig. Die Kontrollprioritäten für die Betriebskontrollen ergeben sich aus den Risikoeinstufungen nach den Vorgaben der Allgemeine Verwaltungsvorschrift über Grundsätze zur Durchführung der amtlichen Überwachung der Einhaltung lebensmittelrechtlicher , weinrechtlicher, futtermittelrechtlicher und tabakrechtlicher Vorschriften (AVV Rahmen-Überwachung – AVV RÜb). So ergeben sich für die Betriebe kürzere Kontrollintervalle, die im Rahmen der Risikoeinstufung ein höheres „Risiko“ aufweisen. Auch die Probenahme erfolgt gemäß § 9a der AVV RÜb risikoorientiert in Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden und den amtlichen Prüflaboratorien. Danach sind mindestens 80 % des Probensolls risikoorientiert zu planen. Soweit verfügbar werden Ergebnisse der amtlichen Kontrolle der Betriebe sowie der landesspezifischen Produktions - und Gewerbestrukturen berücksichtigt. Es werden beispielsweise Lebensmittel häufiger beprobt, bei denen in zurückliegenden Berichtszeiträumen vermehrt Beanstandungen vorgekommen sind. 1. Wie hat sich die Anzahl der beanstandeten Proben und Betriebe in den letzten 10 Jahren entwickelt (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Im Rahmen der Jahresberichterstattung zum mehrjährigen nationalen Kontrollplan sind Daten ab dem Jahr 2007 verfügbar. In den nachfolgenden Tabellen sind die Ergebnisse der Betriebskontrollen und Probenuntersuchungen in NRW seit 2007 bis 2015 zusammengefasst : LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13597 3 Betriebskontrollen 2007 – 2015: Jahr kontrollierte Betriebe davon beanstandet prozentualer Anteil 2007 96.300 21.957 22,8 2008 95.194 24.869 26,1 2009 100.306 28.679 28,6 2010 102.195 31.614 30,9 2011 102.456 29.440 28,7 2012 98.927 26.371 26,7 2013 97.256 24.552 25,2 2014 98.359 25.975 26,4 2015 96.601 19.071 19,7 Probenuntersuchungen 2007 – 2015: Jahr untersuchte Proben davon beanstandet prozentualer Anteil 2007 89.971 11.303 12,6 2008 91.414 10.589 11,6 2009 89.832 9.519 10,6 2010 90.616 10.709 11,8 2011 91.890 9.941 10,8 2012 91.895 9.854 10,7 2013 89.955 8.370 9,3 2014 89.427 8.412 9,4 2015 92.386 9.774 10,6 2. Wie hat sich das Bußgeldaufkommen durch beanstandete Proben und Betriebe in den letzten 10 Jahren entwickelt (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Dem Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz liegen hierzu keine Daten vor. Dazu wäre eine umfangreiche Abfrage der für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Lebensmittelüberwachungsämter der Kreise und kreisfreien Städte nötig. Im Rahmen der zeitlichen Vorgaben zur Beantwortung der vorliegenden Anfrage ist eine solche Abfrage nicht möglich. 3. Wie gliedern sich die Mängel nach Art und Schwere in den letzten Jahren jeweils auf? Dem Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz liegen nur Berichterstattungen hinsichtlich der Art der Verstöße seit 2008 vor. In Bezug auf die Schwere der festgestellten Verstöße wäre eine umfangreiche Abfrage der für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Lebensmittelüberwachungsämter der Kreise und kreisfreien Städte nötig. Im Rahmen der zeitlichen Vorgaben zur Beantwortung der vorliegenden Anfrage ist eine solche Abfrage nicht möglich. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13597 4 Die Jahresberichtserstattung zum mehrjährigen nationalen Kontrollplan unterscheidet bei Betrieben folgende Arten von Verstößen: Hygiene (HACCP, Ausbildung); Hygiene allgemein; Zusammensetzung (nicht mikrobiologisch); Kennzeichnung und Aufmachung ; andere Verstöße. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Verteilung der festgestellten Verstöße im Rahmen von Betriebskontrollen nach Art in den Jahren 2008 bis 2015: Betriebskontrollen 2008 – 2015: Art der Verstöße Hygiene (HACCP, Ausbild.) Hygiene allgemein Zus.-setzung Kennz./ Aufmachung andere 2008 7.657 20.490 845 6.932 1.667 2009 8.301 23.409 561 8.127 2.798 2010 9.393 24.664 731 9.293 2.325 2011 10.023 25.121 585 8.237 14.991 2012 10.324 22.053 765 7.758 1.511 2013 10.520 21.401 536 6.794 1.178 2014 11.165 22.046 355 6.805 1.122 2015 7.163 46.298 285 7.662 779 Die Jahresberichtserstattung zum mehrjährigen nationalen Kontrollplan unterscheidet bei Probenuntersuchungen folgende Arten von Verstößen: mikrobiologische Verunreinigungen, andere Verunreinigungen, Zusammensetzung, Kennzeichnung und Aufmachung, andere. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Verteilung der festgestellten Verstöße im Rahmen von Probenuntersuchungen nach Art in den Jahren 2008 bis 2015: Probenuntersuchungen 2008 – 2015: Art der Verstöße Verunreinigungen Mibio Verunreinigungen andere Zus.-setzung Kennz./ Aufmachung andere 2008 984 750 1.270 7.533 866 2009 1.088 807 1.113 6.698 760 2010 1.150 826 1.210 7.538 726 2011 1.070 742 961 7.068 573 2012 966 592 1.160 6.961 478 2013 800 695 867 5.894 492 2014 890 708 1.021 5.344 704 2015 1.005 654 759 7.221 970 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13597 5 4. Von wie vielen beanstandeten Proben ging eine gesundheitliche Relevanz für die Verbraucherinnen und Verbraucher aus? Angaben zu gesundheitlich relevanten Beanstandungsgründen ergeben sich aus der jeweiligen Jahresberichtserstattung der Untersuchungsämter. Dabei wird unterschieden, ob von dem untersuchten Lebensmittel eine Gesundheitsschädlichkeit oder eine Gesundheitsgefährdung in Bezug auf mikrobiologische Verunreinigungen und andere Ursachen ausgeht. Bei der Frage, ob ein Lebensmittel gesundheitsschädlich ist, ist die Wahrscheinlichkeit einer sofortigen und/oder kurzfristigen und/oder langfristigen Auswirkung des Lebensmittels auf die menschliche Gesundheit zu berücksichtigen. Für eine Gesundheitsgefährdung werden chronische Effekte betrachtet. So kann sich der Verzehr von Nüssen, die mit potentiell krebserregenden Mykotoxinen belastet sind, langfristig auf die Gesundheit auswirken. Die nachfolgende Tabelle fasst die gesundheitsrelevanten Beanstandungen bei den untersuchten Lebensmittelproben der Jahre 2010 bis 2015 zusammen: gesundheitsrelevante Beanstandungen 2010 – 2015: gesundheits-schädlich gesundheits-gefährdend Mibio andere Ursachen Mibio andere Ursachen gesamt %- Anteil * 2010 19 18 8 15 60 0,07 2011 11 35 15 18 79 0,09 2012 24 14 5 7 50 0,05 2013 17 15 5 7 55 0,06 2014 27 19 2 11 59 0,07 2015 14 21 6 3 44 0,05 *Anteil an Gesamtprobenzahl (siehe Tabelle Probenuntersuchungen zu Frage 1) 5. In wie vielen Fällen wurden die zuständigen Behörden nach Hinweisen von Verbraucherinnen und Verbraucher tätig UND haben anschließend eine erhebliche Gefährdung der Verbraucherinnen und Verbraucher festgestellt? Dem Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz liegen hierzu keine Daten vor. Dazu wäre eine umfangreiche Abfrage der für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Lebensmittelüberwachungsämter der Kreise und kreisfreien Städte nötig. Im Rahmen der zeitlichen Vorgaben zur Beantwortung der vorliegenden Anfrage ist eine solche Abfrage nicht möglich. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13597