LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13617 28.11.2016 Datum des Originals: 28.11.2016/Ausgegeben: 01.12.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5294 vom 28. Oktober 2016 des Abgeordneten Henning Höne FDP Drucksache 16/13300 Unterstützung von anerkannten Tierschutzvereinigungen durch das Land – wofür werden die Mittel verwendet? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Auf der Grundlage des Gesetzes über das Verbandsklagerecht und Mitwirkungsrechte für Tierschutzvereine (TierschutzVMG), das am 6. Juli 2013 in Kraft getreten ist, hat das nordrheinwestfälische Verbraucherschutzministerium inzwischen acht Tierschutzvereine nach § 3 dieses Gesetzes anerkannt. Diese Tierschutzvereinigungen erhalten so besondere Beteiligungsund umfangreiche Klagerechte bei Verwaltungsverfahren im Tierschutz. Unter anderem ist ihnen Einsicht in Antrags- und Verfahrensunterliegen zu den tierschutzrechtlichen Aspekten in Genehmigungsverfahren zu gewähren. Mit den geschaffenen Mitwirkungsrechten werden den anerkannten Tierschutzvereinigungen neue Arbeitsfelder eröffnet, die sich in personeller und finanzieller Hinsicht auswirken. Zur Koordinierung und Bündelung dieser Aufgaben wurde im Februar 2015 von den Vereinigungen ein gemeinsames Landesbüro in bester Düsseldorfer Innenstadtlage eingerichtet, das vom Umweltministerium finanziell unterstützt wird. Das Landesbüro wird laut seiner aktuellen Website von den anerkannten Tierschutzverbänden ARIWA - Animal Rights Watch e.V.; Bundesverband Tierschutz e.V.; Deutsches Tierschutzbüro e.V.; Europäischer Tier- u. Naturschutz e.V.; Landestierschutzverband NRW e.V.; Menschen für Tierrechte; Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V. und Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V. Landesgeschäftsstelle NRW getragen. Derzeit wird im Umweltministerium zumindest bezüglich eines anerkannten Vereins ein Verfahren über dessen mögliche Aberkennung durchgeführt. Zudem hat ein anderer anerkannter Verein vor kurzem auf seiner Homepage umfangreiches Bildmaterial öffentlich gemacht, dass nach Aussage dieses Vereins durch „Undercover- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13617 2 Filmteams in der bisher umfangreichsten deutschen Langzeitrecherche nachts heimlich – teilweise mehrmals innerhalb eines Jahres – in 12 Schweine-, Puten- und Hühneranlagen“ und damit mutmaßlich mittels Begehung einer Straftat gefilmt wurde. Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 5294 mit Schreiben vom 28. November 2016 namens der Landesregierung beantwortet. 1. In welchen Fällen haben die anerkannten Tierschutzvereinigungen von ihren Mitwirkungsrechten seit Anerkennung Gebrauch gemacht? Bei dem zuständigen Ministerium sind bisher (Stand: 8. November 2016) folgende Anfragen bzw. Eingaben anerkannter Vereine bekannt: a) Eingabe von ETN e.V. bei einem Fall der Ziegenhaltung im Rhein-Sieg-Kreis (Juni 2014); b) Eingabe von ARIWA e.V.(Juli 2014): Verdacht auf eine Belastung von Futtermitteln mit Furazolidon in mehreren tierhaltenden Betrieben in NRW. ARIWA wies darauf hin, dass eine Tötung der Tiere tierschutzwidrig sei, weil Furazolidon vom Organismus vollständig abgebaut und ausgeschieden werde. Die zuständigen Kreise haben lediglich Probeschlachtungen vornehmen lassen, im Übrigen war keine Tötung von Tieren vorgesehen . c) Einwendungen von ARIWA e.V. in Baugenehmigungsverfahren im Hinblick auf die Platzverhältnisse von Sauen bei dem Einsatz von Kastenständen (seit September 2014) und Eingaben von ARIWA e.V. im Hinblick auf die Haltung von Sauen in Kastenständen in bestehenden Betrieben d) Klage von ARIWA e.V. gegen den Kreis Siegen-Wittgenstein vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg auf Gewährung von Akteneinsicht und Beteiligung an dem Verwaltungsverfahren bzgl. einer Hundezucht (November 2014). e) Klage von ARIWA e.V. gegen den Kreis Steinfurt vor dem Verwaltungsgericht Münster auf Gewährung von Akteneinsicht und Beteiligung an einem Verwaltungsverfahren bzgl. einer Sauenhaltung unter Einsatz von Kastenständen (November 2014); f) Einwendungen und Klage des Deutschen Tierschutzbundes e.V. und des Landestierschutzbundes e.V. gegen das Bauvorhaben eines Mastputenhalters im Kreis Warendorf (August 2015); Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 4291 (Landtags-Drucksache 16/11257) verwiesen. 2. In welchen Verfahren wurde das Landesbüro der anerkannten Tierschutzvereinigungen bisher beteiligt? Das Landesbüro ist aufgrund einer Bevollmächtigung seiner angeschlossenen Vereine zur Entgegennahme, Weiterleitung und Einsichtnahme von Unterlagen, Anfragen und Mitteilun- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13617 3 gen der Behörden sowie zur Abgabe von Stellungnahmen im Zusammenhang mit dem Tierschutz VMG befugt. So hat es z.B. im Februar 2016 im Namen der angeschlossenen Vereine eine Anfrage an verschiedene nordrhein-westfälische Veterinärämter zur Frage der Flugunfähigmachung von Vögeln in Zoos gestellt. Ebenso vertritt das Landesbüro die angeschlossenen Vereine bei Fachgesprächen, die das MKULNV, die Landesregierung, der Landtag und die Behörden im Zusammenhang mit dem TierschutzVMG NRW durchführen. So nimmt die Vertreterin des Landesbüros z.B. an den regelmäßigen Sitzungen des Tierschutzbeirates teil. Das Landesbüro steht den Behörden als zentraler Ansprechpartner zur Verfügung und nimmt eine Bündelungsfunktion wahr. Es koordiniert die Ein- und Ausgänge von Informationen, so dass sich der bürokratische Aufwand für die Behörden reduziert. Im Übrigen sind die im Tierschutz VMG den anerkannten Vereinen gewährten Rechte jedoch durch diese selbst wahrzunehmen . Dementsprechend unterliegen die o.g. Tätigkeiten des Landesbüros selbst keiner Berichtspflicht. 3. Zu welchem zusätzlichen Verwaltungsaufwand für die Behörden hat die Durchführung der Beteiligungsverfahren bisher geführt? Mit ministeriellen Erlassen vom 12. Dezember 2014 sind das für die Tierversuchsgenehmigungsverfahren zuständige Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LA- NUV) und die für die allgemeinen tierschutzrechtlichen Verwaltungsverfahren zuständigen Kreisordnungsbehörden gebeten worden, kalenderjährlich Angaben zu den Informationsanträgen der Vereine nach § 2 Absatz 5 Satz 1 TierschutzVMG NRW, der Anzahl der zu den Verfahren erfolgten Mitwirkungen der Vereine (Einsichtnahmen), der Anzahl der zu den erfolgten Stellungnahmen der Vereine, der Anzahl der gegen Entscheidungen durch die Vereine erhobenen Rechtsbehelfe und ihrem Ausgang zu erfassen und dem LANUV bis zum 15. Februar des Folgejahres zu berichten. In dem Bericht des LANUV für den Zeitraum des Jahres 2015 werden in Bezug auf den Zeitund Kostenaufwand für den Vollzug des TierschutzVMG NRW von 15 Kreisordnungsbehörden Angaben gemacht. Die übrigen Veterinärämter melden keinen Zeit- und Kostenaufwand für den Vollzug des TierschutzVMG NRW. Drei Kreisordnungsbehörden merken an, dass sie zum Zeit- und Kostenaufwand für den Vollzug des TierschutzVMG NRW keine Angabe machen könnten, da dieser nicht ermittelt wurde, nicht bezifferbar sei oder das Verfahren noch laufen würde und somit keine endgültige Angabe erfolgen könne. Von 12 Kreisordnungsbehörden wird insgesamt ein Zeitaufwand von 135,25 Stunden sowie ein Kostenaufwand von 9428,25 € berichtet. Mit dem TierschutzVMG NRW wurde „Neuland“ beschritten. Die bisher vorliegenden Erkenntnisse und deren Auswertungen sind wenig belastbar, sie dienen eher als Orientierung. Nach den ersten Erfahrungen mit dem Verbandsklagerecht kann jedoch die Feststellung getroffen werden, dass von den anerkannten Vereinen - wie von der Landesregierung erwartet - lediglich in ausgewählten Fällen und nicht im Wege von „Klagewellen“ von den durch das Gesetz eingeräumten Rechten Gebrauch gemacht wird. Bei diesen Fällen handelt es sich überwiegend um „Pilotverfahren“ zur grundsätzlichen Klärung bestimmter Fragestellungen. 4. In welcher Weise wurden die anerkannten Tierschutzvereine bzw. das Landesbüro direkt seit 2013 von der Landesregierung (in finanzieller oder sachlicher Hinsicht) gefördert? (Bitte differenziert nach Jahr und Art/Höhe der Förderung angeben). Das Landesbüro wird im Jahr 2016 mit rund 30.000 EUR und im Jahr 2017 mit rund 70.000 EUR gefördert. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13617 4 5. Inwiefern hält die Landesregierung die planmäßige Begehung von Straftaten für eine Verfolgung gemeinnütziger Zwecke, wie sie als Anerkennungsvoraussetzung nach dem TierschutzVMG vorgeschrieben ist? Zunächst obliegt die Entscheidung, ob ein Verhalten strafbar ist, den Staatsanwaltschaften und ordentlichen Gerichten. Wird dem für die Anerkennung der Vereine nach § 3 TierschutzVMG NRW zuständigen Ministerium bekannt, dass Mitglieder eines anerkannten Vereins planmäßig im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Vereins strafbare Handlungen begehen und deswegen rechtskräftig verurteilt werden, so wird ein Verfahren zum Widerruf der Anerkennung eingeleitet. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13617