LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13699 06.12.2016 Datum des Originals: 06.12.2016/Ausgegeben: 09.12.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5305 vom 2. November 2016 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/13344 Warum werden Kommunen beim Unterhaltsvorschuss vom Land NRW mehr zur Kasse gebeten als in anderen Bundesländern? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Kinder alleinstehender Mütter und Väter haben einen eigenen Anspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Diese Leistungen werden entweder als Unterhaltsvorschuss erbracht, wenn es einen unterhaltspflichtigen anderen Elternteil gibt oder als Unterhaltsausfallleistung, wenn ein leistungsfähiger Unterhaltsverpflichteter nicht vorhanden ist. Erhält ein Kind solche Leistungen, gehen dessen Unterhaltsansprüche gegen den familienfernen Elternteil auf das Land über. Dieser Elternteil wird zur Rückzahlung der gewährten Unterhaltsleistungen aufgefordert (Rückgriff). Finanziert werden diese Unterhaltsleistungen gemeinsam von Bund, Ländern und gegebenenfalls Kommunen. Dabei trägt der Bund ein Drittel der Ausgaben und erhält ein Drittel der Einnahmen. Über die Aufteilung der übrigen zwei Drittel zwischen Land und Kommunen entscheiden die Länder selbst. Im Rahmen der Gespräche von Bund und Ländern über die Neuausstattung der Finanzbeziehungen wurde auch eine Ausweitung des Unterhaltsvorschusses vereinbart. So soll beim Unterhaltsvorschuss ab dem 01.01.2017 die Altersgrenze von 12 auf 18 Jahre angehoben und die Befristung der Bezugsdauer (derzeit: 72 Monate bzw. 6 Jahre) aufgehoben werden. Hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen dieser Verabredung liegt eine Untersuchung des Fraunhofer Instituts vor. Demnach geht der Bund von Mehraufwendungen bei den Leistungsausgaben in Höhe von 790 Mio. € p.a. bundesweit aus, die zu 1/3 durch den Bund und zu 2/3 durch die Länder (in Nordrhein-Westfalen aber zu mehr als 50 % der Gesamtleistungsaufwendungen von den Kommunen in Nordrhein-Westfalen) getragen werden. Angesichts der bisherigen Kosten und in Anbetracht der künftig entstehenden Kosten durch Unterhaltsvorschusszahlungen und geringer Rückgriffsquoten ist die landesgesetzliche LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13699 2 Umsetzung der Kostenbeteiligung der Kommunen in den Ländern von großer Bedeutung. Dabei fällt auf, dass die Länder die Kommunen in unterschiedlicher Höhe an den Kosten des Unterhaltsvorschusses beteiligen. Auffällig ist insbesondere, dass die Kommunen in Nordrhein-Westfalen mehr als die Hälfte der Kosten zu tragen haben, im Gegensatz zu den Kommunen in anderen Bundesländern: Das Gesetz zur Ausführung des Unterhaltsvorschussgesetzes Nordrhein-Westfalen legt fest, dass die nordrhein-westfälischen Kommunen zu 80 Prozent die Geldleistungen zu finanzieren haben, die vom Land zu tragen sind. Dies bedeutet letztlich für Nordrhein-Westfalen, dass der Bund ein Drittel der Kosten trägt, die Kommunen 53 Prozent und das Land selbst nur 14 Prozent. In Baden-Württemberg werden die Einnahmen und Ausgaben zu je einem Drittel auf das Land und die Land- und Stadtkreise sowie kreisangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt aufgeteilt. Die genannten kommunalen Körperschaften führen das Unterhaltsvorschussgesetz aus und tragen hierfür auch die Verwaltungskosten. Ebenso verhält es sich in Rheinland-Pfalz und Sachsen, wo die kommunalen Träger entsprechend mit einem Drittel an den Unterhaltsvorschusskosten beteiligt sind. In Mecklenburg-Vorpommern werden sogar nur 1/12 der Ausgaben für Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz von den Kommunen als Aufgabenträger gezahlt und damit weniger als zu 10 Prozent. Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 5305 mit Schreiben vom 6. Dezember 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. 1. Wie hoch ist prozentual jeweils in den anderen Bundesländern die gesetzlich bestimmte Beteiligung der Kommunen insgesamt an den Gesamtaufwendungen für Unterhaltszahlungen? Eine Aufstellung der Finanzierungsanteile der Länder bzw. Kommunen in den einzelnen Bundesländern ist als Anlage 1 beigefügt. 2. Aus welchem sachlichen Grund tragen in Nordrhein-Westfalen die Kommunen mit 53,34 Prozent einen höheren Anteil an den Unterhaltskosten als in anderen Bundesländern? Die aktuelle Regelung zur Verteilung des Aufwandes zwischen Land und Kommunen wurde durch das Haushaltsbegleitgesetz 2002 getroffen. Hintergrund war ein Prüfbericht des Landesrechnungshofs vom 21. August 1996. Dieser hatte festgestellt, dass der Anteil von Sozialhilfeberechtigten an den Berechtigten nach dem Unterhaltsvorschussgesetz mehr als 80 Prozent betrug und die Gewährung von Unterhaltsvorschuss die Kommunen in dieser Größenordnung entlastete, weil Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz vorrangig vor der Sozialhilfe (bzw. nach heutiger Regelung: vor Leistungen nach dem SGB II) zu gewähren sind. Dementsprechend wurde die Beteiligung der Kommunen an den Ausgaben - aber auch an den Rückgriffseinnahmen - auf 80 Prozent der vom Bund nicht übernommenen Aufwendungen erhöht. Das entspricht rund 53,3 Prozent der Gesamtausgaben bzw. - einnahmen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13699 3 3. Welche Aussagen sind zur so genannten Rückgriffsquote im Land, auch im Vergleich zu anderen Bundesländern, möglich (nach Jugendämtern getrennt die Rückgriffsquote darstellen)? Hinsichtlich der Rückgriffsquoten für das Jahr 2015 wird auf die Anlage 2 verwiesen. 4. Wie beurteilt die Landesregierung - angesichts des Beschlusses von Bund und Ländern die Unterhaltsleistungen auszuweiten und damit Mehraufwendungen in Nordrhein-Westfalen vor allem zu Lasten der Kommunen in Millionenhöhe auszulösen – die Notwendigkeit den Kommunalanteil an den Unterhaltsvorschusszahlungen zu Lasten des Länderanteils zu verringern, analog zu anderen Bundesländern? Im Rahmen der Verhandlungen zum Bund-Länder-Finanzausgleich finden derzeit Gespräche darüber statt, in welchem Verhältnis die Mehraufwendungen im Bereich des Unterhaltsvorschusses von Bund und Ländern getragen werden. 5. Welche Entwicklung ist bezüglich der Unterhaltszahlungen in den vergangenen Jahren in den Kommunen in Nordrhein-Westfalen zu verzeichnen? Zur Entwicklung der Unterhaltszahlungen in den Kommunen liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Die Entwicklung der Zahlungen von Unterhaltsvorschuss (Anteile von Bund, Land und Kommunen addiert) stellt sich in der laufenden Legislaturperiode wie folgt dar: Jahr 2012 2013 2014 2015 UVG-Brutto- Ausgaben für NRW in Euro 205.192.900 201.963.100 200.505.700 204.373.900 Anlage 1 UVG Kostenverteilung Bund - Land – Kommunen Bund je 33,3% Verteilung der UVG Ausgaben auf Land und Kommunen Verteilung der UVG Rückgriffeinnahmen auf Land und Kommunen Baden – Württemberg Land 33,3% Kommunen 33,3% Land 33,3% Kommunen 33,3% Bayern Land 66,7% Land 66,7% Berlin Land 66,7% Land 66,7% Brandenburg Land 66,7% Land 66,7% Bremen Land 55,6% Kommunen 11,1% Land 50,0% Kommunen 16,7% Hamburg Land 66,7% Land 66,7% Hessen Land 33,3% Kommunen 33,3% Land 33,3% Kommunen 33,3% Mecklenburg – Vorpommern Land 58,3% Kommunen 8,3% Land 58,3% Kommunen 8,3% Niedersachsen Land 46, 7% Kommunen 20,0% Kommunen 66,7% Nordrhein – Westfalen Land 13,3% Kommunen 53,3% Land 13,3% Kommunen 53,3% Rheinland – Pfalz Land 33,3% Kommunen 33,3% Land 33,3% Kommunen 33,3% Saarland Land 50% Kommune 16,7% Land 50% Kommune 16,7% Sachsen Land 33,3% Kommune 33,3% Land 7,7% Kommune 59% Sachsen – Anhalt Land 33,3% Kommunen 33,3% Land 33,3% Kommunen 33,3% Schleswig – Holstein Land 66,7% Land 66,7% Thüringen Land 33,3% Kommunen 33,3% Kommunen 66,7% Anlage 2 Rückgriffsquoten Länder 2015 2015 Baden-Württemberg 33% Bayern 35% Berlin 17% Brandenburg 22% Bremen 11% Hamburg 11% Hessen 19% Mecklenburg-Vorpommern 17% Niedersachsen 23% Nordrhein-Westfalen 20% Rheinland-Pfalz 27% Saarland 22% Sachsen 22% Sachsen-Anhalt 23% Schleswig-Holstein 21% Thüringen 22% insgesamt 23% Rückgriffsquoten NRW 2015, gegliedert nach Kreisen, kreisfreien Städten und kreisangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt Bezirksregierung Arnsberg 2015 Altena 20,5 Arnsberg 23,2 Bergkamen 13,3 Bochum 17,0 Breckerfeld 34,5 Dortmund 15,9 Ennepetal 29,2 Gevelsberg 32,5 Hagen 13,0 Hamm 17,0 Hattingen 18,6 Hemer 22,9 Herdecke 33,6 Herne 19,5 Hochsauerlandkreis 31,6 Iserlohn 21,5 Kamen 24,7 Lippstadt 33,4 Lüdenscheid 28,4 Lünen 11,8 Märkischer Kreis 35,0 Menden 34,2 Olpe 45,1 Plettenberg 35,4 Schmallenberg 10,6 Schwelm 21,6 Schwerte 41,9 Selm 24,8 Siegen, Kreis 35,8 Siegen, Stadt 23,8 Soest, Kreis 36,4 Soest, Stadt 18,8 Sprockhövel 24,0 Sundern 18,0 Unna, Kreis 26,2 Unna, Stadt 36,7 Warstein 31,9 Werdohl 17,5 Werne 26,1 Wetter 22,8 Witten 15,4 Regierungsbezirk insges. 25,5 Bezirksregierung Detmold 2015 Bad Oeynhausen 52,1 Bad Salzuflen 12,3 Bielefeld 27,0 Bünde 41,1 Detmold 18,4 Gütersloh, Kreis 30,8 Gütersloh, Stadt 23,9 Herford, Kreis 34,8 Herford, Stadt 14,7 Höxter 16,5 Lage 15,5 Lemgo 33,2 Lippe 26,6 Löhne 18,0 Minden, Stadt 14,9 Minden/Lübbecke, Kreis 36,3 Paderborn, Kreis 30,4 Paderborn, Stadt 32,7 Porta Westfalica 30,1 Rheda-Wiedenb. 25,1 Verl 28,0 Regierungsbezirk insgesamt 26,8 Bezirksregierung Düsseldorf 2015 Dinslaken 20,4 Dormagen 18,4 Duisburg 16,1 Düsseldorf 9,1 Emmerich 10,1 Erkrath 15,2 Essen 20,8 Geldern 30,9 Goch 15,0 Grevenbroich 18,6 Haan 20,2 Heiligenhaus 16,0 Hilden 18,8 Kaarst 33,1 Kamp-Lintfort 15,0 Kempen 47,7 Kevelaer 30,7 Kleve, Kreis 21,2 Kleve, Stadt 10,7 Krefeld 19,2 Langenfeld 13,1 Meerbusch 16,8 Mettmann, Stadt 16,6 Moers 16,0 Mönchengladbach 14,1 Monheim 11,6 Mülheim 18,4 Nettetal 16,5 Neuss, Stadt 23,8 Oberhausen 7,0 Ratingen 23,8 Remscheid 35,3 Rheinberg 9,6 Rhein-Kreis Neuss 27,0 Solingen 14,4 Velbert 18,1 Viersen, Kreis 51,9 Viersen, Stadt 27,2 Voerde 26,7 Wesel, Kreis 10,1 Wesel, Stadt 20,0 Willich 35,5 Wülfrath 7,7 Wuppertal 17,7 Regierungsbezirk insgesamt 20,1 Bezirksregierung Köln 2015 Aachen, Stadt 20,8 Aachen, Städteregion 12,1 Alsdorf 16,1 Bad Honnef 50,3 Bedburg 14,3 Berg. Gladbach 23,3 Bergheim 10,5 Bonn 14,5 Bornheim 10,2 Brühl 22,9 Düren, Kreis 29,5 Düren, Stadt 28,4 Elsdorf 21,0 Erftstadt 27,7 Erkelenz 28,5 Eschweiler 18,8 Euskirchen 22,1 Frechen 20,6 Geilenkirchen 40,4 Gummersbach 26,3 Heinsberg, Kreis 22,3 Heinsberg, Stadt 20,2 Hennef 28,9 Herzogenrath 26,0 Hückelhoven 29,0 Hürth 13,3 Kerpen 28,3 Köln 10,4 Königswinter 18,2 Leichlingen 40,6 Leverkusen 15,9 Lohmar 18,1 Meckenheim 28,3 Niederkassel 19,4 Oberbergischer Kreis 29,2 Overath 18,1 Pulheim 45,3 Radevormwald 24,5 Rhein.-Berg. Kr. 22,9 Rheinbach 13,9 Rhein-Sieg-Kreis 17,9 Rösrath 18,7 Sankt Augustin 10,8 Siegburg 23,2 Stolberg 31,0 Troisdorf 11,7 Wermelskirchen 44,1 Wesseling 19,1 Wiehl 39,0 Wipperfürth 25,1 Würselen 27,7 Regierungsbezirk insgesamt 18,7 Bezirksregierung Münster 2015 Ahaus 24,1 Ahlen 19,8 Beckum 21,5 Bocholt 20,6 Borken, Kreis 29,1 Borken, Stadt 32,2 Bottrop 16,2 Castrop-Rauxel 12,5 Coesfeld, Kreis 29,5 Coesfeld, Stadt 38,9 Datteln 19,1 Dorsten 18,6 Dülmen 23,5 Emsdetten 20,7 Gelsenkirchen 19,9 Gladbeck 9,4 Greven 15,7 Gronau 16,9 Haltern 19,0 Herten 12,0 Ibbenbüren 23,8 Marl 17,9 Münster 20,2 Oelde 29,3 Oer-Erkenschwick 15,1 Recklinghausen 31,1 Rheine 14,4 Steinfurt 29,5 Waltrop 20,4 Warendorf 27,8 Regierungsbezirk insgesamt 21,6 Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13699