LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13723 08.12.2016 Datum des Originals: 08.12.2016/Ausgegeben: 13.12.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5275 vom 24. Oktober 2016 der Abgeordneten Marcel Hafke und Dr. Björn Kerbein FDP Drucksache 16/13244 Klarstellung gefordert: Wie sind Geschwisterkindermäßigungen bei Kindern, die nicht am Wohnsitz betreut werden, auszulegen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Für Kinder, die in einer Kindertageseinrichtung außerhalb des Wohnsitzes betreut werden, erfolgt gemäß § 21d Absatz 1 Kinderbildungsgesetz (Kibiz) die Kostenerhebung für die Elternbeiträge durch das Jugendamt des Wohnsitzes. In § 23 Absatz 5 Kibiz ist geregelt, dass die Kommunen bei der Erhebung von Elternbeiträgen auch ermäßigte Beiträge oder die Beitragsfreiheit für Geschwisterkinder erlassen können. Dass die Kommunen bei der Entscheidung, für welche Eltern die Geschwisterkindermäßigungen gelten, nicht willkürlich vorgehen können, wurde dabei jüngst durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW vom 7. Juni 2016 bekräftigt – demnach sind auch Geschwisterkinder, für die bereits die Elternbeitragsfreiheit des letzten Kindergartenjahres gilt, bei Geschwisterkindermäßigungen unbedingt zu berücksichtigen. In einigen Elternbeitragssatzungen (beispielsweise in Wuppertal) ist geregelt, dass Geschwisterkindermäßigungen nur für Kinder gelten, die auch in einer Kita am Wohnsitz der Eltern betreut werden, nicht jedoch, wenn das Kind interkommunal betreut wird. Die betroffenen Eltern müssen dadurch im Gegensatz zu anderen Eltern in der Kommune Elternbeiträge für Geschwisterkinder zahlen. Dies wirft die Frage auf, ob diese Ungleichbehandlung, die sich mittelbar aus § 21d Kibiz ergibt, von der Landesregierung so gewünscht wird. Die FDP-Landtagsfraktion hat bereits mit der Kleinen Anfrage 5155 eine Klarstellung der Regelung, besonders unter Berücksichtigung des interkommunalen Ausgleiches nach § 21d Kibiz, gefordert. Die Landesregierung ließ jedoch bei der zusammenfassenden Beantwortung der Kleinen Anfrage (Drs. 16/13239) wesentliche Fragen unbeantwortet. Vor allem wurde nicht berücksichtigt, in welchen Konstellationen Regelungen bezüglich einer Geschwisterkindermäßigung zwingend anzuwenden sind, und in welchen nicht. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13723 2 Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 5275 mit Schreiben vom 8. Dezember 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Fragen 1, 2 und 4 der Kleinen Anfrage 5275 sind, wie die Fragesteller selbst in der Vorbemerkung darlegen, bis auf die Klammerzusätze wortgleich zu den Fragen der Kleinen Anfrage 5155. Insoweit wird auf die unter der Drucksachennummer 16/13239 veröffentlichte Antwort der Landesregierung verwiesen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass es - anders als der bei beiden Kleinen Anfragen übereinstimmende Titel suggeriert - bei den Fragen nicht um die Auslegung von Landesrecht geht, sondern um Rechtsetzung durch kommunales Satzungsrecht und Rechtsanwendung im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung. Denn 2006 hat die damalige Landesregierung die bis dahin einheitliche Elternbeitragserhebung aufgegeben und die Erhebung und Festsetzung der Elternbeiträge kommunalisiert. 1. Müssen Kommunen, die sich für eine Geschwisterkindermäßigung in ihrer Beitragssatzung entschieden haben, diese Regelung auch anwenden, wenn eines oder mehrere der Geschwisterkinder außerhalb des Wohnsitzes betreut werden (bitte zwischen den Fällen, in denen der interkommunale Ausgleich nach § 21d Kibiz und deshalb die Beitragserhebung für die betroffenen Kinder durch eine einzige Kommune, nämlich die des Wohnsitzes der Eltern, durchgeführt wird, und den Fällen, in denen nicht der interkommunale Ausgleich nach § 21d Kibiz und deshalb die Beitragserhebung für die betroffenen Kinder durch mehrere Kommunen durchgeführt wird, unterscheiden, sowie auf den Spezialfall eingehen, wenn eines der Kinder sich im letzten Kindergartenjahr befindet und deshalb keine Elternbeiträge zu leisten sind)? 2. Ist es von der Landesregierung gewünscht, dass Geschwisterkindermäßigungen entfallen, wenn eines oder mehrere der Geschwisterkinder außerhalb des Wohnsitzes betreut werden (bitte zwischen den Fällen, in denen der interkommunale Ausgleich nach § 21d Kibiz und deshalb die Beitragserhebung für die betroffenen Kinder durch eine einzige Kommune, nämlich die des Wohnsitzes der Eltern, durchgeführt wird, und den Fällen, in denen nicht der interkommunale Ausgleich nach § 21d Kibiz und deshalb die Beitragserhebung für die betroffenen Kinder durch mehrere Kommunen durchgeführt wird, unterscheiden, sowie auf den Spezialfall eingehen, wenn eines der Kinder sich im letzten Kindergartenjahr befindet und deshalb keine Elternbeiträge zu leisten sind)? 3. Ist es im Sinne der Landesregierung, dass durch die optionale Anwendung des § 21d Kibiz die Kommunen letztlich willkürlich darüber entscheiden können, welche Kommune die Elternbeiträge erhebt und dadurch Eltern die Vorteile von potentiellen Geschwisterkindermäßigungen der Kommune, die auch der Wohnsitz der Eltern ist, verwehrt bleiben können? 4. Erachtet die Landesregierung Elternbeitragssatzungen, die Geschwisterkindermäßigungen vorsehen, die jedoch nur für die Kinder gelten, die am Wohnsitz betreut werden, für vereinbar mit den Regelungen des Kinderbildungsgesetzes (bitte zwischen den Fällen, in denen der interkommunale Ausgleich nach § 21d KiBiz und deshalb die Beitragserhebung für die betroffenen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13723 3 Kinder durch eine einzige Kommune, nämlich die des Wohnsitzes der Eltern, durchgeführt wird, und den Fällen, in denen nicht der interkommunale Ausgleich nach § 21d KiBiz und deshalb die Beitragserhebung für die betroffenen Kinder durch mehrere Kommunen durchgeführt wird, unterscheiden, sowie auf den Spezialfall eingehen, wenn eines der Kinder sich im letzten Kindergartenjahr befindet und deshalb keine Elternbeiträge zu leisten sind)? 5. Ist es aus Sicht der Landesregierung tatsächlich rechtlich unmöglich, dass Geschwisterkinder bei Geschwisterkindermäßigung von der Kommune des Wohnsitzes der Eltern auch zwingend als solche betrachtet werden müssen, wenn für die betroffenen Kinder aufgrund des interkommunalen Ausgleichs nach §21d KiBiz bei der Beitragserhebung ausschließlich die Kommune des Wohnsitzes zuständig ist? Die Fragen 1 – 5 werden zusammengefasst beantwortet. Wie in der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5155 (Drs. 16/13239) ausgeführt, haben Kommunen bei der Regelung von Elternbeiträgen durch Satzung die Option, eine Beitragsreduzierung oder Beitragsfreiheit für Geschwisterkinder vorzusehen (§ 23 Absatz 5 Satz 2 Kinderbildungsgesetz -KiBiz-). Besteht eine solche „Geschwisterregelung“, sind Kinder, deren Tagesbetreuung nach § 23 Absatz 3 KiBiz elternbeitragsfrei ist, so zu berücksichtigen, als ob für sie ein Elternbeitrag zu leisten wäre. Die konkrete Ausgestaltung obliegt den Kommunen. Bei den Konstellationen des in § 21d KiBiz geregelten interkommunalen Ausgleichs handelt es sich um weitere Optionen der Jugendämter: Wohnsitzfremde Jugendämter sind in der Regel nicht der Anspruchsgegner auf einen Betreuungsplatz. Wenn hier gleichwohl ein Kind, dessen Wohnsitz nicht im Jugendamtsbezirk gelegen ist, in einer Kindertageseinrichtung oder in Kindertagespflege betreut wird, dann hat das Jugendamt der aufnehmenden Kommune die Option, einen Kostenausgleich von dem Jugendamt des Wohnsitzes zu verlangen. Findet ein interkommunaler Ausgleich statt, erfolgt die Beitragserhebung gemäß § 21d Absatz 1 Satz 2 KiBiz durch die Wohnsitzkommune. In den Fällen, in denen der Ausgleich nicht geltend gemacht wird, wird, sofern die betroffenen Jugendämter keine andere Vereinbarung getroffen haben, die Beitragssatzung des aufnehmenden Jugendamtes einschlägig sein. Vor diesem Hintergrund ist neben zahlreichen anderen Varianten denkbar, dass – bei Erhebung der Beiträge durch das Wohnsitzjugendamt – die Geschwisterregelung Anwendung findet, obwohl die Geschwister in unterschiedlichen Jugendamtsbezirken betreut werden. Im Rahmen der Gestaltungsmöglichkeiten der örtlichen Jugendämter ist allerdings auch denkbar, dass - bei Erhebung der Beiträge durch das Wohnsitzjugendamt – die Geschwisterregelung keine Anwendung findet, wenn die Geschwister in unterschiedlichen Jugendamtsbezirken betreut werden. Ob und in welchem Umfang die unterschiedlichen Optionen gemäß § 23 Absatz 5 Satz 2 KiBiz genutzt werden, entscheidet jede einzelne Kommune im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und unter Berücksichtigung des örtlichen Satzungsrechtes im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung. Dass unterschiedlichste Beitragshöhen und Bemessungsgrundlagen gelten und eine große Bandbreite hinsichtlich der Elternbeiträge vorhanden ist, beruht letztlich auf der besonders für Familien nicht nachvollziehbaren Entscheidung aus dem Jahr 2006, die allerdings nicht ohne weiteres rückholbar ist. Die mit dieser Entscheidung verbundenen Verwerfungen hat die LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13723 4 damalige Landesregierung 2006 bewusst in Kauf genommen, als sie die bis dahin landeseinheitlichen Elternbeiträge aufgehoben hat. Diese Entscheidung hat auch Auswirkungen auf die Regelungen hinsichtlich der Erhebung von Elternbeiträgen für Geschwisterkinder und für die Beitragserhebung bei interkommunaler Tagesbetreuung. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13723