LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13815 19.12.2016 Datum des Originals: 16.12.2016/Ausgegeben: 22.12.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5343 vom 15. November 2016 des Abgeordneten Jens Kamieth CDU Drucksache 16/13478 Erstattung von Hörgeräten bei krankheitsbedingter Schwerhörigkeit Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Petitionsausschuss des Landtags Nordrhein-Westfalen lehnte im März eine Petition mit der Begründung ab, man sehe keine Möglichkeit, im Sinne des Anliegens des Petenten tätig zu werden. Dieser hatte die unbegrenzte Erstattung der Hörgeräte seiner Ehefrau gefordert, die seit ihrem 20. Lebensjahr hörbehindert ist und inzwischen an der Taubheitsgrenze lebt. Über den zugrunde gelegten Beihilfebemessungssatz wurden 70% der vom zuständigen Landeskirchenamt anerkannten Pauschale i.H.v. 1.400 Euro (je Ohr) erstattet, gem. §4 Abs. 1 Nr. 10 Beihilfeverordnung (BVO) in Verbindung mit Anlage 3 zu §4 Abs. 1 Nr. 10 BVO. Diese Regelung lässt den Petenten mit einer offenen Rechnung von über 6.000 Euro zurück. Die Bundesbeihilfeverordnung bewahrt Beamte vor dem Gang zu Gericht, indem in ihr ein entscheidender Satz angefügt wurde, der im vorliegenden Fall wahrscheinlich zu einer ausreichenden Versorgung geführt hätte: […] „der Höchstbetrag kann überschritten werden, soweit dies erforderlich ist, um eine ausreichende Versorgung bei beidseitiger an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit oder bei vergleichbar schwerwiegenden Sachverhalten zu gewährleisten […]“ (BBhV, Anlage 11, Abschnitt 1, Punkt 8.8). Bei mittelgradiger Schwerhörigkeit gibt es ein breites Spektrum an Hörgeräten, die den Bedarf im Rahmen des Höchstbetrages erfüllen. Bei einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit ist dies allerdings nicht mehr der Fall. Es genügt jedoch weder im privaten noch im Berufsleben, wenn man nur ein bisschen hören kann. Von daher muss es für Menschen, bei denen es nicht nur um das „Wie“, sondern eher um das „Ob-überhaupt-Hören“ geht, Ausnahmeregelungen geben. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13815 2 Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 5343 mit Schreiben vom 16. Dezember 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Bei dem Petitionsfall, der der Kleinen Anfrage zugrunde liegt, ging es um eine Beihilfeangelegenheit eines kirchlichen Mitarbeiters. Das Landeskirchenamt hatte den Einzelfall geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass in dem Einzelfall ein Abweichen von dem entsprechend in der Beihilfeverordnung NRW (BVO) vorgesehenen Höchstbetrag für Hörgeräte in Höhe von 1.400 Euro je Ohr nicht in Betracht kommt. Diese Entscheidung wurde vom Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland rechtskräftig bestätigt. Aufgrund des Selbstverwaltungsrechts der Kirchen (Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 137 Weimarer Reichsverfassung) ist eine Zuständigkeit des Landes nicht gegeben. Der Petitionsausschuss hat daher nicht erneut eine konkrete Einzelfallprüfung vorgenommen. Das wäre auch gar nicht möglich gewesen, da medizinische Unterlagen nicht vorlagen. 1. Ist die oben zitierte Regelung der Bundesbeihilfeverordnung der Landesregierung bekannt? Ja. 2. Warum gibt es eine solche – für Schwerstbetroffene notwendige – Regelung nicht auch in der Beihilfeverordnung Nordrhein-Westfalen? 3. Inwiefern beabsichtigt die Landesregierung, diesen Mangel zu beheben, um ihre Beamten – wie im Fall des Petenten – nicht mit einer Unterversorgung allein zu lassen? 4. Wie müsste eine Regelung der BVO aussehen, damit ein Patient mit pathologischer Schwerhörigkeit die Geräte bekommt, die mit dem verbleibenden Resthörvermögen zu der bestmöglichen Hörleistung verhelfen? 5. Wie bewertet die Landesregierung diesen Sachverhalt vor dem Hintergrund der Inklusion nach dem AGG? Selbstfahrende Elektrorollstühle werden beispielsweise erstattet. Die Fragen 2 bis 5 werden zusammen beantwortet. Die beihilferechtlichen Regelungen in der BVO NRW hinsichtlich der Erstattung von Aufwendungen für Hörhilfen bleiben im Ergebnis nicht hinter denen des Bundes zurück. Die beihilferechtliche Regelung des Bundes grenzt grundsätzlich alle Hörhilfen, die für Hörgeschädigte zur Verfügung stehen, betragsmäßig ein. Auch in medizinischen Sonderfällen gilt grundsätzlich ein beihilferechtlicher Höchstbetrag, der nur in Ausnahmefällen überschritten werden kann. Die Höchstbetragsregelung für Nordrhein-Westfalen bezieht sich dagegen nur auf Hörgeräte. Mit den hier geregelten Hörgeräten können nahezu alle Hörstörungen ausgeglichen werden. In medizinisch besonders gelagerten Einzelfällen reichen die Standardhörgeräte allerdings LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13815 3 nicht aus. Hier sind zum Ausgleich der Hörstörungen aufwendigere Hörsysteme erforderlich, die nach Vorlage entsprechender medizinischer Unterlagen (ggf. Gutachten) im angemessenen Umfang - nicht durch einen Höchstbetrag begrenzt - beihilfefähig sind. Das wird auch durch die Verwaltungsvorschriften zur BVO klargestellt, in denen z.B. sogenannte Cochlear- Implantate (Hörgeräte mit teilimplantierbaren Schallaufnehmern) von dem Höchstbetrag ausgenommen sind. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13815