LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13822 19.12.2016 Datum des Originals: 16.12.2016/Ausgegeben: 22.12.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5342 vom 14. November 2016 der Abgeordneten Simone Brand PIRATEN Drucksache 16/13475 Entwicklung der Zahlen von Suiziden, Suizidversuchen und Selbstverletzungen von Asylsuchenden, Geduldeten und Ausreisepflichtigen in NRW Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Immer wieder erfährt man aus der Presse, dass sich Asylsuchende, Geduldete und Ausreisepflichtige aus Verzweiflung über ihre drohende Abschiebung oder ihre Lebensumstände etwas antun. Anfang März wurde ein Fall NRW-weit bekannt: Ein junger Mann stürzte sich aus Verzweiflung wegen seiner Abschiebung am Flughafen Köln-Bonn in die Tiefe. Die Schwester des jungen Mannes wurde dennoch am selben Tag abgeschoben. Die Geschwister hatten beide Zusagen für einen Ausbildungsplatz und waren gute Schüler. Dennoch entschieden die Behörden , ihnen ein Bleiberecht zu verweigern. Mithilfe des Erlasses "Ausreisepflichtige Ausländer in Nordrhein-Westfalen" wollte die Landesregierung die Duldungsgründe, der im Ausländerzentralregister gemeldeten Personen überprüfen lassen. Bis zum 05.08.2016 sollten die Daten der Ausländerbehörden gesammelt werden . Im Erlass wird auch auf die Bleiberechte nach 25b AufenthG (neben § 25a AufenthG) und die Rücknahme der sogenannten Sensibilisierungserlasse vom 21.09.2010 und 22.12.2014 hingewiesen. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5342 mit Schreiben vom 16. Dezember 2016 namens der Landesregierung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13822 2 1. Welche Resultate hat der Erlass "Ausreisepflichtige Ausländer in Nordrhein-Westfalen " vom 21.06.2016 ergeben? (Bitte nach Ausländerbehörden aufschlüsseln) a) Gezielte Ausreisen in Schwerpunktstaaten Mithilfe von Experten aus dem Bereich der Ausländerbehörden wurden acht Schwerpunktstaaten identifiziert, bezüglich derer eine erhebliche Zahl an Ausreisepflichtigen in Nordrhein-Westfalen wie zugleich auch effektive Rückführungsmöglichkeiten für größere Personenzahlen bestehen . Hierzu zählen neben den sechs sicheren Herkunftsstaaten des Westbalkans aktuell auch Georgien und Armenien. Die nordrhein-westfälischen Ausländerbehörden wurden mit Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales (MIK) vom 21.06.2016 daher gebeten, alle für eine Reintegration and Emigration Programme for Asylum-Seeker in Germany / Government Assisted Repatriation Programme (REAG-/GARP) geförderte freiwillige Ausreise nach entsprechender Antragstellung bei der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Betracht kommenden oder rückzuführenden Personen aus den v. g. Schwerpunktstaaten an die vom Land zum 01.06.2016 neu eingerichtete Zentrale Rückkehrkoordination NRW (ZRK NRW) zu melden. Die ZRK NRW koordiniert die erforderlichen Unterstützungsmaßnahmen der vom Land finanzierten Zentralen Ausländerbehörden für die kommunalen Ausländerbehörden bei der Rückführung und stimmt auch den Bedarf der möglichen Sammelkontingente für eine REAG- /GARP-geförderte freiwillige Rückkehr mit IOM ab. Mit Stand 28.11.2016 reisten bisher 1.718 Personen freiwillig aus, 436 Personen wurden abgeschoben. Die ZRK NRW hat mit IOM bislang bereits 8 Sammelflugkontingente für 1.080 freiwillige Rückkehrer aus Nordrhein-Westfalen nach Albanien und Serbien vereinbart und durchgeführt. Weitere werden aufgrund der bestehenden Bedarfslage kurzfristig folgen. b) Überprüfung von Duldungsfällen Bei der Betrachtung der Gruppe der ausreisepflichtigen Ausländer in Nordrhein-Westfalen fällt auf, dass laut Ausländerzentralregister (AZR) mit Stand 30.06.2016 24.336 und damit mehr als die Hälfte der geduldeten Personen innerhalb dieser Gruppe aus den sechs sicheren Herkunftsländern des Westbalkans stammten. Innerhalb dieser Gruppe wurden wiederum rd. 6.200 Personen identifiziert, deren im Ausländerzentralregister hinterlegte Duldungsgründe, fehlende Reisedokumente und Abschiebungsstopp, nicht plausibel erschienen. Insoweit wurden die zuständigen Ausländerbehörden mit Erlass des MIK vom 21.06.2016 um entsprechende Überprüfung gebeten. Bis zum 21.11.2016 wurden gem. Rückmeldung der Ausländerbehörden rd. 96 % der genannten Duldungsfälle abschließend geprüft. 866 Personen werden freiwillig ausreisen oder sind bereits freiwillig ausgereist, 349 werden oder wurden bereits abgeschoben. Die Summe eingeleiteter oder bereits erfolgter Ausreisen von 1.215 entspricht 19,6 % der bislang geprüften Fälle. 3.967 Personen und damit 64 % können wegen eines weiterhin gegebenen Duldungsgrundes vorübergehend nicht abgeschoben werden. Bezüglich der Überprüfung der Duldungsfälle hat das Ministerium für Inneres und Kommunales auch auf die Möglichkeiten zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem 5. Abschnitt des Aufenthaltsgesetzes und die zum 01.08.2015 gesetzlich wirksam gewordene Bleiberechtsregelung des § 25b AufenthG (neben § 25a AufenthG), die - stichtagsunabhängig - faktische Integrationsleistungen bei langjährigem Aufenthalt aufenthaltsrechtlich honoriert, hingewiesen . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13822 3 Von den bis zum 21.11.2016 abschließend geprüften Fällen, erhielten 315 Personen und damit 5 % einen Aufenthaltstitel, somit eine sichere Bleibeperspektive. 7 Personen haben die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Von einer Aufschlüsselung nach Ausländerbehörden wird abgesehen, da der Fokus des Bezugserlasses nicht auf der Gewinnung eines Datenbildes einzelner Ausländerbehörden liegt. Vielmehr sollen mit dem Erlass behördenübergreifende Verbesserungen in den angesprochenen Bereichen erreicht werden. 2. Wie hat sich die Zahl der Menschen, die eine Aufenthaltserlaubnis/-gewährung nach § 25, 25a, 25b AufenthG bewilligt bekommen, seit Januar 2016 entwickelt? (Falls die Abfrage in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich ist, bitte exemplarische Anfrage in Köln, Detmold, Düsseldorf, Dortmund und Duisburg) Eine Abfrage bei den Ausländerbehörden - auch bei einzelnen Behörden - wäre aufwendig und in der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu leisten. Auf der Grundlage des Ausländerzentralregisters lassen sich keine Aussagen zu den erteilten Aufenthaltserlaubnissen treffen, wohl aber zur Entwicklung des Bestandes (Quelle: Ausländerzentralregister, Stichtag 31.10.2016): Im Zeitraum vom Januar 2016 bis Oktober 2016 hat sich die Zahl der nach § 25 AufenthG in Nordrhein-Westfalen bestehenden Aufenthaltserlaubnisse von 73.832 um 41.254 auf 115.086 erhöht. Im Zeitraum vom Januar 2016 bis Oktober 2016 hat sich die Zahl der nach § 25a AufenthG in Nordrhein-Westfalen bestehenden Aufenthaltserlaubnisse von 1.449 um 144 auf 1.593 erhöht. Angaben über erteilte Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 b AufenthG werden im Ausländerzentralregister erst seit dem 01.07.2016 erfasst. Bis Oktober 2016 wurden in Nordrhein- Westfalen 275 Aufenthaltserlaubnisse nach § 25b AufenthG erfasst. 3. Welche Suizide, Suizidversuche und Selbstverletzungen von Asylsuchenden, Geduldeten und Ausreisepflichtigen sind der Landesregierung seit 2015 bis heute bekannt? (Bitte nach Datum, Herkunftsland, Geschlecht, Alter, Aufenthaltsstatus, Anlass sowie einer kurzen Beschreibung der zugrundeliegenden Umstände aufschlüsseln ) 4. Welche Suizide, Suizidversuche und Selbstverletzungen gab es von Ausreisepflichtigen im Gewahrsam (Abschiebehaft, Gefangenensammelstelle, Wache etc.) seit 2015 bis heute? (Bitte nach Datum, Örtlichkeit, Herkunftsland, Geschlecht, Alter , Aufenthaltsstatus, Anlass sowie einer kurzen Beschreibung der zugrunde liegenden Umstände aufschlüsseln) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13822 4 5. Welche Suizide, Suizidversuche und Selbstverletzungen von Asylsuchenden, Geduldeten und Ausreisepflichtigen gab es in Gemeinschafts- und Notunterkünften des Landes NRW seit 2015 bis heute? (Bitte nach Datum, Örtlichkeit, Herkunftsland , Geschlecht, Alter, Aufenthaltsstatus, Anlass sowie einer kurzen Beschreibung der zugrunde liegen-den Umstände aufschlüsseln) In der Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige - UfA Büren - wurden in der Zeit vom 15.05.2015 - 20.11.2016 insgesamt 4 versuchte Suizide und 9 Fälle der Selbstverletzung registriert . Vollendete Suizide lagen nicht vor. Weitere Informationen können aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht erteilt werden. Im Jahr 2015 wurden nach Angaben der polizeilichen Verbindungsstelle bei der Bezirksregierung Arnsberg landesweit 37 versuchte und 4 vollendete Suizide, im Jahr 2016 insgesamt 111 versuchte und 6 vollendete Suizide festgestellt. Detaillierte Informationen zu diesen 158 Vorfällen liegen der Landesregierung nicht in der abgefragten Systematik vor. Eine Erhebung dieser Daten ist nur händisch und mit erheblichem Verwaltungsaufwand möglich . In der zur Bearbeitung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit können mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen die erbetenen Daten nicht retrograd erhoben werden. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass keine Zusammenhänge zwischen den Fragen 1 und 2 (Erlass vom 21.06.2016, Aufenthaltserlaubnis/-gewährung) und den Fragen 3, 4 und 5 (Anzahl von Suiziden, Suizidversuchen und Selbstverletzungen) gesehen werden. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13822