LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13890 28.12.2016 Datum des Originals: 28.12.2016/Ausgegeben: 02.01.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5386 vom 25. November 2016 der Abgeordneten Daniel Düngel, Birgit Rydlewski und Torsten Sommer PIRATEN Drucksache 16/13607 (Neudruck) Welche Vorschriften für den Gebrauch von polizeilichen Reizstoffen (Pfefferspray) gelten in NRW? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Immer wieder kommt es zu Verletzungen durch den polizeilichen Einsatz von Pfefferspray. Die Piratenfraktion fragte daher schon öfter nach Auswirkungen und Verbrauch von Pfefferspray. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5386 mit Schreiben vom 28. Dezember 2016 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Welche vorsorgenden Maßnahmen zur Erstversorgung/ärztlichen Behandlung von Personen, die einem Reizstoff ausgesetzt sind oder sein könnten, trifft die nordrhein -westfälische Polizei? Die Polizei NRW hat in jeder Polizeiwache, in jedem Funkstreifenwagen und in den Sanitätsrucksäcken der geschlossenen Einheiten Augenspüllösung vorrätig. Sie wird mittels einer Flasche mit Augenaufsatz zum Einmalgebrauch angewendet. 2. Welche Typen von Reizstoffsprühgeräten oder sonstigen Vorrichtungen zur Verbreitung von Reizstoffen wurden in den letzten zwei Jahren jeweils bei der Landespolizei beschafft? (bitte nach Jahren, Anzahl, Gerätetyp, Hersteller, Füllmenge, Reichweite, Polizeibehörde, verwendetem Reizstoff und Konzentration aufschlüsseln )? Bei der Polizei NRW werden ausschließlich Reizstoffsprühgeräte (RSG) beschafft, die den Anforderungen der Technischen Richtlinie des Polizeitechnischen Institutes bei der Deutschen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13890 2 Hochschule der Polizei entsprechen. Alle RSG sind über den Hersteller, Firma Carl Hoernecke , beschafft worden. Als Reizstoff wird ausschließlich Oleoresin Capsium (OC) mit einer Konzentration von 0,3% verwendet. Die eingesetzten RSG sind wie folgt bezeichnet: RSG 3; Füllmenge 45 ml, Reichweite 4-5 Meter RSG 4; Füllmenge 400 ml, Reichweite 6-7 Meter. Seit 2012 wird der Typ RSG 3 im Wachdienst der Polizei NRW verwendet. Das RSG 4 wird bei den Einsatzhundertschaften der Bereitschaftspolizei, den Technischen Einsatzeinheiten und den Alarmeinheiten verwendet. Darüber hinaus werden RSG 4 auf den Polizeiwachen vorgehalten. Welche Anzahl von RSG in welcher Polizeibehörde in den letzten zwei Jahren beschafft wurde, ist nicht automatisiert abrufbar. Die Erhebung dieser Daten ist nur händisch und mit hohem Verwaltungsaufwand möglich. In der zur Verfügung stehenden Bearbeitungszeit für die Kleine Anfrage war eine solche Datenauswertung nicht möglich. 3. Welche Gesetze, Verwaltungsvorschriften, Verordnungen oder Richtlinien regeln den Einsatz von Pfefferspray durch die Polizei oder sonstige Ordnungskräfte in NRW? Die Ermächtigungsgrundlage der Polizei für den Einsatz von Reizstoffen, welche umgangssprachlich auch als „Pfefferspray“ bezeichnet werden, ergibt sich aus § 58 Abs. 3 des Polizeigesetzes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW). Hiernach sind sie Hilfsmittel der körperlichen Gewalt im Rahmen der Anwendung unmittelbaren Zwanges. Nähere Erläuterungen zum Gebrauch von Reizstoffen ergeben sich aus der Verwaltungsvorschrift zu § 58 PolG NRW. In Nordrhein-Westfalen sind für die allgemeine Gefahrenabwehr die Ordnungsbehörden zuständig (§ 1 Ordnungsbehördengesetz - OBG NRW). Die Dienstkräfte der Ordnungsbehörden sind zur Anwendung unmittelbaren Zwangs befugt (§§ 66, 68 Absatz 1 Ziffer 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz - VwVG NRW). Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des unmittelbaren Zwangs sind in § 66 ff. VwVG NRW geregelt . § 67 Abs. 3 VwVG NRW erlaubt ausdrücklich u.a. Reiz- und Betäubungsstoffe als Hilfsmittel des unmittelbaren Zwangs. Diese Vorschrift stellt jedoch keine generelle Ermächtigung i.S.d. § 55 Abs. 6 Waffengesetz (WaffG) dar. Daher bezieht sich die Erlaubnis nach § 67 Abs. 3 VwVG nur auf solche Pfeffersprays, bei denen es sich nicht um Waffen im Sinne des WaffG handelt. Der Umgang mit Waffen ist ausschließlich Regelungsmaterie des WaffG. Bestimmte Arten von Pfeffersprays sind nach § 2 Abs. 3 WaffG i.V.m. Anlage 2 Nr. 1.3.5 verbotene Waffen. In § 55 WaffG ist normiert, welche Behörden und Personengruppen von den Erlaubnisvorbehalten und Verboten des Waffengesetzes ausgenommen sind. § 55 Abs. 6 WaffG ermächtigt die Landesregierungen zum Erlass von Rechtsverordnungen, um für bestimmte Behörden eine Ausnahme vom Waffenrecht zu treffen. In Nordrhein-Westfalen wurde am 10.09.2007 mit § 4 Satz 2 der Verordnung zur Durchführung des WaffG für die Dienstkräfte der Ordnungsbehörden zum Zweck der Eigensicherung eine Ausnahme von § 2 Abs. 3 WaffG i.V.m. Anlage 2 Nr. 1.3.5 erteilt. Diese Ausnahmeregelung erlaubt Dienstkräften der Ordnungsbehörden jedoch nicht den Einsatz dieser Pfeffersprays oder anderer Waffen zur Durchsetzung unmittelbaren Zwangs, da hierzu gemäß § 68 Absatz 4 VwVG NRW eine besondere gesetzliche Ermächtigung erforderlich wäre. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13890 3 4. Von wie vielen durch polizeiliche Reizstoffe verletzende Personen (Zivilisten, Polizeibeamte ) hat die Landesregierung seit 2014 Kenntnisse? Auf Landesebene liegen die erbetenen Daten nicht vor. 5. Wird Pfefferspray durch die nordrhein-westfälische Polizei auch in Verkehrsmitteln eingesetzt? Wenn der Einsatz eines RSG erforderlich ist, findet dieser grundsätzlich an jeder Örtlichkeit statt. Eine gasförmige Verbreitung des Wirkstoffes findet nicht statt, da es sich um ein Flüssigkeitsgemisch handelt. Unbeteiligte sind grundsätzlich nicht betroffen, wenn sie sich außerhalb des Sprühstrahls befinden. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13890