LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13891 28.12.2016 Datum des Originals: 28.12.2016/Ausgegeben: 02.01.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5370 vom 24. November 2016 der Abgeordneten Kirstin Korte CDU Drucksache 16/13585 Wo in Nordrhein-Westfalen warten Flüchtlingskinder auf einen Schulplatz und warum? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut mehreren Presseberichten vom 18.11.2016, u.a. in der Kölnischen Rundschau, fehlt es vor allem in Großstädten an Räumen und Lehrkräften um den Schulbesuch speziell für Flüchtlingskinder zu gewährleisten. In vielen Kommunen müssen junge Asylbewerber scheinbar wochenlang auf einen Schulplatz warten, obwohl nach spätestens vier Wochen ein Schulbesuch gesetzlich vorgeschrieben ist, so kritisiert es der Flüchtlingsrat NRW in diesen Berichten. Die Schulpflicht beginnt mit der Zuweisung an die Kommune. Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 5370 mit Schreiben vom 28. Dezember 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Gesundheit , Emanzipation, Pflege und Alter beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung In dem einleitenden Text der Kleinen Anfrage wird ausgeführt, dass „nach spätestens vier Wochen ein Schulbesuch gesetzlich vorgeschrieben ist.“ Hierzu ist festzustellen, dass es keine entsprechende schulrechtliche Vorgabe gibt, die einen Schulbesuch spätestens nach vier Wochen gesetzlich vorschreibt. In NRW sind nach § 34 Absatz 6 des Schulgesetzes Kinder von Asylbewerbern sowie alleinstehende Kinder und Jugendliche , die einen Asylantrag gestellt haben, schulpflichtig, sobald sie einer Gemeinde zugewiesen sind und solange ihr Aufenthalt gestattet ist. Die Schulpflicht erstreckt sich somit nicht auf Aufenthalte in Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE) oder Zentrale Unterbringungseinrichtungen des Landes, die der vorübergehenden Unterbringung bis zur Zuweisung an eine Kommune dienen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13891 2 1. In welchen Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen warteten mit Stand 01.11.2016 Kinder und Jugendliche länger als vier Wochen auf einen Schulplatz (bitte aufschlüsseln nach Stadt/Gemeinde und Anzahl der betroffenen Schülerinnen und Schüler)? Die Bezirksregierungen erheben hierzu keine Daten. Es liegen immer nur tagesaktuelle Daten vor, aus denen nicht hervorgeht, wie lange ein Kind oder ein Jugendlicher auf einen Schulplatz warten musste. Dies kann z.B. auch eine Wartezeit von nur drei Tagen umfassen. Ferner wird nicht danach differenziert, woher und aus welchem Grund ein junger Mensch zugewandert ist. Für alle auf Wartelisten stehenden Kinder und Jugendlichen bestehen jedoch konkrete Planungen der Schulträger, die Beschulung so zeitnah wie möglich sicherzustellen, unterstützt von der Schulaufsicht und den jeweiligen Kommunalen Integrationszentren vor Ort. 2. Wie viele Kinder warteten in Nordrhein-Westfalen mit Stand 01.11.2016 auf eine amtsärztliche Untersuchung vor der Schulaufnahme? 3. Wie lange ist die Wartezeit auf eine amtsärztliche Untersuchung vor der Schulaufnahme nach Zuweisung in die Kommune (bitte aufschlüsseln nach Stadt/Gemeinde )? Die Fragen 2 und 3 werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs zusammengefasst beantwortet . Informationen zur Anzahl und Wartezeit der zugewanderten Kinder in Bezug auf deren amtsärztliche Untersuchung vor der Schulaufnahme (Schuleingangsuntersuchung von sogenannten Seiteneinsteigenden) liegen der Landesregierung nicht vor. Sowohl geflüchtete Kinder als auch Kinder aus EU-Mitgliedsstaaten sowie Kinder aus Nicht- EU-Mitgliedsstaaten sind auch ohne schulärztliche Eingangsuntersuchung in einer Schule aufzunehmen . Ebenso darf die Teilnahme am Unterricht und sonstigen schulischen Veranstaltungen nicht verweigert werden. Falls zugewanderte Kinder oder Jugendliche ohne schulärztliche Untersuchung bereits in eine Schule aufgenommen wurden, wird die schulärztliche Untersuchung zeitnah nachgeholt. Vor dem Hintergrund der Zunahme von schulpflichtigen einwandernden Kindern und Jugendlichen hat das Gesundheitsministerium im Haushaltsjahr 2016 die Kommunen bei der schulärztlichen Versorgung im Rahmen eines Projektes mit verschiedenen Modulen mit einem Gesamtvolumen in Höhe von rund 630.000 € sowohl fachlich als auch finanziell unterstützt. 4. Wie will die Landesregierung den Problemen der Beschulung von Flüchtlingskindern entgegenwirken? Nordrhein-Westfalen bietet im Schulbereich strukturell gute Voraussetzungen für eine gelingende Integration der bei uns Zuflucht suchenden Kinder und Jugendlichen. Zentrale Grundlagen sind das Teilhabe- und Integrationsgesetz vom Februar 2012, die Erlasse vom Juni 2012 zur Ausgestaltung der Kommunalen Integrationszentren (KI) und zur Weiterentwicklung der Integrationsstellen sowie die Haushaltsbeschlüsse der vergangenen Monate. Der Erlass zum Unterricht zugewanderter Kinder und Jugendlicher wurde an die Bedarfe der aktuellen neuen Zuwanderung insbesondere geflüchteter Menschen und die in den Schulen entwickelte erfolgreiche Praxis angepasst und im Juni 2016 veröffentlicht. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13891 3 Am 2. September 2015 wurde vom Landtag ein Entschließungsantrag zum Umgang mit den nach Nordrhein-Westfalen geflüchteten Menschen beschlossen. Rund ein Jahr später zeigt der stetig aktualisierte Bericht „Integration durch Bildung“, dass die Landesregierung den an sie gestellten Forderungen nachgekommen ist und erhebliche Mittel investiert hat, um die Schulen mit zusätzlichen Ressourcen auszustatten. So wurden unter anderem von 2015 bis 2017 (Haushaltsentwurf, vorbehaltlich der noch ausstehenden Verabschiedung des Haushaltsgesetzgebers ) insgesamt 7.343 zusätzliche Stellen für die Beschulung von zugewanderten Schülerinnen und Schülern zur Verfügung gestellt. Darin enthalten sind 1.500 zusätzliche Integrationsstellen für die Sprachförderung und interkulturelle Schulentwicklung. Auch in die Infrastruktur wurden Ressourcen gegeben und zum Beispiel die Kommunalen Integrationszentren mit 237 zusätzlichen Stellen (98 Lehrerstellen vom Schulministerium, 139 weitere Stellen vom Integrationsministerium) unterstützt. Jüngste Integrationsmaßnahme ist das neue Bildungsprogramm „Fit für mehr“, in dem sich ältere Jugendliche und junge Erwachsene an Berufskollegs bis zu einem Jahr lang sprachlich, mathematisch, kulturell und politisch-gesellschaftlich für ihren weiteren Bildungsweg vorbereiten können. Mit dem Förderprogramm „Gute Schule 2020“ unterstützt die Landesregierung darüber hinaus Kommunen auch bei dem notwendigen Ausbau der kommunalen Schulinfrastruktur. Der Bericht des Schulministeriums mit den oben genannten sowie den zahlreichen darüber hinausgehenden Maßnahmen und Initiativen ist einsehbar unter: https://www.schulministerium.nrw.de/docs/Schulsystem/Integration/Gefluechtete/Massnahmen /Uebersicht-Massnahmen-Integration-durch-Bildung.pdf Der oben genannte Erlass 13 – 63 Nr. 3 „Unterricht für neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler“ vom 28.06.2016 findet sich hier: https://www.schulministerium.nrw.de/docs/Schulsystem/Integration/Gefluechtete/Kontext/RS- Erlass-13-63-Nr_3.pdf 5. Welche Probleme mit der Beschulung von Flüchtlingskindern gibt es in den Städten und Gemeinden im Kreis Minden-Lübbecke? Die zuständige Schulaufsicht berichtet auf konkrete Nachfrage beim Schulträger zur Situation im Kreis Minden-Lübbecke zum Stichtag 01.11.2016: Primarstufe: Hier werden kreisweit keine Probleme angezeigt. Sekundarstufe I: Auch hier werden mit Ausnahme der Stadt Minden keine Probleme angezeigt. In Minden warteten 11 Kinder und Jugendliche seit Oktober 2016 auf Schulplätze. Die Stadt trägt vor, sie sehe sich nicht imstande, Kapazitäten vorzuhalten. Den Kindern und Jugendlichen kann erst im Februar 2017 zum Halbjahreswechsel ein Beschulungsplatz voraussichtlich an der Kurt-Tucholsky-Gesamtschule angeboten werden. Dem Kommunalen Integrationszentrum und der Schulaufsicht ist es gelungen, weitere 14 Kinder und Jugendliche aus Minden für die Sekundarstufe I in der Bischof-Hermann-Kunst Schule in Espelkamp unterzubringen. Sekundarstufe II / berufsbildender Bereich: Am 01.11.2016 warteten insgesamt noch 12 in der Sekundarstufe II schulpflichtige neu zugewanderte Jugendliche (Altersstufe 16+) auf ein Beschulungsangebot an den Berufskollegs. Sie werden temporär in Kooperation mit der Volkshochschule vor Ort beschult und erhalten intensive Sprachförderung. Anschließend erhalten LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13891 4 sie die Möglichkeit, an einem entsprechenden Bildungsangebot in einem Berufskolleg teilzunehmen . Dieser Stand orientiert sich an den beim Kommunalen Integrationszentrum gemeldeten Zuzügen durch die Einwohnermeldeämter. In Einzelfällen wird nach dem Zuzug verspätet an das Kommunale Integrationszentrum gemeldet, so dass eine faktische Wartezeit entstehen kann, die nicht durch eine verzögerte Vermittlung des Kommunalen Integrationszentrums verursacht wird. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13891