LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1395 12.11.2012 Datum des Originals: 12.11.2012/Ausgegeben: 15.11.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 503 vom 26. September 2012 der Abgeordneten Christina Schulze Föcking und Josef Hovenjürgen CDU Drucksache 16/1002 Dichtheitsprüfung Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 503 mit Schreiben vom 12. November 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport und der Ministerpräsidentin beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die in § 61a des Landeswassergesetzes vorgesehene Dichtheitsprüfung privater Abwasserleitungen bewegt seit langem die Gemüter. Die Landesregierung legt den Vorsorge und Besorgnisgrundsatz weit aus und stellt alle Hausbesitzer unter den Generalverdacht, die privaten Hausanschlüsse seien undicht. Die Besitzer der Immobilien müssen das Gegenteil durch kostenintensive Überprüfungen belegen . Trotz vielfacher Bekundungen im Wahlkampf, die Regelungen zur Dichtheitsprüfung bürgerfreundlich auszulegen, bleibt die Landesregierung bei ihrem kompromisslosen Kurs. Äußerungen wie die der Ministerpräsidentin Kraft vom 24. April 2012 „Ein- und Zweifamilienhäuser würde ich erst einmal davon ausnehmen“ (vgl. Mindener Tageblatt) oder die von Minister Remmel „Nicht jeder kleine Schaden hat schlimme Folgen und muss repariert werden“ (vgl. Westfälischer Anzeiger, 18. Juni 2012) haben nunmehr augenscheinlich keine Geltung mehr. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1395 2 Vorbemerkung der Landesregierung Seit 2007 ist die Pflicht zur Dichtheitsprüfung im Landeswassergesetz (LWG) verankert. Gemäß § 61a LWG hat der Eigentümer eines Grundstücks im Erdreich oder unzugänglich verlegte Abwasserleitungen zum Sammeln oder Fortleiten von Schmutzwasser oder mit diesem vermischten Niederschlagswasser seines Grundstücks nach der Errichtung von Sachkundigen auf Dichtheit prüfen zu lassen. Bei bestehenden Abwasserleitungen muss die erste Dichtheitsprüfung gemäß § 61a Absatz 3 LWG bei einer Änderung, spätestens jedoch bis zum 31. Dezember 2015 durchgeführt werden. Die Gemeinde muss für bestehende Abwasserleitungen durch Satzung kürzere Zeiträume für die erstmalige Prüfung nach § 61a Absatz 4 Satz 1 LWG festlegen, wenn sich diese auf einem Grundstück in einem Wasserschutzgebiet befinden und zur Fortleitung industriellen oder gewerblichen Abwassers dienen und vor dem 1. Januar 1990 errichtet wurden oder zur Fortleitung häuslichen Abwassers dienen und vor dem 1. Januar 1965 errichtet wurden. Seit 31.07.2009 ist ein neues Wasserhaushaltsgesetz (WHG) verabschiedet worden. Nach § 60 WHG dürfen Abwasseranlagen nur nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik betrieben werden. „Für den Bereich der Abwasserleitungen bedeutet dies, dass die Dichtheit sichergestellt sein muss“ (Zitat BMU). Mit der Novellierung des WHG wurden erstmals auch bundesweit verbindliche Grundpflichten für die Überwachung von Zustand und Funktionsfähigkeit von Abwasserleitungen in § 61 WHG festgeschrieben. Es gilt eine generelle Überwachungspflicht . Eine Unterscheidung zwischen öffentlichen und privaten Kanälen wird nicht vorgenommen. Von vielen Kommunen ist in Resolutionen beklagt worden, dass es keine bundesweite Lösung gibt. Eine bundeseinheitliche Regelung würde auch von der Landesregierung bevorzugt . Deshalb wurde von mir am 30.07.2012 Herr Bundesminister Altmaier angeschrieben. Herr Bundesminister Altmaier hat mit Antwort vom 21.08.2012 dargestellt, dass der Bund in dieser Legislaturperiode keine Regelung beabsichtigt. Die Landesregierung hat weiterhin in einem Rechtsgutachten nochmals die Frage klären lassen, ob es verfassungskonform ist, landesrechtliche Regelungen zu erlassen, wenn es keine bzw. nur sehr abstrakte Bundesregelungen gibt. Dies ist rechtsgutachterlich ebenso wie von Herrn Bundesminister Altmaier bestätigt worden. Die Landesregierung hat Vorschläge für eine den Belangen der Bürger und den Belangen des Umweltschutzes Rechnung tragende Novellierung des bisher in § 61a LWG geregelten Sachverhalts erarbeitet und am 24. Oktober 2012 im Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vorgelegt. 1. Was meint die Ministerpräsidentin damit, wenn Sie davon spricht, der „Hand- lungsdruck bei den Ein- und Zweifamilienhäusern ist dabei geringer als beispielsweise in Wasserschutzgebieten“ (vgl. WAZ vom 08. Mai 2012)? Die in der Vorbemerkung angesprochenen Vorschläge sehen in Wasserschutzgebieten weiterhin landesrechtliche Regelungen zu Prüfpflichten und –fristen für Schmutzwasserleitungen vor. Außerhalb von Wasserschutzgebieten sind entsprechende Regelungen nur vorgesehen bei Schmutzwasserleitungen für industrielles oder gewerbliches Abwasser, für das Anforderungen in einem Anhang zur Abwasserverordnung festgelegt sind. Für andere Leitungen sind keine landesrechtlichen Vorgaben beabsichtigt; bei ihnen sind unmittelbar die bundesweit geltenden rechtlichen Vorgaben des WHG anzuwenden. Die Kommunen sollen weiterhin in ihrer örtlichen Kompetenz ortsangepasste Regelungen durch Satzung treffen können. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1395 3 2. Ministerin Schäfer wird auf der Internet-Plattform kochsieg.org im Rahmen einer Kandidatenbefragung zur Landtagswahl 2012 wie folgt zitiert: „Daher haben wir SPD-Abgeordnete aus ganz Ostwestfalen-Lippe uns innerhalb der SPD-Landtagsfraktion durch eine persönliche und vehemente Intervention dafür eingesetzt, die flächendeckende Dichtheitsprüfung zunächst auf Eis zu legen . (…) Eine flächendeckende Dichtheitsprüfung ist damit meiner Meinung nach vom Tisch.“ Wie steht Ministerin Schäfer heute zu diesen Äußerungen? Die Landesregierung hat den Entwurf einer Änderung des Landeswassergesetzes mit der in der Antwort zu Frage 1 angekündigten Zielsetzung erarbeitet. Anregungen aus dem Parlament sind dabei berücksichtigt worden. 3. Wird das Regierungsmitglied Ute Schäfer eine flächendeckende Dichtheitsprü- fung im Kabinett ablehnen? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 4. Ist die Landesregierung angesichts dieser und zahlreicher anderer Aussagen von Kabinettsmitgliedern zur Dichtheitsprüfung der Ansicht, der Grundsatz der Rechtssicherheit und Klarheit sei für die Bürgerinnen und Bürger in ausreichendem Maße gewährleistet? Die Landesregierung ist der Auffassung, dass das 2007 formulierte Landeswassergesetz geändert werden muss. Die Einzelheiten der Funktionsprüfung sollen zeitnah in einer Verordnung geregelt werden. Auf diese Weise kann dem Grundsatz der Rechtssicherheit und Klarheit für die Bürgerinnen und Bürger in ausreichendem Maße Rechnung getragen werden .