LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/13952 12.01.2017 Datum des Originals: 12.01.2017/Ausgegeben: 17.01.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5400 vom 30.11.2016 der Abgeordneten Marcel Hafke und Dr. Björn Kerbein FDP Drucksache 16/13622 Welche Kosten würden durch die vollständige Abschaffung von Elternbeiträgen entstehen ? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Landesregierung hat angekündigt, bis Ende diesen Jahres Eckpunkte für ein neues Kindergartengesetz vorzulegen. Gegenstand aktueller Diskussion um eine Reform des Kindergartengesetzes ist dabei auch die Abschaffung von Elternbeiträgen für die Betreuung der Kinder in Kindertageseinrichtungen. Die Abschaffung der Elternbeiträge ist konnexitätsrelevant, das Land überweist den Kommunen bereits jährlich 173 Mio. Euro für das letzte, beitragsfreie Kinderjahr. Aufgrund der unzureichenden Kita-Finanzierung ist die Abschaffung der Elternbeiträge umstritten, da die benötigten Mittel nicht wie dringend erforderlich zusätzlich in die Qualität der Kitas investiert werden können. Zudem profitieren gerade einkommensschwache Familien nicht von einer solchen Maßnahme, da diese aufgrund der sozialen Staffelung der Elternbeiträge in den Kommunen auch aktuell schon keine Beiträge leisten müssen. Dennoch plant laut Rheinischer Post vom 21. November 2016 auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft mit der Abschaffung der Elternbeiträge. Dies wirft die Frage auf, von welchen zusätzlichen Ausgaben für eine vollständige Abschaffung der Elternbeiträge die Landesregierung beispielsweise auf Basis des bisherigen Ausgleichs für die Beitragsfreiheit im letzten Kindergartenjahr ausgeht. Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend. Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 5400 mit Schreiben vom 12. Januar 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin, dem Finanzminister und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13952 2 Vorbemerkung der Landesregierung Zum 1. August 2006 hat die damalige Landesregierung im Wege des Haushaltsstrukturgesetzes die bis dahin landesweit einheitliche Elternbeitragstabelle des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder (GTK) außer Kraft gesetzt und die Erhebung und Festsetzung der Elternbeiträge kommunalisiert. Die Jugendämter gestalten seitdem die Elternbeitragserhebung im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung selbst. Die damit verbundenen Verwerfungen hat die damalige Landesregierung bewusst in Kauf genommen. Der Bund der Steuerzahler hat in einem im September 2016 veröffentlichten Vergleich die Kita-Gebühren in den 57 größten Kommunen in NRW untersucht und dabei wieder extreme Unterschiede in der Höhe der Beiträge festgestellt. Dabei ist zu konstatieren, dass die ganz überwiegende Zahl der Jugendämter eine Einkommensgrenze, ab der Elternbeiträge zu zahlen sind, von weniger als 20.001 Euro vorsieht und - entgegen den Ausführungen der Fragesteller - damit auch Familien mit geringem Einkommen von einer Elternbeitragsfreiheit profitieren würden. Die große Bandbreite hinsichtlich der Elternbeiträge ist für Familien nicht nachvollziehbar und wird als ungerecht empfunden. Nach Auffassung dieser Landesregierung darf qualitätsvolle Bildung, Betreuung und Erziehung nicht vom Einkommen der Eltern abhängen. Zielsetzung bleibt deshalb die Gebührenfreiheit. 1. Welche Kosten würden durch die vollständige Abschaffung von Elternbeiträgen zusätzlich entstehen (bitte nach Gesamtsumme sowie einzeln für das vorletzte Kindergartenjahr, das drittletzte Kindergartenjahr usw. aufschlüsseln)? Das Kinderbildungsgesetz (KiBiz) hat an der Kommunalisierung der Elternbeiträge fest gehalten , die Jugendämter gestalten die Elternbeiträge eigenverantwortlich. Rechnerisch wurde davon ausgegangen, dass ein Anteil von 19 Prozent an den Betriebskosten durch Elternbeiträge erwirtschaftet werden könne. Von der Summe der beantragten Kindpauschalen für das Kindergartenjahr 2016/2017 für ganz Nordrhein-Westfalen können die Jugendämter demnach rechnerisch 19 Prozent durch Elternbeiträge refinanzieren: Summe der Kindpauschalen für Kinder unter drei Jahren*: 1.336.339.822,72 € Summe der Kindpauschalen für Kinder ab 3 Jahren*: 3.196.920.309,71 €. (*Kindpauschalen nach Zuschussantrag 2016/2017) Im Rahmen der jährlichen kommunalen Finanzrechnungsstatistik wurden für das Kindergartenjahr 2013/2014 tatsächliche Einnahmen für „Benutzungsgebühren und ähnliche Entgelte der Produktgruppe Tageseinrichtungen für Kinder“ in Höhe von insgesamt rd. 387 Mio. Euro ausgewiesen. Dies entspricht rechnerisch einem Finanzierungsanteil durch Elternbeitragseinnahmen für Tageseinrichtungen in 2013/2014 von rund 13,5 Prozent. Abhängig vom Umfang einer Elternbeitragsfreiheit nach Altersjahrgängen kommen besonders für die Betreuung von Kindern unter drei Jahren noch die Kosten für die Elternbeiträge hinzu, die von den Kommunen für die Betreuung in Kindertagespflege eingenommen werden. Eine Kostenschätzung ist nicht möglich, da wegen der anderen zeitlichen Betreuungsumfänge und der ausschließlichen kommunalen und daher sehr heterogenen Elternbeitragsgestaltung keine Daten auf Landesebene vorhanden sind. Die Abschaffung von Elternbeiträgen würde bei den Jugendämtern Verwaltungsaufwand reduzieren . Die ersparten Verwaltungskosten würden die Gesamtkosten entsprechend mindern. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/13952 3 2. Plant die Landesregierung, Elternbeträge künftig nur außerhalb von Kernzeiten zu erheben? 3. Wie definiert die Landesregierung Kernzeiten? 4. Welche Kosten würden durch die Abschaffung von Elternbeiträgen für die Kinderbetreuung in Kernzeiten zusätzlich entstehen (bitte nach Gesamtsumme sowie einzeln für das vorletzte Kindergartenjahr, das drittletzte Kindergartenjahr, usw. aufschlüsseln)? 5. Erachtet die Landesregierung es als sozial gerecht, nur von jenen Eltern, die wie beispielsweise Alleinerziehende in Schichtarbeit auf eine Betreuung außerhalb der Kernzeiten angewiesen sind, Elternbeiträge zu erheben? Die Regierungskoalition und die Kommunalen Spitzenverbände haben sich im Dezember 2015 darauf verständigt, Gespräche über ein neues Gesetz und ein neues Finanzierungssystem für die Kindertagesbetreuung aufzunehmen. Diese Gespräche haben zu Beginn des Jahres 2016 unter Beteiligung aller Betroffenen begonnen und sind noch nicht abgeschlossen. Bis zum Ende der Legislaturperiode soll eine Verständigung auf Eckpunkte für ein neues Gesetz erfolgen. Über eine neue gesetzliche Grundlage für Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege einschließlich weiterer Schritte zur Elternbeitragsfreiheit wird die Landesregierung im Gesamtkonzept entscheiden. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/13952