LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/14073 24.01.2017 Datum des Originals: 24.01.2017/Ausgegeben: 27.01.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5303 vom 31. Oktober 2016 des Abgeordneten Matthias Kerkhoff CDU Drucksache 16/13342 Würgt ausgerechnet die Landesregierung einen wichtigen Motor für den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen ab? Vorbemerkung der Landesregierung Am 23. September 2016 beschloss der Bundesrat eine Stellungnahme zur „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts-und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Eine europäische Strategie für emissionsarme Mobilität“. In der Stellungnahme heißt es, dass der Bundesrat der Überzeugung sei, „dass gerade europaweit angenäherte Steuern und zweckgebundene Abgaben auf Fahrzeuge und Kraftstoffe geeignet sind, den Wandel zu einer emissionsfreien Mobilität zu befördern. […] Hier gilt es, die bisherigen Steuer-und Abgabenpraktiken der Mitgliedstaaten auf ihre Wirksamkeit hinsichtlich der Förderung emissionsfreier Mobilität auszuwerten […], damit spätestens ab dem Jahr 2030 unionsweit nur noch emissionsfreie PKW zugelassen werden.“ Der Verband der Automobilindustrie warnte daraufhin vor einem politisch erzwungenen Aus für den Verbrennungsmotor und erklärte, die Verkehrswende bedürfe vielmehr „langfristiger, internationaler Bemühungen bei Forschung, Wirtschaft und Politik, um nachhaltig umgesetzt zu werden“ (Der Tagesspiegel, 09.10.2016). Auch der ADAC kritisierte ein mögliches Verbot von Verbrennungsmotoren, da ein solches Tausende Arbeitsplätze in der deutschen Automobilindustrie in Gefahr bringen würde (Handelsblatt, 08.10.2016). Gerade für Nordrhein- Westfalen als führendem Standort der Automobil- und Zuliefererindustrie würde ein Verbot gravierend negative Folgen haben. Umso erstaunlicher ist es daher, dass der Beschluss des Bundesrates ausgerechnet auf die Initiative der nordrhein-westfälischen Landesregierung zurückzugehen scheint. Der Spiegel (29.10.2017) berichtet, dass Umweltminister Johannes Remmel gemeinsam mit dem niedersächsischen Umweltminister Stefan Wenzel „die Formulierung mit dem Datum 2030“ in den Umweltausschuss des Bundesrates eingebracht habe. Nach Angaben von WDR Online (10.10.2016) stimmte Nordrhein-Westfalen dann auch in der Sitzung des Bundesrates am 23. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14073 2 September 2016 für den Beschluss mit der entsprechenden Formulierung. Der Spiegel schreibt, dass das grün-schwarz regierte Baden-Württemberg gegen den Beschluss gestimmt habe. Auch die bayerische Landesregierung ist nach eigenem Bekunden gegen ein Zulassungsverbot ab 2030. Das genaue Abstimmungsverhalten der Landesregierungen im Bundesrat wird offiziell nicht in den entsprechenden Protokollen festgehalten. Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 5303 mit Schreiben vom 24. Januar 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr und dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Kleine Anfrage 5303 bezieht sich auf die Ziffer 4 der Stellungnahme des Bundesrates zur „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Eine europäische Strategie für emissionsarme Mobilität (COM(2016) 501 final)“ (BR-Drs. 387/16). Sie lautet vollständig: „Er [Der Bundesrat] ist der Überzeugung, dass gerade europaweit angenäherte Steuern und zweckgebundene Abgaben auf Fahrzeuge und Kraftstoffe geeignet sind, den Wandel zu einer emissionsfreien Mobilität zu befördern. Mit ihnen kann europaweit abgestimmte Investitionssicherheit hergestellt werden, damit Arbeitsplätze und Märkte der Zukunft entstehen können und nationale Industriepolitiken einen verlässlichen Rahmen haben. Hier gilt es, die bisherigen Steuer-und Abgabenpraktiken der Mitgliedstaaten auf ihre Wirksamkeit hinsichtlich der Förderung emissionsfreier Mobilität auszuwerten und Vorschläge zum diesbezüglichen effizienten Einsatz von Abgaben und steuerrechtlichen Instrumenten zu unterbreiten, damit spätestens ab dem Jahr 2030 unionsweit nur noch emissionsfreie PKW zugelassen werden.“ Damit werden Vorschläge der Europäischen Kommission für Preissignale an den Automobilmarkt erbeten, damit mit im Gemeinwohlinteresse gesteuerten Preissignalen das klima- und umweltpolitische Ziel von emissionsfreien Neufahrzeugen ab dem Jahr 2030 erreicht werden kann und das diesbezügliche offensichtliche Marktversagen beendet wird. Es geht also um technologieoffene Anreize für emissionsfreie und klimaneutrale Antriebe. Klar ist auch, dass noch einige Zeit unterschiedliche Antriebe auf europäischen Straßen präsent sein werden. Insgesamt besteht im Landesinteresse dringender Handlungsbedarf die Treibhausgasemissionen zu mindern sowie die Luftqualität und damit den Gesundheitsschutz zu verbessern. Emissionsfreie und klimaneutrale Antriebe können hierzu wesentliche Beiträge leisten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14073 3 1. Entspricht es den Tatsachen, dass die Landesregierung dem o.g. Beschluss im Bundesrat zugestimmt hat? Ja. 2. Entspricht es den Tatsachen, dass die o.g. Passage zur Nichtzulassung von Pkw mit Verbrennungsmotoren ab 2030 auf Initiative der Landesregierung resp. des Umweltministers Eingang in den Beschluss gefunden hat? Der in der Vorbemerkung der Landesregierung vollständig zitierte Beschluss wurde unter Mitwirkung der zuständigen Ministerien in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen im Umweltausschuss des Bundesrates am 8. September 2016 einstimmig mit 16:0 Stimmen beschlossen. 3. War der Ministerpräsidentin resp. der Staatskanzlei bekannt, dass der Umweltminister die Passage in der Stellungnahme platzieren wollte? 4. Ist es Konsens unter den Ministern des Landeskabinetts und der Ministerpräsidentin, dass ab 2030 in ganz Europa keine Pkw mit Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden sollen? Frage 3 und 4 werden gemeinsam beantwortet. Die Haltung der Landesregierung im Plenum des Bundesrates wird im Kabinett beschlossen. Bei der fraglichen Bundesratsentscheidung handelt es sich um eine Stellungnahme des Bundesrates zu einer Mitteilung der Kommission zu einer europäischen Strategie für emissionsarme Mobilität. Es wurde kein Beschluss darüber gefasst, ob ab 2030 nur in Deutschland ausschließlich emissionsfreie Fahrzeuge zugelassen werden dürfen. Vielmehr ging es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Strategie für emissionarme Mobilität europäisch umgesetzt werden könnte. 5. Welche Folgen erwartet die Landesregierung für den Automobil- und Zuliefererstandort Nordrhein-Westfalen, wenn eine solche Regelung in Kraft treten sollte? Die Landesregierung geht davon aus, dass mit der Etablierung der neuen Technologien, die im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung des Autos hin zu emissionsfreien Antriebsarten auch von Hochschulen, Labors und Firmen in Nordrhein-Westfalen entwickelt werden, künftig in erheblichem Umfang neue Arbeitsplätze entstehen können. Die Landesregierung unterstützt die Entwicklung der Elektromobilität durch die im Masterplan Elektromobilität dargestellten Maßnahmen. Wenn die Europäische Union präzisiert, wie sich Steuern und Abgaben im europäischen Maßstab weiterentwickeln, können Erwartungen für die Weiterentwicklung der Automobil- und der Zulieferindustrie präzisiert werden. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/14073